Paderborn-Schloß Neuhaus. Es ist genau so wie man sich den irischen Sommer vorstellt: der Boden im Marstall-Innenhof leicht matschig, aber fast wieder grasgrün, der Himmel grau, dazu Nebel von der Bühne, gefühlte 15 Grad und immer wieder ein bedrohliches Tröpfeln, das sich erst gegen 21.30 Uhr zur Sintflut entwickeln sollte. Wer einen irischen Sommerabend bucht, muss damit leben. „Ich hab Euch doch einen irischen Abend versprochen" sind auch die ersten Worte von Angelo Kelly, der pünktlich und zunächst mutterseelenalleine die Bühne betritt und mit dem nahe liegenden Wetterhit „I can see clearly now, the rain is gone" einen vielseitigen Folk- und Liederabend eröffnet.

25 Jahre ist es her, dass die Kelly-Family mit „Over the hump" den endgültigen Durchbruch schaffte und mit ihrer professionellen Show die Stadien rockte. Damals war Angelo vierzehn und die Kellys dienten als Projektionsfläche für alles was nach Freiheit aussah: Ein Leben ohne Schule und Zahnspangen, mit bunten Klamotten und zum Friseur mußte auch niemand. Dafür gab es Musik, Abenteuer und die Liebe der Fans. Ein Leben, das anscheinend so schlecht nicht war, denn Angelo (37) und seine sechsköpfige Familie folgen konsequent der Kelly-Tradition: Immer unterwegs und alle auf die Bühne.

Zuckersüße Kleinkindstimme rührt die Herzen

Da ist natürlich wieder viel fürs Herz dabei: Denn in den ersten Nummern wird klein William (fast vier) quasi als Frontmann mit Gitarre eingesetzt, was natürlich unglaublich niedlich aussieht. Und es ist das absolute Highlight im ersten Set, als alle Kinder, Gabriel (17), Helen (16), Emma (12), Joseph (8) und schlussendlich William (fast vier) eine Strophe solo von „Wonderful world" singen. Alle singen ganz prima, aber William mit zuckersüßer Kleinkindstimme rührt die Herzen und verschwindet danach ordnungsgemäß im Backstagebereich.

Angelo ist Profi und schafft es immer wieder, diese muckelige Singkreisatmosphäre aufzubrechen. Zum Beispiel mit einer knallenden Drumbattle zwischen dem Schlagzeuger, einem Herrn an der Bodhrán und ihm selbst in der Mitte, schnell, präzise und professionell, war er doch mit 14 einer der weltbesten Schlagzeuger in seinem Alter. So wurde er jedenfalls damals von seinen Geschwistern anmoderiert. Zum Mitsingen gibt es auch immer was, wie ein Gälisches Lied mit dem afrikanischen Titel „o row shedewaha walja", was natürlich in großen Lettern auf der Bühnenleinwand geschrieben stand, sonst hätte das nicht funktioniert.

Eine bunte Revue, die ihr Publikum immer wieder mit diesen klassischen irischen Stampfliedern bewegt, zwischendurch aber mit schmachtenden Sopran-Balladen von Mutter Kira zum Träumen bringt. Bis zum Wolkenbruch, der kurz nach „Can you feel my irish heart" einsetzt, wo sich auf dem Bühnenvideo tatsächlich gerade die strahlende irische Sonne in bedeckter irischer Landschaft durchsetzt. Wie schön und nachhaltig die anschließende Wasserparty war, zeigen die zahlreichen Facebook-Einträge echter und wahrer Kelly-Fans. Heike schreibt: Was ist Regen –- wir als Fans kommen bei jeden Wetter..."

Mandy meint: Wahre Fans halten es halt auch bei Regen aus. Ich würde sicher auch bei Schneesturm noch da stehen. Und Ramona bilanziert: „Nass bis auf die Knochen. Meine Schuhe kann ich auskippen. Mir ist sowas von kalt. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt." Und Angelo bedankt sich persönlich: „Paderborn, ihr habt trotz Regen Party gemacht." Fazit: Ein authentischer irischer Sommerabend in Schloß Neuhaus.