Corona-Impfung: Hausärzte machen Druck auf den Kreis Paderborn

Kreis Paderborn. Hausärzte im Kreis Paderborn wollen in der Pandemie nicht länger zur Untätigkeit verdammt sein. Allgemeinmediziner und Gynäkologen aus Hövelhof und Bad Wünnenberg möchten endlich in ihren Praxen impfen und haben sich noch vor der Corona-Konferenz von Bund und Land mit deutlichen Forderungen an Landrat Christoph Rüther (CDU) und die Landesregierung gewandt. Von Nord bis Süd sind Ärzte im Kreis startbereit, um mehr Schwung in den Impfbetrieb zu bekommen. So könnten wöchentlich Impfdosen in vierstelliger Höhe pro Kommune verimpft werden. Die Hövelhofer Ärzte um Allgemeinmediziner Georg Schneider sagen: "Wir müssen so schnell wie möglich impfen, um die Lage in den Griff zu kriegen. Das schafft das Impfzentrum in Salzkotten allein nicht." Dort sind nach offiziellen Angaben mit Stand 3. März innerhalb von dreieinhalb Wochen 6.350 Erst- und Zweitimpfungen durchgeführt worden. Alarmierend: Schneider zitiert Berichte, wonach dennoch bis zur kommenden Woche etwa fünf Millionen Impfdosen ungenutzt in Deutschland gelagert werden. Der Haarener Hausarzt Thomas Bandorski: "Wir haben ein Problem in der überregionalen Verteilung." Besorgt sind die Ärzte wegen der anhaltenden Ausbreitung der ansteckenderen Corona-Mutationen. Hövelhofs Bürgermeister Michael Berens (CDU) nennt die zentralistische Strategie der Impfzentren "von Anfang an falsch". Schon früh sei bekannt geworden, dass auch Biontech/Pfizer länger gelagert werden könne als zunächst angenommen: "Es waren aber horrende Kosten verursacht und niemand wollte zugeben, aufs falsche Pferd gesetzt zu haben." Georg Schneider, Mitglied im Hövelhofer Corona-Krisenstab, hatte schon im Herbst eine dezentrale Strategie gefordert. Gemeinsam mit Bandorski sagt er: "Wir brauchen weniger Bürokratie und stattdessen schnell eine Freigabe des Astrazeneca-Impfstoffs auch für Über-65-Jährige." Landrat begrüßt Ankündigung Der Kreis berichtet auf NW-Anfrage von einer Telefonkonferenz, in der am Mittwoch das NRW-Gesundheitsministerium darüber informiert habe, dass gemeinsam mit Kassenärztlichen Vereinigungen Lösungsvorschläge zu Hausarztimpfungen erarbeitet würden. Diese lägen aber "noch nicht vor". Der Landrat begrüße jedoch ausdrücklich die Ankündigung des Ministeriums, Impfungen auch in Hausarztpraxen zu ermöglichen. Arzt Georg Schneider beklagt, dass der Kreis aber schon längst hätte mehr tun können. Der NW liegt ein Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung vor, wonach zumindest Astrazeneca an "anspruchsberechtigte Gruppen" durch mobile Teams verimpft werden dürfe, wenn Kommunen dies wünschten. Das Landesgesundheitsministerium habe dies ermöglicht. So könnten Hausärzte schon jetzt beispielsweise Senioren ab 80 Jahren, ganze Feuerwehren oder ab 8. März auch Gruppen von Lehrern und Erziehern mobil impfen. Laut Schneider sind auch Biontech/Pfizer und Moderna geeignet. Die Mediziner im Kreis konstatieren: Die Probleme bei der Terminvergabe und Diskussionen um die Verträglichkeit von Astrazeneca hätten "Vertrauen in Impfstoff und Impforganisation zerstört" und dazu geführt, dass Menschen dem Impfen fernblieben. Die Hausärzte sind sich sicher: "Dieses Vertrauen werden wir in unseren Praxen wieder aufbauen und die Impfquote (...) deutlich steigern." Dies könne auch in den anderen Kommunen des Kreises zu einer zügigen Durchimpfung führen. Die Hövelhofer Frauenärztin Annette Rodenkirchen: "Wir müssen den ganzen Prozess dringend beschleunigen." Der Haarener Thomas Bandorski sagt stellvertretend für viele Hausärzte im Kreis: "Wir alle wollen anpacken. Gebt uns den Impfstoff und wir lösen das Problem." Sein sechsköpfiges Ärzteteam könnte in einer benachbarten Halle bis zu 500 Menschen wöchentlich impfen, sagt er. "Jetzt können wir es auch" Verärgert sind die Mediziner besonders darüber, dass nicht-mobilen und bettlägerigen Menschen aller Altersklassen zugemutet werde, per Liegendtransport ins Impfzentrum zu kommen. Auch neu eingezogene Heimbewohner müssten derzeit zur Sälzerhalle kutschiert werden. Trotz Krisengesprächen mit Landrat Rüther plante der Kreis nach Informationen von Schneider und Bürgermeister Berens zuletzt nur die Einrichtung einer Handvoll Impfpraxen, die jeweils eine Region des Paderborner Landes abdecken sollten. "Das lehnen wir ab", sagen die Ärzte der Sennegemeinde. "Impfen ist und bleibt Vertrauenssache." Ulrich Behrends ergänzt: "Zur Grippesaison sind wir es gewohnt, das im großen Stil zu machen, jetzt können wir es auch." Wie viele Impfungen sie schaffen könnten, haben auch die Hövelhofer vorausberechnet. In ihren Praxen sind demnach wöchentlich 1.000 Impfungen möglich. Dafür würden die Praxiszeiten minimal erweitert und Hausbesuche genutzt. "Sonderaktionen zum Beispiel an einem Samstag im Schützen- und Bürgerhaus sind da noch nicht einberechnet. Die könnten wir auch noch wuppen", sagt Georg Schneider.

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