Bad Oeynhausen. Der erste von vier Trägern schwebt von der Rehmer Werreseite heran. Die 23 Tonnen Stahl des Trägers wirken am Haken des Autokrans wie ein Stück Leichtmetall. Millimeterarbeit mit tonnenschwerem Gerät. Alles hört in diesen Minuten auf die Anweisungen von Lotse Johann Burgsteiler – der Kranführer und die acht Bauarbeiter, die mit Hilfe von Seilen verhindern müssen, dass sich der Träger in der Luft dreht. Um 10.30 Uhr steckt der erste Stahlträger im Schloss – so heißt die Verbindungsstelle. Noch drei Träger müssen eingepasst werden, dann ist der Brückenschluss über die Werre perfekt.
"Diese vier Teile sind die letzten von 65 Einzelstücken, die die Stahlkonstruktion bilden", sagt Erling Thommelsen, Projektleiter Stahlbau der Firma MCE Stahl- und Montagebau aus dem österreichischen Linz.
2.200 Tonnen Stahl werden in der Brückenkonstruktion verbaut. "Zu sehen ist davon später nichts mehr", weiß Projektleiter Tobias Fischer von StraßenNRW.
Denn auf die Stahlkonstruktion werden die Fahrbahnplatten aufgebracht, die wiederum aus sechs Einzelteilen bestehen. 2.500 Tonnen Beton werden in den kommenden Woche dafür verarbeitet. Der sogenannte Schalwagen auf dem die Betonplatten gegossen werden, ist bereits aufgebaut. Bis Ende des Jahres sollen die ersten beiden Platten für die Fahrbahn fertig sein.
Jedes Teil ein Unikat
Etwa ein bis zwei Stunden brauchten die Bauarbeiter gestern pro Träger für den Einbau. "Wenn es finster wird müssen wir fertig sein", gab Thommelsen im weichen ostösterreichischen Dialekt den Zeitrahmen vor. Etwas Sorgen bereitete ihm gestern Morgen der für den Nachmittag angekündigte Wind. "Wenn der Wind etwa 80 Stundenkilometer erreicht schaltet der Kran automatisch ab." Doch es lief alles planmäßig ab."Jedes Stahlteil für diese Brücke ist ein Unikat", sagt Thommelsen. Die größten Teile sind bis zu sechs Meter breit und 100 Tonnen schwer. Und die werden dann auf der Baustelle an der Werre sogar mit zwei Autokränen bewegt. Knapp sechs Monate hat die Fertigung der Trägerteile in Ungarn und Tschechien gedauert.
Angeliefert wurden die Teile auf Schwertransportern, die nur nachts mit Polizeibegleitung fahren. "Der Brückenbau steht und fällt mit der Logistik", weiß Erling Thommelsen. "Wenn der Autokran morgens um sieben Uhr da ist, müssen auch die Schwertransporter da sein."
30 Mitarbeiter – Schweißer, Schlosser, Vermesser – sind bei den Brückenbauarbeiten allein für den Stahlbau zuständig. "Weit über 100 sind notwendig, um diese Brücke zu bauen", so Thommelsen. "25 Unternehmen sind an diesem Bau beteiligt, dazu kommen noch etwa die gleiche Anzahl an Zulieferern", fügt Tobias Fischer hinzu.
Fertig im Januar 2012
Die Stahlarbeiten am insgesamt 17 Millionen Euro teuren Brückenbauwerk Nr. 29 werden permanent überwacht. "Alle Schweißnähte werden mit Ultraschall überprüft", so Fischer.Während die ersten Bauarbeiter bereits gestern über die Träger der Brücke liefen, werden Baustellenbesucher noch bis zum Sommer warten müssen. Komplett fertig sein soll die Werrebrücke, die den Lückenschluss der A 30 an die Autobahnanschlussstelle Rehme zur A 2 andockt, im Januar 2012.
"Man sieht wie sich das ganze Bauwerk entwickelt und die Nordumgehung immer realer wird", sagte Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann gestern beim Brückenschluss.