Mehr als nur Nazi-Gemäuer: Eine Reise zu den Wurzeln der Bürener Wewelsburg

Büren-Wewelsburg. Wer geglaubt hat, die Wewelsburg sei schon immer eine Dreiecksburg gewesen, kann im Burgsaal ab Samstag drei Monate lang sehen, wie es wirklich begann auf dem Bergsporn oberhalb der Alme. Das Kreismuseum öffnet die neue Sonderausstellung &bdquo;1123: Die Wewelsburg im Mittelalter“. Übersichtlich und mit eindrucksvollen Exponaten wird erklärt, wie die Burg entstand und welche Bedeutung sie auch über die Region hinaus hatte. &bdquo;Die mittelalterliche Geschichte haben wir so noch nie gezeigt“, sagt Museumschefin Kirsten John-Stucke. Im Reigen der Sonderausstellungen sei diese etwas &bdquo;Großes und Besonderes“. Das liegt zum einen am Jubiläum, denn die Schau markiert die erste Erwähnung der Burg vor 900 Jahren. In der sächsischen Reichschronik &bdquo;Annalista Saxo“ wird sie genannt. Errichtet von Böddeker Bauern auf Geheiß des mächtigen Grafen Friedrich von Arnsberg. Gebete als Gegenleistung für Seelenheil Überhaupt, Böddeken: Nur zwei Kilometer liegen zwischen Burg und der einst einflussreichen Klosteranlage. Die Adelsfamilien auf der Burg übten Herrschaftsrechte der geistlichen Landesherren im Umkreis aus und übernahmen als Vögte die weltliche Verwaltung des Stifts Böddeken. Als Gegenleistung wurde in Böddeken für das Seelenheil der Vorfahren gebetet. Die Beziehung zwischen Burg und Stift wird im Burgsaal beleuchtet – und ist nicht nur für Mittelalterhistoriker eine Reise wert. Die Besonderheit des Projekts zeigt sich auch in der aufwendigen Präsentation mit Zeichentrickvideos, Hörstationen und gut konsumierbarem Textdesign. &bdquo;Wir wollten eine Ausstellung schaffen, die Fachleute, Interessierte aber auch Familien anspricht“, sagt Kurator Erik Beck. Gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Volontär Daniel Götte und Museumsleiterin John-Stucke hat er zwei Jahre lang recherchiert und konzipiert. &bdquo;Es hat Spaß gemacht, weil wir viele bekannte Quellen neu ausgewertet haben“, sagt der Historiker. Neben den Erkenntnissen aus Texten über die Burg und ihre frühen Bewohner, das Kloster Böddeken mit dem Hl. Meinolf als Gründer und der frommen Belegschaft dort, sind es besonders die Anschauungsobjekte, die das Mittelalter in die Gegenwart holen. Private Leihgaben ergänzen So ist aus dem Landesarchiv in Münster das Original der Reichschronik von 1123 zu sehen – präsentiert in einer dunklen Ecke, damit möglichst wenig Licht das 900 Jahre alte Papier erreicht. Ebenfalls unter Glas aufbewahrt wird das in Böddeken meisterhaft abgeschriebene und 17 Kilogramm schwere Catholicon – ein überdimensionales Lehrbuch mittelalterlicher Grammatik, das die Fertigkeiten und den Bildungsstand der Klosterleute zeigen sollte. Wie das große Buch ist auch ein wertvoller Reliquienschrein eine private Leihgabe ans Museum für die Dauer der Ausstellung. Die mit Metall verzierte Holztruhe aus dem frühen 13. Jahrhundert soll einst die Gebeine des Hl. Meinolf in Böddeken aufbewahrt haben. Ein neuer Archivfund ist die Urkunde des so genannten Burgfriedens. Sie belegt, wie sich im Mittelalter gleichzeitig auf der Burg lebende Adelshäuser als Eigentümergemeinschaft auf Rechte und Pflichten einigten. Beteiligt waren unter anderem das Bürensche Haus und das Haus Brenken. Vom Bürenschen Haus ist nach jüngsten Erkenntnissen der digitalen Burg-Vermessung sogar noch mittelalterliche Bausubstanz in der heutigen Burg vorhanden. Wo genau, ist in der Ausstellung erläutert. Nach der Nennung 1123 wird die Burg erst 1301 erneut in einem Dokument erwähnt. Wie sie dann im Mittelalter ausgesehen haben könnte, zeigt eine brandneue 3D-Ansicht, die Besuchern als Digitalmodell präsentiert wird. Die Absicht des Fürstbischofs Die heutige Form erhielt die Wewelsburg ab dem frühen 17. Jahrhundert. Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg kaufte sie und ließ sie zum Renaissanceschloss ausbauen – als Gegenpol des starken Katholizismus zu den protestantischen Herren von Büren. Kleine und große Geschichtsfans können die Wewelsburg bis zum 17. September in der Sonderausstellung neu entdecken – und dabei erleben, dass das Gemäuer mehr zu bieten hat als nur den Rückblick auf die beschämende Zeit im Nationalsozialismus. Der Eintritt ist frei.

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