Paderborn. In der Vorberichterstattung über den Auftritt des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke vor dem Rathaus hatte die Neue Westfälische auch an ein durchaus vergleichbares Ereignis aus dem Jahr 2002 erinnert. Damals hatte Ronald Barnabas Schill den Rathausplatz zu seiner Bühne machen wollen. Jetzt möchten Leser darüber mehr erfahren.
Schill machte im August 2002 im Rahmen des Bundestagswahlkampfs für seine Partei Rechtsstaatlicher Offensive („Schill-Partei") in Paderborn Station. Der so genannte „Richter Gnadenlos" hielt vor etwa 300 Menschen eine halbstündige Rede. In dieser fielen Sätze, wie sie ähnlich auch am Pfingstfreitag zu hören waren. Anhänger und Gegner Schills hielten sich in etwa die Waage. Die Polizei kontrollierte einige Ausweise, griff jedoch nicht ein.
Das war 22 Jahre zuvor noch ganz anders gewesen. Vor der Bundestagswahl 1980 hatte Franz Josef Strauß vor dem Rathaus gesprochen. Der bayerische Ministerpräsident hatte sich gegenüber Ernst Albrecht als Kanzlerkandidat der Union durchgesetzt. Im Wahlkampf („Stoppt Strauß") ging es hoch her. In Paderborn aber wurde durchgegriffen. Die Polizei nahm einen Zwischenrufer vor dem Rathaus sogar vorübergehend fest.
Dieses Schicksal blieb einigen Männern erspart, die vier Jahre zuvor Willy Brandt vor dem Rathaus mit Eiern beworfen hatten. Der SPD-Vorsitzende und Friedensnobelpreisträger machte im Bundestagswahlkampf 1976 für Helmut Schmidt auf dem Rathausplatz Station und wurde längst nicht von allen Paderbornern willkommen geheißen.
Dennoch konnte sich die regierende SPD-FDP-Koalition in der Wahl des 3. Oktober 1976 behaupten. Der Kandidat Strauß erlebte vier Jahre später jedoch ein Debakel. Die Union verlor 1980 ein Zehntel ihrer Stimmen. Ronald Schill scheiterte 2002 sogar grandios und gewann bundesweit nur 0,8 Prozent der Wählerstimmen.