Rhine-Army-Summershow: Wie drei Tage auf englischem Boden

Bad Lippspringe. Was nur zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Pferdeshow in Sennelager recht überschaubar begann, entwickelte sich über die Jahre zu einem der größten Volksfeste der Region: Die Rhine-Army-Summershow (RASS). Ab 1952 fand sie auf den damaligen Flugplatz der britischen Streitkräfte in der Senne bei Bad Lippspringe statt. In der Regel jährlich über Pfingsten lockte das deutsch-britische Sommerfest mit militärischen Vorführungen, einer deutschen Kirmes, einer Handelsausstellung mit deutschen und britischen Ausstellern und auch großen Open-Air-Konzerten zehntausende Besucher an. Im Jubiläumsjahr 2002 fand die letzte Summershow statt. Gut 120.000 Besucher strömten vor 20 Jahren an den drei Tagen in die Senne. Viele erinnern sich noch bestens daran – unter anderem an die Auftritte von Status Quo und Joe Cocker, an Prinz Charles beim Polospielen oder an das legendäre Getränk Pimm’s. &bdquo;Die Summershow war über Jahrzehnte eine Institution, ein tolles Erlebnis. Wir hatten das Gefühl, für ein paar Tage britischen Boden zu betreten. Das war wie Little England“, sagen Anke und Peter Schanz aus Bad Lippspringe. Sie waren Stammgäste auf der RASS und konnten das Cocker-Konzert im Jahr 2000 sogar im eigenen Garten hören. Es sei auch ein sehr wichtiges Fest für die Völkerverständigung gewesen. &bdquo;Bei diesem Fest lernte man die Engländer erst richtig kennen. Sehr nette Leute“, erinnert sich Peter Schanz, der vor allem als Musiker ein England-Fan war. &bdquo;Ich bin mit den Beatles groß geworden. Da hat man dann ein besonderes Faible für die britische Mentalität.“ Der heute 76-Jährige spielte in vielen Bands, aber nie auf der RASS. &bdquo;Das wäre sicher ein Traum gewesen, aber es machte auch so enorm viel Spaß, das vielfältige Musikangebot zu genießen. Da gab es alle möglichen Musikrichtungen.“ Schanz erinnert sich besonders gerne an die Kavallerie- und Dudelsackkapellen. Und natürlich an die ganz großen Konzerte, wie etwa Status Quo 1999 und Rockröhre Joe Cocker ein Jahr später. &bdquo;Da wurde richtig was geboten und Engländer und Deutsche lagen sich in den Armen“, sagt Peter Schanz. Prinz Charles beim Polospiel beobachtet Das Angebot war überaus vielfältig und ebenso ausgefallen. Es gab Rodeo, Heißluftballonflüge, Fallschirmsprünge, eine Misswahl, Hundevorführung der Armee, legendäre Kämpfe beim Tauziehen, Kricket und als absolutes Highlight flogen die Red Arrows über die RASS hinweg. Das Kunstflugteam der britischen Luftwaffe galt als das beste der Welt und zeigte 1985 das erste Mal sein Können bei der Summershow. Auch viele Militärfahrzeuge waren ausgestellt und durften besichtigt werden. Da die RASS ursprünglich als Pferdeshow gestartet war, gehörten die Pferde immer zum Programm. Natürlich wurde auch Polo gespielt. &bdquo;Da haben wir dann Prinz Charles spielen gesehen, ein besonderes Erlebnis“, schmunzelt Peter Schanz. Frauen trugen Hüte wie in Ascot Seine Frau Anke legte das Augenmerk auf die ganz liebevollen Details. &bdquo;Viele Frauen trugen interessante Hüte, pastellfarben fast wie in Ascot. Auch einige der Soldaten machten sich schick. So waren besonders Offiziere richtig herausgeputzt“, weiß sie zu berichten. Sie liebte auch das ganz besondere englische Flair dieses Volksfestes. So gab es die typischen, kleinen Früchtekuchen, auch Scones, das feine englische Teegebäck und andere Spezialitäten. Es ging aber auch deftig zu. In einer riesigen Feldküche wurde in großen Kupferpfannen und -töpfen gekocht und gebraten. Und auch die Getränke waren etwas anders als auf den deutschen Jahrmärkten. Natürlich gab es den berühmten englischen Tee, aber Guinness und andere britische Biere hatten größeren Absatz. Ein ganz besonders Getränk auf der RASS Viele Gäste kosteten auch Pimm’s. Dieser leicht bittere, kräutrig-würzige Likör auf Gin-Basis schmeckte nicht nur den Engländern. Und er wirkte, denn Schatten suchte man auf dem großen Flugplatzgelände oft vergeblich. &bdquo;Pimm’s wurde sogar aus einer Badewanne getrunken. Bacardi-Cola gab es damals noch für 50 Pfennig“, kann sich auch Bad Lippspringes Bürgermeister Ulrich Lange noch an die teilweise verrückten Zeiten auf der RASS erinnern. &bdquo;Wenn die Summershow war, dann war ganz Bad Lippspringe auf den Beinen. Wir konnten ja alle zu Fuß dorthin. Es war eine tolle Zeit für alle. Schade, dass so etwas heute nicht mehr machbar ist. Schon allein aus Sicherheitsgründen“, so Lange. Besonders für die Briten sei es ein sehr wichtiges Fest gewesen, denn so sei man schnell mit den Deutschen ins Gespräch gekommen. Aus finanziellen Gründen eingestellt &bdquo;So etwas fehlt heute“, meint der Bürgermeister. Aber zumindest die Erinnerungen an über 50 Jahre Rhine-Army-Summershow in Bad Lippspringe sind bei vielen Menschen in der gesamten Region noch wach. Musste die RASS 2001 noch wegen der in England grassierenden Maul- und Klauenseuche abgesagt werden (Defizit von 175.000 Euro), so wurde das größte britisch-deutsche Fest nach 2002 aus finanziellen Gründen nicht mehr ausgerichtet. Das Video zeigt Aufnahmen der RASS von 1953: Und Aufnahmen von der Rhine Army Summer Show im Jahr 1986:

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