Bad Lippspringe. Die Diskussion um Windräder ist so alt wie ihre Erfindung beziehungsweise ihre breitflächige Installierung und wird auch im Kreis Paderborn oft hitzig geführt. Neben dem ästhetischen hat sich ein räumlicher wie gesundheitlicher Diskurs entwickelt. Einerseits geht es um die Entfernung zwischen Windrad und benachbartem Wohngebiet. Ab wann sind die Geräusche der Rotoren nicht mehr hörbar? Die einen sagen 600, die anderen 1.000 Meter. Endgültige Antworten stehen aus.
Ein anderes Themenfeld nimmt den von Windrädern verursachten Niedrigfrequenzton, den sogenannten Infraschall ins Visier. Ist der für das menschliche Ohr nicht hörbare Schall schädlich oder nicht? Antworten darauf gab es in Bad Lippspringe.
Im großen Saal des Prinzenpalais hielt Stephan Kaula einen Vortrag. Der pensionierte Hausarzt aus der Eifel sprach über die Auswirkung des Windradschalls auf die Gesundheit von Mensch und Tier. Die Problematik lockte rund 100 Menschen in den Arminiuspark, wo Kaula auf Einladung der Bürgerinitiative „Lärmstopp Eggevorland" seinen Vortrag hielt.
"Zu 99,7 Prozent besteht ein Zusammenhang"
Nach der Begrüßung durch die Vereinsvorsitzenden Heiner Brinkmann und Volker Tschischke hielt Stephan Kaula nicht lange hinterm Berg mit seiner Erkenntnis: Die überwiegende Anzahl gesundheitlicher Beeinträchtigungen von Mensch und Tier geht seiner Meinung nach von Windrädern aus. Kaulas Erfahrungen werden ihm zufolge von der Medizin gestützt. Demnach besteht laut klinischer Studien zu 99,7 Prozent ein kausaler Zusammenhang zwischen Windenergieanlagen und den typischen Krankheitsbildern, die in ihrer Nähe auftreten.
Den deutschen Behörden sind bis dato rund 190.000 durch Infraschall Erkrankte bekannt. Die meisten von ihnen, rund 80 Prozent, klagen über Schlafstörungen, die Konzentrationsschwäche und im schlimmsten Fall Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen kann. Weitere Symptome sind Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerz. Neben Beeinträchtigungen des menschlichen Biorhythmus sind bleibende Schäden an Gelenken, Herz und Lunge möglich. Mehrere Bürger aus dem Kreis Paderborn haben mittlerweile Klage beim Oberlandesgericht Hamm eingereicht.
Auch die Tierwelt ist betroffen
Auch die Tierwelt ist davon laut Stephan Kaula betroffen. Die Niedrigfrequenz treibe einige Tiere dazu, sich gegenseitig zu verletzen beziehungsweise zu töten. Ein von Infraschall betroffener Landwirt berichtet in einem Video von lethargischen Tieren, die „deutlich weniger agil sind als normal". Darüber hinaus sei die Fruchtbarkeit der Tiere beeinträchtigt: „Es kommt zu Fehl- und Totgeburten."
Im Gegensatz dazu stuft das Dessauer Bundesumweltamt den Infraschall als „hinzunehmende Belästigung" ein. Auch das bayrische Landesamt für Umwelt mit Sitz in Augsburg spielt dem Sachverhalt herunter: „Da die von Windenergieanlagen erzeugten Infraschallpegel in der Umgebung deutlich unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsgrenzen liegen, können nach heutigem Stand der Wissenschaft Windenergieanlagen beim Menschen keine schädlichen Infraschallwirkungen hervorrufen. Gesundheitliche Wirkungen von Infraschall sind erst bei Pegeln zu erwarten, die wahrnehmbar sind."