Alarm in der Mittagszeit
Elly Weberbauer (91) arbeitete als die Bomben fielen
Bad Oeynhausen. Trotz des Karfreitags wurde in der Weserhütte am 30. März 1945 gearbeitet. Auch Elly Weberbauer hatte Dienst. Die heute 91-Jährige war in der Arbeitsvorbereitung für den Bau von Panzerabwehrkanonen und der Flak 37 als der Alarm kam.
„Es war gerade Mittagszeit“, erinnert sie sich. Sofort seien alle Arbeiter losgestürzt. Zu den Fahrrädern oder zu den Bunkern. Doch der Angriff kam zu überraschend.
„Es gab ja häufig Fliegeralarm, aber nicht immer sind Bomben gefallen“, sagt Elly Weberbauer. Darum sei wohl auch dieses Mal niemand vom Angriff ausgegangen. Doch schon fielen die Bomben. „Wir sind nicht mehr rausgekommen“, sagt sie leise. An die Wand des in der Halle 3 liegenden Spitzbunkers (mit einem Durchmesser von zwei Metern) hätten sie sich gepresst.
Der erste Angriff dauerte nur kurze Zeit. „Als Ruhe war sind wir sofort raus aufs freie Feld.“ Glück für die damals 21-Jährige. Elly Weberbauer, geborene Beiner schaffte es heil nach Hause. „Meine Schwester arbeitete auch in der Hütte und wir sind sofort zurück zur Breedestraße gelaufen.“ Dort wartete die Mutter schon voller Angst auf ihre Töchter. „Inge aus der Nachbarschaft war auch bei uns. Deren Haus stand nur wenige Meter neben unserem. Und war zerbombt. Die Eltern tot.“ Eine Hiobsbotschaft für das junge Mädchen.
Die Bomben fielen aber nicht nur auf die Weserhütte, sondern auch in die Gegend des Südbahnhofes und auf die Oeynhauser Schweiz. Auf der Weserhütte brannten das Verwaltungsgebäude und die angrenzenden Hallen ab, andere wurden durch Sprengbomben weitgehend zerstört.
Nur die am Nordrand des Werkes gelegenen Fabrikationshallen erlitten lediglich Dach- und Fensterschäden.
Insgesamt, so steht es in der Chronik der Stadt, wurde Bad Oeynhausen von 60 bis 66 Bombern angeflogen. In der Oeynhauser Schweiz starben alle Hirsche durch den Luftdruck. Viele Tote wurden dort geborgen. Leute, die im Wald Schutz gesucht hatten. Im Bereich der Weserhütte wurden 192 Menschen getötet.
„Wir sind jedes Mal wenn es Fliegeralarm gab, raus und Richtung Werre gelaufen“, erzählt Elly Weberbauer, die eine Lehre als Verkäuferin bei Optik, Schmuck und Silberwaren Niemeyer machte, danach ein Haushaltspflichtjahr und den einjährigen Arbeitsdienst absolvierte. Ende 1943 begann sie dann ihren Job in der Weserhütte. Von der Werre aus verfolgte sie auch den Bombenangriff auf die Weserbrücke nur eine Woche vorher, am 23. März 1945.
Als einen Monat später die Engländer die Innenstadt einzäunten, hatte Ellys Familie Glück: Der Stacheldraht endete in der Rolandstraße. Nur wenige Meter vor dem Elternhaus der 91-Jährigen. „Unser Haus war voll. Wir hatten Verwandte aus dem Osten aufgenommen.“
Doch nicht nur das Haus an der Breedestraße, auch der Rest der nicht besetzten Stadtteile war überfüllt: „Die Flüchtlinge aus dem Osten und dem Ruhrgebiet plus die Evakuierten aus der eigenen Stadt sorgten für enge Verhältnisse.“ Das sei nicht immer einfach gewesen. „Das war nicht so luxuriös wie wir es heute haben.“