Bad Lippspringe. Bürokratie, Personalmangel, fehlendes Vertrauen der Behörden – die Liste der Probleme im Handwerk ist lang. Auch bei Fleischermeister Nils Wüllner hat sich eine Menge Frust angestaut. Diesen ließ er in einer gepfefferten E-Mail an den Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann ab. Das machte Eindruck. Der aus Schwaney stammende Generalsekretär der CDU schaute persönlich in der Fleischerei in Bad Lippspringe vorbei, wie sein Büro mitteilte.
Der 30-jährige Fleischermeister Wüllner entstammt einer alteingesessenen Bad Lippspringer Familie, arbeitete als Metzger in Australien und im internationalen Vertrieb. Seit Jahresbeginn führt er die traditionsreiche Handwerksmetzgerei Rummeny in der Badestadt als Nachfolger fort.
Was er seitdem an Gegenwind erlebt hat, habe ihn jedoch überrascht. „Ich habe mir den Schritt in die Selbstständigkeit gut überlegt und brenne für die Sache. Hätte ich aber vorher gewusst, wie viel Bürokratie- und Behördenwahnsinn auf mich zukommt, hätte ich mich wohl anders entschieden“, sagt Wüllner deutlich. In einer langen E-Mail an Linnemann listete er seine Baustellen auf, von sich wiederholenden Berichtspflichten, untauglichen Jobangeboten, fehlenden Arbeitsanreizen bis hin zu hohen bürokratischen Lasten selbst für einen kleinen Anbau.
Fleischermeister bekommt kaum ernsthafte Bewerbungen
Einig seien sich Linnemann und Wüllner darin, das sogenannte Bürgergeld komplett zu überarbeiten. „Für viele Arbeitnehmer mit geringen Einkommen lohnt sich Arbeit doch kaum noch, weil zu wenig übrig bleibt“, sagt Wüllner, der kaum ernsthafte Bewerbungen erhält.
Linnemann warb stattdessen für das Konzept einer neuen Grundsicherung, die den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Menschen in Arbeit legt. „Sozialhilfe muss für die da sein, die sie wirklich benötigen“, so Linnemann.
Wüllner berichtet von einer älteren Mitarbeiterin, die gerne mehr arbeiten würde. Da sie aber eine Witwenrente beziehe, lohne sich das nicht, da der Zuverdienst die Rente entsprechend mindern würde. Dem setzt Linnemann sein Konzept einer „Aktiv-Rente“ entgegen: „Wir wollen das Arbeiten im Rentenalter steuerfrei stellen. Bis zu 2.000 Euro sollte jeder Rentner im Monat hinzuverdienen können, ohne darauf Steuern zahlen zu müssen.“
Bürokratie bremst den Bad Lippspringer Unternehmer
Tagtäglich sieht sich Wüllner außerdem mit einem hohen Maß an Bürokratie konfrontiert. Das sei doppelt ärgerlich: „Es ist das eine, dass ich einen Großteil meiner Arbeit damit zubringen muss, Vorgänge zu dokumentieren und Statistikpflichten zu erfüllen. Genauso schwer wiegt aber der Umstand, dass ich als Unternehmer ständig unter Generalverdacht stehe.“ Warum, fragt Wüllner, traue man dem Handwerk nicht mehr zu, statt ständig davon auszugehen, dass irgendetwas nicht funktioniert?
Bei Linnemann hinterließ der Besuch einen so großen Eindruck, dass er in der ZDF-Sendung Markus Lanz davon berichtete.