Hövelhof

Wie vier junge Männer Weihnachten in der JVA verbringen

Welche Bedeutung das Fest für die Männer hat und was sie am meisten vermissen

Weihnachten im Knast: Keihan (v. l.), Ahmed, Shahin und Ilias wollen das Beste daraus machen. | © Andreas Götte

25.12.2018 | 26.12.2018, 11:12

Hövelhof. Gerne denkt Ilias an das vergangene Weihnachten zurück. Zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern hatte er in Beirut Urlaub am Meer gemacht. Diesmal wird das Weihnachtsfest bei dem 24-Jährigen trister ausfallen. Wegen eines Betrugsdelikts verbüßt er seit sechs Monaten eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Hövelhof. Weil sich der Kölner auch in der JVA nicht an Regeln gehalten hat, darf er nicht mit einem Urlaubsschein über die Feiertage nach Hause fahren: ein Weihnachtsfest im Gefängnis.

Während der Großteil der 104 Häftlinge Staumühle verlässt, verbringen auch Ahmed, Shahin und Keihan die Festtage in der JVA. Bei Ahmed aus Gelsenkirchen läuft noch die Probezeit, die anderen beiden machen sich nichts aus Weihnachten. „Ich kenne das von Zuhause nicht. Es gab immer nur Weihnachtsgeschenke für die Kinder meiner Tante", sagt Keihan aus Münster. Warum ist er hier? Leider habe er einst für ein paar Sekunden eine falsche Entscheidung getroffen, die er bereue. „Ich habe keine Sorge, dass ich noch mal straffällig werde", betont er.

Die Atmosphäre ähnelt der einer Jugendherberge

Ilias hat „wegen der Kinder Weihnachten gefeiert". Jetzt falle eben zu Hause der Baum kleiner aus als sonst. Und was tut man Weihnachten im Gefängnis? Der 24-Jährige hat ein mulmiges Gefühl, wenn er an die nächsten Tage ohne den Werkdienst in einem der Betriebe denkt. Denn er denkt an das, was man nicht tut: Fünf Tage ohne Arbeit können langweilig werden, meint er. Der 18-jährige Ahmed findet es gut „mit mehreren Jungs hier zu sein. Da vergeht die Zeit schneller. Jeder wird viel von zu Hause berichten", vermutet er. Aber Besuch wird das Quartett an Weihnachten nicht bekommen. Die lange Fahrt lohne sich für die Angehörigen nicht für eine oder zwei Stunden.

Zusammenhalt: Der ist gerade an Weihnachten unter den Inhaftierten sehr wichtig. - © Andreas Götte
Zusammenhalt: Der ist gerade an Weihnachten unter den Inhaftierten sehr wichtig. | © Andreas Götte

Auf jeden Fall wollen die jungen Inhaftierten zusammen kochen. Dank eines Tischgrills soll es gegrilltes Fleisch geben, für jeden gibt es die Lieblingssorte. Auch Spiele, Tischkicker und die geöffnete Sporthalle sollen für ein wenig Abwechslung sorgen. Untergebracht sind die Inhaftierten in Staumühle in Zwei- und Dreibettstuben.

Die Atmosphäre ähnelt einer Jugendherberge. Gerade an den Feiertagen werden die Inhaftierten in der JVA dennoch viel Zeit zum Nachdenken haben. „Über alles was passiert ist", sagt Shahin. Man dürfe sich jedoch nicht zu stark darauf fokussieren, betont der 22-Jährige.

„Der Selbsthass zieht einen runter"

Gedanken über seine Tat hat Ilias auch während der Arbeit. „Der Selbsthass zieht einen runter", sagt er. Der junge Mann aus Köln bedauert es, seine Kinder nicht aufwachsen zu sehen. In dem Moment, in dem man kriminell sei, denke man nicht an die Familie, ergänzt Shahin, der zum ersten Mal an Weihnachten nicht daheim ist.

Zwischen einem Jahr und neun Monate bis zu zwei Jahre und neun Monate müssen Ahmed, Ilias, Keihan und Shahin in der JVA verbringen. Laut Anstaltsleiterin Elke Jungeblodt liegt die Verweildauer im Durchschnitt unter zwölf Monate. Deswegen sei eine klassische Ausbildung während der Haftzeit nicht möglich, wohl aber Qualifizierungsverfahren wie ein Schweißer- oder Gabelstaplerschein, „die draußen anerkannt werden". Die meisten Inhaftierten hätten keinen Schulabschluss, so Jungeblodt.

Zurzeit sind in der landesweit einzigen offenen Einrichtung im Jugendstrafvollzug 104 Plätze belegt. Im Jugendbereich werden rund 230 Plätze vorgehalten. In der Regel sind die Inhaftierten zwischen 18 und 24 Jahre alt. Das Einzugsgebiet umfasst ganz Nordrhein-Westfalen, der Schwerpunkt liegt im Ruhrgebiet. Rund 140 Mitarbeiter arbeiten in der JVA, davon 100 im allgemeinen Vollzugsdienst. Etwas Besonderes für die Mitarbeiter an Weihnachten ist nicht geplant. „Das läuft im Allgemeinen in den Wochen vorher", sagt Elke Jungeblodt.