Delbrück

Was Jahrtausende alte Steinscherben über das Steinhorster Becken verraten

Hermann Pongratz hat Reste der Ahrensburger Kultur entdeckt. Auch aus anderen Epochen findet der Hobby-Archäologe immer wieder etwas

Hat Freude am Entdecken: Hermann Pongratz präsentiert eine Auswahl seiner Fundstücke. In seiner Hand hält er eine Klinge. Rechts ist eine Vielzahl von Abschlägen aus der damaligen Werkzeugproduktion zu sehen. | © Andreas Götte

22.04.2019 | 23.04.2019, 14:29

Delbrück-Steinhorst. Eigentlich wollte Hermann Pongratz mit seiner Frau eine gemütliche Radtour ans Steinhorster Becken unternehmen, doch an einer Kuppenlage östlich von Steinhorst passierte es: Pongratz entdeckte am Boden erste Abschläge aus einer steinzeitlichen Werkzeugproduktion.

Sofort schrillten beim ehrenamtlichen Mitarbeiter des Bodendenkmalamtes in Bielefeld und Olpe im positiven Sinn die Alarmglocken. Seitdem ist Hermann Pongratz jahrelang zur Fundstelle gefahren. Mittlerweile hat der 64-Jährige mehr als 5.500 Abschläge und mehrere hundert Werkzeuge wie beispielsweise 60 Pfeilspitzen und mehr als 120 Klingen gefunden.

Fundstücke aus der Zeit des Endes der letzten Eiszeit

Die für die damalige Zeit typischen Pfeile hat Hermann Pongratz sogar rekonstruiert. „Die Fundstücke stammen aus der Zeit von 12.700 bis 11.500 vor heute, also dem Ende der letzten Eiszeit", erklärt Pongratz. Dabei handele es sich um die Ahrensburger Kultur aus der Nähe von Hamburg, die einmalig im Kreis Paderborn sei, freut sich der 64-Jährige.

Die unzähligen Fundstücke sollen nach der Begutachtung durch Wissenschaftler der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Es habe zwar bereits in den Achtziger Jahren Funde diesbezüglich gegeben, doch den Einzelfunden sei man nicht weiter nachgegangen. Die Menschen waren damals im Paderborner Land in der letzten Kulturstufe der Weichseleiszeit laut Pongratz vor allem auf Rentiere spezialisierte Jäger, die in einer Tundra gelebt hatten. „Ähnlich wie die nordamerikanischen Prärieindianer übernachteten sie in Tipis."

Eine kleine Auswahl: Vielfältige Fundstücke weisen auf die Ahrensburger Kultur in der Nähe von Steinhorst hin. - © Andreas Götte
Eine kleine Auswahl: Vielfältige Fundstücke weisen auf die Ahrensburger Kultur in der Nähe von Steinhorst hin. | © Andreas Götte

Die Funde östlich von Steinhorst sind vielfältiger Natur. Durch Abschläge sind damals aus Kernsteinen Werkzeuge entstanden. Neben feinen Pfeilspitzen hat der Wahl-Paderborner unter anderem Bohrer und Kratzer aus Klingen gefunden. „Mit den Kratzern haben die Menschen das Fell der Rentiere fettfrei geschabt",. sagt der frühere Lehrer für Sport, Musik und Erdkunde am evangelischen Gymnasium in Lippstadt. Den Job hatte er bis vor einem Jahr inne.

Die Klingen waren damals Universalmesser, mit denen Fleisch geschnitten, Bögen geschnitzt und Pfeile hergestellt wurden. Baltische Feuersteinknollen wurden als Schlagsteine benutzt. „Charakteristisch für die Ahrensburger Kultur sind die Stilspitzen und Schaftdorne", sagt Hermann Pongratz.

Feine Pfeilspitzen und Schaber aus der Neandertalerzeit

Die Menschen seien hoch spezialisiert gewesen. Wegen des Sandbodens in der Nähe von Steinhorst hat der 64-Jährige keine Knochenwerkzeuge finden können.

Auch interessant: Unter die Fundstücke mischen sich immer wieder Stücke, die aus einer anderen Epoche stammen wie beispielsweise ein Schaber aus der Neandertalerzeit. Der aus Weiden in der Oberpfalz stammende Pongratz hat sich schon immer für die Steinzeit interessiert.

Seit 25 Jahren wohnt der ehemalige Pädagoge in Elsen. Seitdem widmet er sich in der Freizeit der Archäologie. Gerade im Paderborner Land gebe es viele Fundplätze. Das sei beispielsweise in seiner Heimat Bayern in dem Maß nicht der Fall. Der nächste Fundplatz der hochmobilen Ahrensburger Kultur ist die Höhle Hohler Stein in Kallenhardt bei Rüthen (Kreis Soest).