Paderborner Dokumentarfilmer soll die Senne zeigen, wie sie früher war

Hövelhof/Bad Lippspringe. Die Vergangenheit liegt so nah und ist doch unerreichbar fern. Knapp 3.000 Menschen mussten seit 1892 ihre Heimat in der Senne verlassen, nachdem das Militär begann, das Gelände zu beanspruchen. Die Umsiedlung aus Hövelsenne, Taubenteich und Haustenbeck sorgte für Abschiede, Frust und viele Tränen. Wo früher die Dörfer waren, ist heute Sperrgebiet. Der Truppenübungsplatz wuchs, von den Orten blieb nicht viel. Doch jetzt sollen sie wieder zum Leben erweckt werden - zumindest digital. Ein großes Dokumentationsprojekt der Leaderregion Senne3 hat dafür 272.000 Euro eingesammelt. Ein Film und eine App sollen Ende 2026 fertig sein. Als &bdquo;Herzensprojekt“ bezeichnet Bad Lippspringes Bürgermeister Ulrich Lange (CDU) das Vorhaben bei der Übergabe der Förderbescheide im Hövelhofer Heimatzentrum Senne. Die Lippspringer Siedlung Taubenteich, das einst zu Schlangen gehörende Haustenbeck und der Hövelhofer Ort Hövelsenne leben heute nur noch in den Erinnerungen der einstigen Bewohner, ihrer Nachfahren sowie durch Bücher und Fotos. Film soll 3D-Modelle der Dörfer enthalten Wo früher Familien wohnten, arbeiteten und sich vergnügten, stehen heute höchstens noch Ruinen. Zumeist sind die steinernen Zeugen der Vergangenheit aber überhaupt nicht mehr zu sehen. Die Siedlungen befinden sich mitten im Truppenübungsplatz, der fast das gesamte Jahr über durch Nato-Truppen für militärische Übungen in Benutzung ist. Zum Thema: Leuchtturmprojekt: Zeitzeugen aus den Sennedörfern im Kreis Paderborn gesucht Jede Menge Fotos und zahlreiche Zeitzeugenberichte hat unter anderem Hövelhofs Ortsheimatpfleger Carsten Tegethoff gesammelt. Er ist ein wichtiger Partner für das Doku-Projekt. Entstehen soll ein rund einstündiger Film, der Zeitzeugen-Interviews und 3D-Modelle der früheren Orte enthält. Das Konzept haben die Regionalmanagerinnen der Leaderregion, Kathrin Hunstig-Bockholt und Helena Kottowski, ausgearbeitet. Der Großteil des Geldes kommt aus der europäischen Leader-Förderung (191.000 Euro). Die NRW-Stiftung gibt stolze 70.000 Euro sowie die Sparkassenstiftungen für Paderborn und Lippe zusammen 10.000 Euro. Die Haushalte der Kommunen Bad Lippspringe, Hövelhof und Schlangen müssen nur jeweils 570 Euro berappen. Wird in der gesperrten Senne gedreht? Der Dokumentarfilm über die Sennedörfer soll vom Paderborner Filmemacher Julian Jakobsmeyer gedreht werden. Er hat über seine Heimatstadt bereits mehrere Dokus produziert. Erst im vergangenen Jahr feierte sein Film über die 55-jährige Geschichte des Flughafens Paderborn/Lippstadt Premiere. Der Regisseur soll von einem heimatkundlichen Arbeitskreis begleitet werden, die Dreharbeiten können Mitte des Jahres starten. Die Verantwortlichen hoffen auf Genehmigungen, auch im eigentlich gesperrten Teil der Senne drehen zu dürfen. Lesen Sie auch: Jetzt auf Youtube: 55 Minuten Film über 55 Jahre Paderborner Flughafen Entstehen soll durch Jakobsmeyer auch ein digitaler 3D-Nachbau der Dörfer. Diese im Computer erzeugten Visualisierungen können dann sowohl im Film als auch in der geplanten App die längst untergegangenen Orte wieder erlebbar machen. Ziel ist es laut Hunstig-Bockholt, mit dem Verleih von Computerbrillen, die Geschichte der Sennedörfer dann auch Schulen für ihre Lehrpläne zur Verfügung zu stellen. Der Film soll auch auf Youtube veröffentlicht werden. .responsive23-D88C428saGKpFOpH-map-30012025-kreis-paderborn { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-D88C428saGKpFOpH-map-30012025-kreis-paderborn { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-D88C428saGKpFOpH-map-30012025-kreis-paderborn { padding-top: 142.86%; } } Zur Geschichte gehört dann, dass schon Ende des 19. Jahrhunderts die Menschen in Taubenteich weichen mussten. Heimatpfleger Tegethoff spricht von 26 Hofstellen mit rund 150 umgesiedelten Menschen, die früh gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen. Kuriosum am Rande: Die damalige Grenze zwischen dem Königreich Preußen und dem Fürstentum Lippe verlief mitten durch Taubenteich. Die Bedeutung der Barzel-Linie Als die Nationalsozialisten die Senne nach 1933 erweiterten, war als nächstes Haustenbeck im Weg. Hier wurden zwischen 1938 und 1939 etwa 1.500 Einwohner samt 150 Haus- und Hofstellen ihrer Heimat beraubt. Die letzte Siedlung war Hövelsenne, wo sich erst in den 1920ern ein Ortskern entwickelt hatte. Auch die St.-Josef-Kirche war erst 1923 gebaut worden. In Hövelsenne verloren etwa 800 Menschen ihre rund 120 Häuser und Höfe, wie Tegethoff sagt. Einige von ihnen konnten jedoch noch bis weit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bleiben. Die letzte Familie verließ den Ort Anfang 1974. Grundlage für das endgültige Aus der Siedlung war die so genannte Barzel-Linie, die die Westgrenze des Truppenübungsplatzes festlegte. Dabei wurde Stukenbrock-Senne verschont, während Hövelsenne endgültig weichen musste. Der damalige Paderborner CDU-Bundestagsabgeordnete Rainer Barzel (CDU) hatte die Lösung 1960 in der Senne mit Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß (CSU) und dem Detmolder Regierungspräsidenten Gustav Galle verhandelt. Neben den drei Sennedörfern, so betont Tegethoff, hätten schon bei Einrichtung des Truppenübungsplatzes auch Familien aus der Gemarkung Schloß Neuhaus umziehen müssen. Daher belaufe sich die Gesamtzahl der Umgesiedelten auf 2.500 bis 3.000 Menschen. Film und App sollen bald dafür sorgen, dass ihr Schicksal nicht vergessen wird.

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