Grenzzoff inklusive: Vor 50 Jahren entsteht das neue Hövelhof

Hövelhof. So, wie sich der Kreis Paderborn und seine zehn Städte und Gemeinden heute darstellen, gibt es sie erst seit gut 50 Jahren. Wenn von der &bdquo;kommunalen Gebiets- und Verwaltungsreform“ zum 1. Januar 1975 die Rede ist, hört sich das nach staubtrockenen Aktennotizen, Schriftsätzen und Gesetzen an. Ganz handfeste und zum Teil skurrile Geschichten dazu erzählt in Hövelhof aber eine neue Broschüre, die Gemeinde, Ortsheimatpfleger Carsten Tegethoff und der Verkehrsverein herausgegeben haben. Es ist Nachhilfelektüre in Sachen Heimat, die in der Tourist-Information und im Heimatzentrum Senne kostenlos erhältlich ist. Zusätzlich kann sie auch auf der Webseite der Gemeinde unter der Rubrik &bdquo;Hövelhof“ im Bereich &bdquo;Gemeindeporträt“ heruntergeladen werden. Autor Tegethoff hat ehrenamtlich zwei Jahre Recherchearbeit investiert. Auf den 24 Seiten wird deutlich, dass die historisch recht junge Sennegemeinde seit jeher Teil des Delbrücker Landes im Hochstift Paderborn ist. Signifikant stieg ihre Bevölkerung ab 1650. Von 1836 zählte Hövelhof zum so genannten &bdquo;Amt Delbrück“, ab 1895 wechselte der Ort auf eigenen Antrag zum Amt Neuhaus. Als Gründe, so fand Tegethoff heraus, wurden damals etwa &bdquo;die besseren Chausseeverbindungen“ angeführt. Die Zugehörigkeit zu Schloß Neuhaus blieb bis 1975 bestehen. Hövelhof wurde hauptsächlich vom dortigen Amtsgebäude an der Bielefelder Straße mitverwaltet. Im Haus ist heute die Dienststelle der Polizei untergebracht. Mitte 1972 hat Hövelhof 10.000 Einwohner In Hövelhof arbeiteten ab 1961 zunächst zwei, später drei Verwaltungsleute. &bdquo;Die Amtsnebenstelle war in der ehemaligen Kirchschule an der Schloßstraße untergebracht“, weiß Tegethoff. Im damaligen Kreis Paderborn, noch ohne den Kreis Büren, war Hövelhof mit 59 Quadratkilometern die Gemeinde mit der größten Fläche - wobei rund ein Drittel zum Truppenübungsplatz gehörte. Mitte 1972 wurden schon knapp 10.000 Einwohner gezählt. Als die kommunale Neugliederung in NRW vorbereitet wurde, hatte der Ort laut Aufzeichnungen bereits vier Kindergärten, sowie Haupt-, Real- und Sonderschule (im Salvator Kolleg) und drei Gaststättensäle mit Platz für mehr als 100 Menschen. Hinzu kamen, wie die Broschüre auflistet, vier Kaufhäuser, vier Fachärzte und ein Tierarzt. Hövelhof zeigte sich also bereit für mehr Selbstständigkeit. Einen ersten politischen Beschluss des Gemeinderats in diese Richtung gab es schon im April 1967, verbunden mit der Absichtserklärung, dass ein Erweiterungsbau der Amtsverwaltung Schloß Neuhaus nicht mehr mitfinanziert würde. Mit der landesweiten Neugliederung sollten mehr Großgemeinden die kleine Ämtergliederung ersetzen. Hövelhofs schwierige Nachbarschaft mit Ostenland Neben der Verwaltungsreform, ging es auch um eine Gebietsreform, wie Tegethoff erläutert. Grundlage war das Sauerland/Paderborn-Gesetz mit Wirkung zum 1. Januar 1975. Während die Bemühungen, Stukenbrock-Senne nach Hövelhof zu holen, schon zuvor gescheitert waren, stand zum wiederholten Mal das Verhältnis zu Ostenland im Fokus. &bdquo;Schon bei einem Verfahren in den 50ern hatten sich Ostenland und Hövelhof gegenseitig Beeinflussung bei der entscheidenden Abstimmung vorgeworfen“, weiß der Hövelhofer Ortsheimatpfleger über die damals heikle Nachbarschaft. Das Gebiet des heutigen Delbrücker Ortsteils reichte bis an den Hövelhofer Ortskern heran. 61 Prozent der rund 1.000 Betroffenen stimmten schließlich für Hövelhof. Weitere Gebiete im Westen, vor allem rund um Espeln, kamen 1975 hinzu, zusätzlich die Klausheider Siedlung. Narben blieben trotzdem. Tegethoff sagt: &bdquo;Die Schützenvereine haben sich jahrelang nicht gegenseitig bei ihren Festen besucht.“ Es gab aber auch Abtretungen. So musste Hövelhof die Südstraße vor 50 Jahren Sennelager überlassen. Mit Abtretungen kannten sich die Hövelhofer zwangsweise aus. Für die Erweiterung des Truppenübungsplatzes hatte der Ortsteil Hövelsenne mit rund 800 Bewohnern ab 1939 weichen müssen. Lesen Sie auch: Bekommt Hövelhof wegen Ikea einen neuen Gleisanschluss? Hövelhof wuchs aber nun mit der Reform von knapp 59 Quadratkilometern auf etwa 72, die Einwohnerzahl stieg von 10.410 auf 11.392. Ein Kuriosum der Grenzziehung sorgte jedoch bei manchem für Unmut, wie Tegethoff herausfand: &bdquo;Bei einem Schnatgang der Kolpingsfamilie fiel auf, dass man auf dem Weg von Hövelhof nach Espeln immer noch durch Ostenland musste.“ Die Stadt Delbrück focht die Entscheidung über die Grenzen noch gerichtlich an, unterlag aber. Im neuen Heft zeigt nun eine Karte erstmals übersichtlich die Hövelhofer Grenzveränderungen im Laufe des 20. Jahrhunderts. Nach der Reform kommt das neue Rathaus Das NRW-Innenministerium erkannte Hövelhof als &bdquo;amtsfreie Gemeinde“ an, auch, weil sie an der &bdquo;Entwicklungsachse Bielefeld-Paderborn“ lag und einen &bdquo;überdurchschnittlichen Wachstumsindex“ aufwies. Herr über diese Entwicklung war auf Seiten der neuen Verwaltung deren Leiter, Gemeindedirektor Josef Timmerberg, der am 3. Januar 1975 vereidigt wurde. Als Bürgermeister repräsentierte nebenberuflich noch bis 1976 der seit 1963 amtierende Josef Förster. 1977 begannen die Planungen für das heutige Rathaus, bezogen wurde der 5,5 Millionen-DM-Bau im April 1982. Zuvor arbeiteten die neuen Ämter beengt in einem Anbau der damaligen Kirchschule. Bis heute ist er ans Rathaus angedockt und damit ein Relikt aus der Zeit vor der Kommunalreform.

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