Paderborn

So bunt sind Paderborns Graffiti: Was den Reiz des Sprayens ausmacht

Sven Niemann zeigt bei einem Rundgang durch die Stadt die bunten Kunstwerke

An der neuen ca. 150 Meter langen Hall of Fame an der Busdorfmauer können sich die Künstler nach einer Anmeldung bei der Stadt kreativ austoben. | © Björn Leisten

22.10.2018 | 22.10.2018, 13:48

Paderborn. An fast jeder Ecke in der Stadt sind sie anzutreffen und doch werden die Graffiti auch schnell übersehen. Viele von ihnen gehören schließlich mittlerweile schon zum natürlichen Stadtbild. Was für manche nur nerviges Geschmiere ist, hat für andere eine größere Bedeutung mit interessantem Hintergrund. Sven Niemann, Mitglied des Künstlerkollektivs Generation Arts, erklärt diesen jetzt in einem Rundgang durch die Stadt anhand einiger prägnanter Werke.

An der Stadtverwaltung geht es los. Hier sind unter anderem die einfachsten Formen von Graffiti zu finden: Fußballgraffiti und Tags. „Bei Fußballgraffiti wollen die Urheber ihren Einsatz für den Lieblingsverein zeigen, wenn auch mit Bezeichnungen, die nicht jeder sofort zu entschlüsseln weiß", erklärt Niemann.

Fotostrecke


15 Bilder
Paderborn: Die Stadt und ihre Graffitis

Die Zahl 1907 stehe beispielsweise für das Gründungsjahr des SC Paderborn, deswegen sei sie an vielen Stellen zu sehen. Fans anderer Fußballvereine streichen die Schriften dann gerne durch und werben stattdessen für ihren Verein, beispielsweise mit dem Begriff „Ultra" oder speziell mit „MUC" für FC Bayern München. Bei Hausbesitzern ist diese einfache Art von Graffiti nicht gerne gesehen, so Niemann. Deswegen würden solche Bekundungen meist schnell entfernt.

Je aufwendiger und illegaler, desto größer die Anerkennung

Mit den sogenannten Tags wollen sich die Graffiti-Künstler hingegen Fame, also Bekanntheit und Anerkennung in der Szene verschaffen. Mithilfe von Edding und Sprühflasche markieren vor allem lokale Sprayer ihr Revier mit ihrem Künstlernamen. Je größer, aufwendiger und illegaler, desto höher die Anerkennung der Kollegen.

Auch der Nervenkitzel ist einer der Gründe, fremde Objekte illegal zu besprühen. Große Projekte würden lange im Voraus geplant und dann von mehreren Sprayern, einer Crew, ausgeführt. Während beispielsweise einer nach Polizei und Ordnungsamt Ausschau hält, fertigt ein anderer die Konturen an, damit der Dritte die Fläche mit Farbe füllen kann. Für ein etwa sechs Quadratmeter großes Piece würden etwa zwei bis drei Farbdosen und ca. 15 bis 20 Minuten Zeit benötigt, so Niemann.

Auch wenn die legalen Graffiti an den zur Verfügung gestellten Wänden schön anzusehen sind, finden einige die Werke interessanter, die nicht unter Absprache mit der Stadt entstanden sind. Dieser Meinung ist beispielsweise Tobias T., der etwa 30 Kilometer von der Stadt entfernt wohnt, aber sehr gerne in Paderborn unterwegs ist: „Beim Joggen habe ich immer mehr Graffiti entdeckt, dadurch entstand das Interesse an dieser Straßenkunst und die Idee, beim Rundgang mitzulaufen." Für ihn sei es wichtig, dass das Werk eine Geschichte erzählt oder eine besondere Message hat.

Mehrmals im Monat neue Motive an der Busdorfmauer

Das Thema ist in Paderborn zurzeit beliebt. Bei der ersten Führung dieser Art, die auch Programmpunkt der Museumsnacht 2018 war, nahmen laut Sven Niemann rund 100 Besucher teil. Das große Interesse sei ein gutes Zeichen, denn dann würden möglicherweise auch mehr Flächen von der Stadt für legales Sprayen freigegeben werden. „Leider wurde kürzlich die bisherige 'Hall of Fame' im Paderquellgebiet abgerissen, daher suchen wir aktuell noch nach Ersatz", so Niemann. Die Busdorfmauer sei zwar eine schöne lange Mauer, aber für größere Aktionen und Veranstaltungen mit vielen Künstlern und Besuchern wegen der schmalen Straße ungeeignet.

Genutzt wird die Wand trotzdem gerne. Im August wurde sie bei der Eröffnung von namhaften lokalen Künstlern wie Monib Sadat (Sero Art), Claudia Cremer oder Herman Reichold erstmalig mit farbenfrohen und großflächigen Motiven besprüht. Seitdem sind Graffitikünstler regelmäßig an der Busdorfmauer aktiv, sodass dort mehrmals im Monat neue Werke zu entdecken sind.

Anmerkung der Redaktion:
In einer vorherigen Version des Artikels hatten wir versehentlich geschrieben, dass mit dem Begriff "Ultra" BVB-Fans gemeint seien. Dem ist natürlich nicht so, der Begriff bezieht sich auf Fangruppen unterschiedlichster Fußballvereine.