Auguste-Viktoria-Klinik in Bad Lippspringe: Vom Lost Place zum Vorzeigeobjekt

Bad Lippspringe. Die riesengroße, gut 270 Meter lange Auguste-Viktoria-Klinik hat eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Diese hätte aber in absehbarer Zeit endgültig vorbei sein können. Ein Abriss drohte dem 1901 als Volksheilstätte erbauten Gebäude, das seit 2010 leer steht und zu einem mit Graffiti überzogenen Lost Place mutierte. Doch aktuell wird die &bdquo;Auguste“, wie sie von den Bad Lippspringern kurz genannt wird, komplett saniert und in Kürze wird auch wieder Leben in die ehemalige Lungenheilanstalt einziehen. Eine Investorengruppe um den Unternehmer Ralf Eckel hat die historische Immobilie im Herbst 2021 samt des 37.000 Quadratmeter großen Grundstücks von der Stadt erworben und hat große Ziele und Visionen. Einiges davon ist bei einem Rundgang durch das Gebäude schon gut zu erkennen – aber bis alles fertig gestellt ist, wird es noch dauern.Gesplitterte Fenster, fette Spinnweben, abblätternde Farbe und viel Graffiti an den Wänden – besonders im Keller ist der drohende Verfall des Gebäudes bestens zu erkennen. Aber auch eben schon ein gutes Vorankommen bei der Komplettrenovierung. Jeden Tag sind rund 80 Handwerker verschiedener Gewerke am Bau. &bdquo;Es ist eine riesige Herausforderung, aber die nehmen wir gerne an“, sagt Eckel, der zusammen mit Wilhelm Peters, Martin Henkel, Christian Hafer und Guido Hentze die AVK Immobilien GmbH gegründet hat. Eckel hält 50 Prozent, die anderen vier jeweils 12,5 Prozent. Die große Umbau- und Sanierungsmaßnahme, die laut Eckel etwa 20 Millionen Euro kosten wird, haben die Investoren in sechs Bauabschnitte eingeteilt. Dabei wird genau darauf geachtet, dass der alte Charme des Gebäudes wieder hervorgebracht wird. So schlummert unter den gefühlt endlos langen Fluren noch Terrazzo unter dem Estrich. Diese alte Steingusstechnik ist auf vielen 100 Metern schon mühsam freigelegt worden. &bdquo;Das kann man heute gar nicht mehr bezahlen“, weiß Eckel was für ein besonderer Schatz ihm quasi zu Füßen liegt. Es gibt auch Fliesen aus Terrazzo, einige sind beschädigt. &bdquo;Wir wollen das aber unbedingt erhalten“, betont er und ist in ganz Deutschland auf der Suche nach passenden Ersatzfliesen. &bdquo;Den Charakter des Gebäudes wieder sichtbar machen“ Auch viele der alten Holztüren werden durch Tischler per Handarbeit vom alten, teilweise schon abgeplatzten Lack befreit und aufgearbeitet. Das gilt auch für vom Rost bereits stark angegriffene Handläufe an den Treppen. &bdquo;Das ist alles sehr viel Arbeit, aber wir möchten den Charakter des Gebäudes wieder sichtbar machen“, so Eckel. Auch außen wird darauf geachtet. So wird auch der unter einer Grasnarbe verschwundene 305 Meter lange Weg mit Tudorfer Pflaster entlang der Auguste wieder freigelegt. &bdquo;Wenn das fertig ist, sieht das super aus mit dem Fischgrätmuster“, schwärmt Bauingenieur Oleg Gura aus Schloß Neuhaus. Er ist auch verantwortlich für die Kanäle rund um das Riesengebäude. Rund zwei Kilometer wurden bereits verlegt – für Wasser, Schmutz- und Regenwasser, Fernwärme, Strom, Glasfaser und auch der Potenzialausgleich. Innen steckt aber noch viel Arbeit. Als erstes wird die neue Kindertagesstätte in das altehrwürdige Gebäude einziehen können. Die sechszügige Kita wäre eigentlich schon bezugsfertig gewesen, wenn es nicht eine Beanstandung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) gegeben hätte. &bdquo;Es war alles durchgeplant, für den Brandschutzplan passte auch schon alles. Auch das Okay von der Stadt und dem Kreis hatten wir bereits, aber eine Prüferin des LWL hat beanstandet, dass ein Gruppenraum die empfohlene Größe um einen Quadratmeter unterschreitet. Also musste ein weiterer Raum für die Kita miteinbezogen werden und auch der Brandschutzplan musste erneuert werden für den Abschnitt – das waren Mehrkosten von 50 bis 60.000 Euro“, beschreibt Ralf Eckel nur eine der vielen bürokratischen Hürden. In der von der AWO Bielefeld als Träger geführten Kita haben zukünftig 150 Kinder auf 1.400 Quadratmetern Platz und diese können auch den gut 3.000 Quadratmeter großen Garten als Außenspielparadies nutzen. &bdquo;Eine Kita mit so einem Ausblick, solchen tollen Fensterfronten und ebenso einzigartigem Außengelände findet man nicht oft“, freut sich der 54-Jährige Unternehmer auf die Fertigstellung der Kindertagesstätte im Spätherbst. Standesamt wird in ehemalige Kapelle einziehen Der Plan, dass ursprünglich eine Grundschule in die Auguste ziehen soll, habe sich erledigt, so Eckel. Nun wird es die Oberstufe der Gesamtschule sein. Diese wird im Westflügel ihre Räumlichkeiten bekommen. Überaus schöne sogar, mit großen Fenstern und auch teilweise mit achteckigen Klassenzimmern. Als Einzugstermin wird Februar 2024 angepeilt. Auch Wohnungen für Menschen mit Assistenzbedarf und Wohngruppen für bis zu zehn Personen entstehen in den Ober- und Dachgeschossen. Im gesamten Gebäude werden neue Fahrstühle eingebaut, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten. In der zweiten Etage werden gerade die Räumlichkeiten für eine Arztpraxis fertiggestellt. Das alles zählt Eckel zu den ersten zwei Bauabschnitten. Im dritten soll die großzügige Galerie im Haupteingangsbereich entstehen – darüber Wohngruppen und rund um den großen Saal des ehemaligen Stiftes kleine Wohnungen für das so genannte Servicewohnen. Auf Wunsch steht den Mietern dort ein Concierge zur Verfügung, der einen Rundum-Service anbietet. Im vierten Bauabschnitt werden die 800 Quadratmeter für den Nabu-Kreisverband Paderborn in Angriff genommen, der vom Prinzenpalais in die Auguste ziehen wird. Im Erdgeschoss wird die Stadt Bad Lippspringe Platz für ihr Archiv bekommen. Und für das Standesamt gibt es einen besonders passenden Ort – die ehemalige Kapelle wird wieder top hergerichtet, um dann die richtige Atmosphäre für das Jawort bieten zu können. Die restlichen Räume sollen Gewerbeflächen werden, da sei man bereits in Gesprächen mit Interessenten. Weihnachten 2024 könnten diese einziehen. Als letzter Bauabschnitt soll irgendwann 2025 das alte frei stehende Gesindehaus mit dem Glockenturm saniert werden. Das wolle er als Erweiterung der Schule nutzen, eventuell sogar für Hochbegabte, das sei aber erst einmal nur eine Vision, so Eckel, der jeden Tag auf dem Großbau weit über 10.000 Schritte macht. Ideen hat der Investor genug und ist froh, dass er durch die Stadt, den Kreis und den Landrat so viele Unterstützer dabei findet. &bdquo;Mir ist es auch sehr wichtig, dass dieses geschichtsträchtige Gebäude Bad Lippspringe erhalten bleibt.“

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