Stolpersteine in der Stadt: Besonderer Gedenkort für Bad Wünnenberger Juden

Bad Wünnenberg. Die Aronsteins waren eine ganz normale Bad Wünnenberger Familie. Bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen. In ihrem Haus in der Mittelstraße waren sie als Juden nicht mehr sicher. Es folgten Flucht, Vertreibung und Tod. Im Gedenken an das Schicksal von Anna, Paul, Adele, Erich und Lottie Aronstein hat der Verkehrs- und Kneippverein nun fünf Stolpersteine vor ihrem früheren Wohnhaus verlegt. Rund 70 Menschen kamen zur Gedenkfeier, unter ihnen Gruppen der Grundschule Bad Wünnenberg und der Fürstenberger Profilschule. Als hartnäckige Arbeiterin gegen das Vergessen hat sich seit Jahren die frühere Realschullehrerin Gertraud Tölle in Bad Wünnenberg einen Namen gemacht. Sie schrieb ein Buch über das jüdische Leben in der Stadt und brachte durch Archivarbeit so manches Schicksal zurück ans Licht. Ohne sie würde es die Stolpersteine in der Mittelstraße, nach Haaren der zweite Ort im Stadtgebiet, wohl nicht geben. &bdquo;So nah und so unfassbar“ sei das Schicksal der vertriebenen Aronsteins, sagt Christian Beyerstedt, der Vorsitzende des Verkehrs- und Kneippvereins im Schatten des Hauses, in dem die Familie über Jahrzehnte ihre Heimat hatte: &bdquo;Wir müssen Demokratie und Freiheit auch heute verteidigen. Sie sind nicht gottgegeben.“ Wünnenberger Juden kämpften im Ersten Weltkrieg für das Kaiserreich Bewegende Wort- und Musikbeiträge hatten die Schülerinnen und Schüler mitgebracht. Über die Geschichte der Vertreibung der Familie erzählte Gertraud Tölle. So berichtet sie von Levi Aronstein, der als Stadtverordneter im 19. Jahrhundert ein angesehener Bürger war und vier Söhne in den Ersten Weltkrieg gehen sehen musste. Einer fiel und dreien wurde das Eiserne Kreuz verliehen. Im Nazi-Reich zählte das für Juden nicht mehr, ihre Vernichtung wurde Staatspolitik - und die Aronsteins mussten ihre Heimat verlassen. Vater Paul, Mutter Adele und die Kinder Lottie und Erich trafen sich nach teilweise getrennten Fluchtwegen im August 1941 in den USA wieder. Anna, eine Schwester von Vater Paul, ist, wie viele andere Mitglieder der Familie, umgebracht worden. Lesen Sie auch: Qualen und Sehnsüchte einer Jüdin in Wünnenberg Einmal, so Tölle, seien Adele und Paul Aronstein 1956 nach Wünnenberg zurückgekehrt. Sie ließen auf dem jüdischen Friedhof einen Gedenkstein mit den Namen von elf getöteten Familienmitgliedern aufstellen. Im Bad Wünnenberger Spanckenhof war im Winter eine Sonderausstellung über die Flucht der Familie Aronstein vor dem Nazi-Regime zu sehen. Lottie Aronstein, später verheiratet als Lottie Salton, wäre am 17. November 2024 100 Jahre alt geworden. Die Ausstellung hatte Gertraud Tölle gemeinsam mit Mitstreitern einer Arbeitsgruppe im Verkehrs- und Kneippverein erarbeitet. Gedenkarbeit mit Schülern in Bad Wünnenberg Der Vorkämpferin für das Gedenken ist es am Tag der Stolpersteinverlegung wichtig, eine weitere Botschaft zu senden: &bdquo;Ich weiß durch meine Arbeit mit Schülerinnen und Schülern, dass es uns beim Gedenken nicht um ein Schaulaufen geht. Ich weiß, dass das hier heute kein Versöhnungstheater ist.“ In den Köpfen der jungen Generation komme die Notwendigkeit des Erinnerns an, um einer Wiederholung von Schreckensherrschaft entgegenzutreten. Zum Thema: Erstmals erinnern in Haaren Stolpersteine an eine jüdische Familie aus Bad Wünnenberg Das ist auch dem Bürgermeister wichtig. Christian Carl sagt: &bdquo;Wir dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, wenn wir unsere Zukunft gestalten. Die Stolpersteine sind mehr als Gedenktafeln. Sie sind ein Aufruf an uns alle zu Toleranz und Menschlichkeit.“

Meistgelesen