Bad Lippspringe. Sie gehört zur Visitenkarte der Kur- und Badestadt wie die Burgruine, der Lippspringer Löwe oder neuerdings auch die Gartenschau. Vor 120 Jahren trat das Wasser der Liborius-Heilquelle ihren Siegeszug um fast die ganze Welt an. Ihr Besitzer Sylvester Hecker avancierte schließlich sogar zum päpstlichen Hoflieferanten.
Sylvester Hecker war ein weitsichtiger wie tatkräftiger Geschäftsmann. Unter seiner Leitung entwickelte sich das 1902 erschlossene Heilwasser der Liboriusquelle zu dem Exportschlager der Kur- und Badestadt. In kürzester Zeit baute Hecker ein komplexes Versandsystem auf, das bis nach England, Belgien, Italien, Nord- und Südamerika und schließlich auch in die einstigen Kolonien Afrikas reichte.
Der prominenteste Abonnent war zweifellos Papst Pius X. (1903 – 1914). Dem Heiligen Vater in Rom machte seinerzeit zunehmend eine schwere Stoffwechselerkrankung zu schaffen. Und die Menschen damals nahmen Anteil an seinem Schicksal. Da schlug die Stunde von Sylvester Hecker. Er gab sich überzeugt: Sein Heilwasser würde auch dem Papst in Rom helfen. Kurzentschlossen bat er den angesehenen Theologieprofessor Franz Heiner um Vermittlung. Der war zu jener Zeit Richter (Uditore) an der Sacra Romana Rota, dem päpstlichen Gericht für Berufungen in kirchlichen Prozessen.
Fürsprecher hatte Erfolg
Der gewichtige Fürsprecher hatte Erfolg. Im Frühjahr 1911, vor 110 Jahren also, traf die erste Sendung der Lippspringer Arznei in der ewigen Stadt ein. In einigen Quellen wird auch darüber berichtet, dass Sylvester Hecker und seine Ehefrau Maria Elisabeth im Sommer 1911 selbst eine Reise nach Rom unternahmen und dabei von Pius X. zu einer Privataudienz empfangen wurden. Der Besuch soll auf Vermittlung von Professor Heiner zustande gekommen sein.

Wochen und Monate vergingen. Die Badestadt, und hier vor allem Hecker, wartete auf eine Antwort. Am 27. August 1911 konnte Heiner die erfreuliche Mitteilung machen, das Liboriuswasser sei dem Papst „gut bekommen". Diesen persönlichen Erfolg wusste Hecker natürlich auch geschäftlich zu nutzen. Eine neue Anzeigenkampagne wurde quasi über Nacht gestartet: „Liborius-Heilquelle Lippspringe, die haltbarste aller Lippspringer Quellen, im Gebrauche Sr. Heiligkeit Papst Pius X." Und es sollte noch besser kommen: Wenig später avancierte Hecker sogar zum „päpstlichen Hoflieferanten". Das Liboriuswasser hatte seine bis dahin erste große Bewährungsprobe bestanden.
Den ersten und zweiten Weltkrieg sollte der Verkauf des Heilwassers insgesamt unbeschadet überstehen – wenn auch deutlich eingeschränkt. Das änderte sich Mitte der 1970er Jahre. Die inzwischen übermächtige Konkurrenz von Großanbietern auf dem Getränkemarkt zwang den Familienbetrieb schließlich 1976 zur Aufgabe.

1987 erwarb die Badestadt die Quelle mit allen Rechten und renovierte die Halle. Inzwischen ist mithilfe des Seniorenbeirats auch eine Bücherstube im Innenraum eingerichtet worden. Doch die Freude ist nicht ungetrübt: Es kommt immer wieder auch zu Fällen blinder Zerstörungswut in und an der Liborius-Trinkhalle, die dann monatelange Schließungen und aufwendige Reparaturen notwendig machen.
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