Paderborn

Hochzeitsmesse in Paderborn: Trend zur Individualisierung hält an

Viele Brautpaare wollen sich gegenseitig überbieten. Und zahlen deshalb horrende Summen

Ein Traum in Weiß: Ausgestattet mit den passenden Accessoires beschreitet ein Model den roten Teppich. Zahlreiche Damen und Herren schauen zu. | © Dietmar Gröbing

Dietmar Gröbing
06.01.2019 | 07.01.2019, 12:13

Paderborn. Der Weg ins Reich der Illusionen führt über einen schmucklosen Parkplatz hinein in eine (von außen) schmucklose Halle. Drinnen herrscht geschäftiges Treiben. Messehostessen haben ihr schönstes Lächeln aufgesetzt, Weddingplaner holen den Taschenrechner raus und auf der Bühne schmeißen sich weiß gekleidete Models in Pose. Es ist Hochzeitsmesse in Paderborn.

Geheiratet wird zwar im Sommer, doch geplant wird traditionell im Winter. Schließlich braucht „der schönste Tag im Leben" eine monatelange Vorlaufzeit. Alle Visionen wollen konkretisiert sein, von der mehrstöckigen Torte bis zur richtigen Tischdeko. Von der passenden Hochsteckfrisur bis zum repräsentativen Beförderungsmittel. Stress pur. Trotzdem heißt die Veranstaltung im Schützenhof „Hochzeitsträume". Weil es vorrangig darum geht, Illusionen zu verkaufen. Und die können gar nicht verrückt genug sein.

Traumhochzeit um jeden Preis

„Hier werden Bedürfnisse geschaffen, die früher keine Rolle gespielt haben", sagt eine Ausstellerin, die nicht namentlich genannt werden möchte. „Die jungen Leute wollen ihre Traumhochzeit um jeden Preis. Dabei geht es oft ums Angeben. Etwas haben, was andere nicht haben", führt die Dame aus. Kein Wunder, schrauben Hochzeitskataloge, Hochzeitsshows und Hochzeits-Blogs die Bedürfnisse doch weit nach oben. Zudem vergleichen wir uns gern. Bei Facebook, Instagram und Twitter. Stündlich, minütlich, sekündlich. Bilder erzeugen Bedürfnisse. Das Bedürfnis nach mehr. Höher, weiter, schneller. Und teurer.

Nach oben gibts keine Grenzen. Themenhochzeiten verschlingen zwischen 16.000 und 18.000 Euro. Manchmal auch das Doppelte, bestätigt Hochzeitsplanerin Mona Kerkeling. „Die Leute wollen sich gegenseitig übertrumpfen", weiß die Detmolderin um den grassierenden Konkurrenzgedanken. Der treibt bisweilen bizarre Blüten. „Das Extremste war bisher eine Feuer-und-Eis-Hochzeit im Burghotel", sagt Kerkeling und nennt als Kostenpunkt 40.000 Euro.

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Paderborn: Hochzeitsmesse

Die Garderobe nicht mitgerechnet. Ein Hochzeitskleid kostet locker 1.500, ein dreiteiliger Anzug rund 700 Euro. Minimum. Getragen wird die hochpreisige Festmode meist nur einmal. Soviel zum Thema Nachhaltigkeit. Doch das kümmert die wenigsten Leute. Sie kleiden sich in Spitzen- und Tüllzuschnitte mit teils skurrilen Namen.

Die Groschenromanfirmierungen passen zum propagierten Gegenkosmos. Hier sind alle „jung, dynamisch und modern", wie ein Werbeplakat verkündet. Und überhaupt: „Hochzeit ist nur einmal". Findest zumindest eine Messebesucherin, die mit ihren Prosecco-seligen Begleiterinnen das Treiben auf dem Catwalk einordnet. Es gibt Noten. Von 1 bis 6. Geschmack besitzt die junge Dame, von den aktuellen Scheidungsraten hat sie indes keinen Schimmer.