Paderborn

Lesung aus dem Krimi-Debut des verstorbenen Kabarettisten Stanis

Der überraschend verstorbene Kabarettist und Autor Michael Greifenberg stand im Mittelpunkt einer Lesung aus seinem eigenen Krimi-Debut. Ein kostbares Vermächtnis

Posthum: Tochter Vera Frey und Lektor und Freund Stanis, Karsten Strack, lasen nicht nur aus Michael „Stani" Greifenbergs Buchvermächtnis, sie kamen auch ins Gespräch mit dem Publikum. | © Ann-Britta Dohle

14.12.2018 | 14.12.2018, 20:00

Paderborn. In der Kulturkneipe „Sputnik" fand eine denkwürdige literarische Kulturveranstaltung statt. Denn vorgestellt wurde ein Krimi, aus dem der Autor selber schon im Sputnik während seiner Entstehung gelesen hatte und der letzten Sommer, kurz nach dessen Fertigstellung, plötzlich verstarb.

So war denn auch die „Lesung" ein Nachspüren, Gedenken und Diskussionsrunde zugleich. Tochter Vera Frey und Lektor Karsten Strack lasen aus: „Der Königsschuss. Kommissar Pölting und der Schützenmord" und führten durch den Abend, „der eben nicht nur immer schön ist," wie Frey ihrer Trauer Ausdruck verlieh.

Mit „Stani" alias Michael Greifenberg hat Paderborn eines seiner prägenden „Originale" verloren. Gerade als Kabarettist hat Stani das Schützenwesen („Kult, Spaß, Alles") durchforscht wie kein anderer; und gleichzeitig als „Schütze Greitemeier" dem Schützenwesen seinen Stempel aufgedrückt. Sein Krimi ist tatsächlich ein kostbares Vermächtnis an die Paderborner. An seine ostwestfälische Landbevölkerung. An alle Schützen und an all diejenigen, die mit dem Schützenwesen so gar nichts am Hut haben. Er spielt in Strunkeln, „einem idealtypischen Paderborner Hochflächendorf".

Die Figuren mit Herz und Verstand skizziert

Stani beschreibt das Dorf, dessen Schützenverein mehr Mitglieder verzeichnet, als Strunkeln Einwohner hat, als ganz normal: „Wer hier wohnt, gehört auch hier hin." Mit Herz und Verstand skizziert Stani seine Figuren, den Dorfkneipier und Biker Lüttmanns Willi, Hoffschultens Hof, die Seelenverwandten Gerd und Bernd mit Anita, den Dorf-Sheriff, so dass das Publikum nur die Augen schließen musste, um diese leibhaftig vor sich zu sehen. „Getz chibt’s erst mal Kaffe", sagt Gertrud, die nach dem Verschwinden des kleinen Hoffschultenjungen versucht, westfälische Ruhe zu bewahren.

Vera Frey und Karsten Strack springen in den Kapiteln, erzählen immer wieder kurz, was in der Zwischenzeit passiert ist und reißen ab, bevor der Mörder enttarnt wird.

Der Autor hat sich einen ungewöhnlichen Tatortausgesucht

Denn – Heimat hin, Heimat her – Stani lässt einen brutalen Mord in Strunkeln zu. „Einen, den es in der ganzen Weltgeschichte nur einmal gibt", weiß Karsten Strack nach seiner Recherche zu berichten. Stani hat sich –wie sollte es auch anders sein – einen ungewöhnlichen Tatort ausgesucht.

Am Kugelfang bildet sich ein roter Fleck. Und beim Herunterlassen der Schießanlage wird dahinter das kleine Päckchen, der neunzehn Monate alte Hoffschulten Gerd, erschossen vom Königsschuß, entdeckt.

„Der Kugelfang ist doch eine Sicherheit. Wie soll das gehen?" fragt einer aus dem Publikum nach der Lesung in kleinerem Kreis. Wer Stani kennt, kennt seine Akribie als Tüftler. Und Stani hat sorgfältig geknobelt. Der Mord war überhaupt der Ausgangspunkt für seine Geschichte. Das Motiv, die feine Psychologie der Angehörigen des Opfers, all das habe sich später daraus entwickelt, erläutert sein verbündeter Strack, der Stani und seine Familie noch aus WG-Zeiten kennt.

Da Stani ein Bühnenkünstler war, hat er sich selber in die Handlung mit eingebaut. Töchter Vera und Lisa Frey sind sich ganz sicher: Die schrullige Figur des älteren Kommissars Franz-Josef Pölnitz aus Scharmede ist Papa. „Meine Freunde nennen mich Franjo. Und Deine Feinde? Meine Feinde sind tot". Stani spielt mit den Sujets, solche markigen Sätze sind voller Ironie, aber eben auch ein Spiel mit der Wirklichkeit.

Echt, liebenswert und authentisch

Dem Autor Michael Greifenberg ist ein spannender Krimi gelungen, der auch als Krimi funktioniert und der so echt, liebenswert und authentisch daher kommt, wie die darin beschriebenen Menschen und Orte. Und Stani macht posthum ein letztes Mal deutlich: nicht seine Phantasie ist absurd, die Wirklichkeit ist es.

„Es gibt ein furioses Ende", verspricht Karsten Strack dem Publikum. Während er völlig überrumpelt war von der Entlarvung, schmunzelt Vera Frey: „Für mich war es überhaupt keine Überraschung, wer der Mörder war". Sie und Lisa Frey haben ihren Papa einfach sehr gut gekannt.

INFORMATION


„Der Königsschuss" von Michael „Stani"
Greifenberg-mit Cover-Illustrationen von Roland Bauer – ist im
Lektora-Verlag erschienen und kostet 13,90 Euro.