Vor 10 Jahren: Ortsteil aus dem Lübbecker Land versinkt in Wassermassen

Stemwede/Lübbecke/Espelkamp/Pr. Oldendorf. Es war ein Wochenende im Sommer, auf das sich viele Menschen gefreut hatten. In Lübbecke wurde das Bierbrunnenfest gefeiert. In Levern rüsteten die Schützen für das letzte Königsschießen der Saison im Schützenkreis Lübbecke. In Lübbecke wurde gefeiert. Viele Menschen aus Lübbecke und umzu waren am Sonntag, 16. August, beim Tag des Bierbrunnens auf den Beinen. Es blieb nicht ganz trocken, vom zeitweise leichten Regen sollen die Geschäfte profitiert haben. Während in Lübbecke das Bier in Strömen floss, hatte der Himmel knapp 20 Kilometer weiter nordwestlich seine Schleusen geöffnet. Unaufhörlich ergossen sich die Regenmassen über Levern. Am Ende des Tages kämpften 400 Helfer in Levern gegen die Folgen eines punktuellen Unwetters. Zehn Jahre ist es nun her, als für manche Menschen in Levern schon so etwas wie Untergangs-Stimmung herrschte. Sonntag, 16. August 2015: Die Mitglieder des Schützenvereins Levern freuten sich auf ihr Königsschießen. Am Morgen jenes Tages deutete nichts darauf hin, dass das im Wasser versinken sollte. Es war kein sommerlich-warmes Wochenende. Schon am Freitag nicht. Über dem Stiftsort gab es ein Gewitter, an einer privaten Wetterstation wurden 60 Liter Regen gemessen. Am Nachmittag fing es an &bdquo;zu gießen“. Wer in Lübbecke losfuhr, der startete bei einem nicht sonderlich großen &bdquo;Getröpfel“. In Fiestel säumten schon größere Pfützen die Straßen. Je näher man nach Levern kam, desto schlimmer wurde es. Am Nachmittag stand das Wasser auf der Leverner Straße, der am Wochenende vor allem auch von Dümmer-Ausflüglern stark befahrenen Ortsdurchfahrt. Nicht jedes Auto schaffte es durch die Wassermassen. Das eine oder andere blieb liegen. Diejenigen, die durch die Wassermassen fuhren, sorgten für große Fontänen. Aktuelles zum Wetter: Fegte ein Tornado über Minden-Lübbecke? Anwohner macht spektakuläre Videoaufnahme Strömender Regen statt strömendem Bier Das Königsschießen für die Leverner Schützen fiel ins Wasser, nicht ein Schuss wurde abgegeben. Wegen der starken Regenfälle strömte Wasser in die Schützenhalle und in die Festhalle. Die Halle &bdquo;soff“ komplett ab, auch die Grundschule war stark beeinträchtigt. Selbst die Treppen auf dem Kirchplatz, dem am höchsten gelegenen Punkt in Levern, glichen kleinen Wasserfällen. Durch die starken Regenfälle – der Leverner Wolfgang Luderer hatte an jenem Tag an seiner Wetterstation allein binnen drei Stunden fast 150 Liter Regen gemessen – drangen die Wassermassen in viele Häuser ein. Wasser tropfte oder floss durch Dachfenster, Nachbarn halfen sich mit Eimern. Für das Dach der Kommissionierhalle des Feinkost-Importeurs Rila war das alles zu viel. Ein Teil des Daches stürzte unter den Wassermassen ein. Der Lübbecker Meteorologe Friedrich Föst sprach unmittelbar nach dem punktuellen Unwetter von einem &bdquo;außergewöhnlichen Ereignis“. Binnen fünf Tagen kamen über Levern rund 250 Liter Regen zusammen. Mehr als das Dreifache der Menge, die sonst für den August üblich war. Das hatte Folgen. Der Wasserstand stieg und stieg. Das Abschalten der Stromversorgung wurde erwogen, da das Wasser den Verteilerkästen bedrohlich nahe kam. &bdquo;Da kommt was auf euch zu“ Der damalige Stemweder Bürgermeister Gerd Rybak und sein Kollege Jörg Bartel waren vor Ort und besprachen mit der Feuerwehr das weitere Vorgehen. Die Großschadenslage für Levern wurde ausgerufen. Der damalige Stemweder Feuerwehrchef Joachim Lübke war zu der Zeit auf dem Rückweg von den Landesmeisterschaften der NRW-Jugendfeuerwehren in Kleve. Zeit, den Sieg der Stemweder zu feiern, hatte die Wehr nicht. In Höhe Dortmund habe ihn die Leitstelle in Minden angerufen, sagte Lübke damals. &bdquo;Da kommt was auf euch zu.“ So war es. Wegen der Großschadenslage forderte die Stemweder Wehr Hilfe an – und die kam nicht nur aus den anderen Stemweder Ortschaften, sondern auch von den Feuerwehren aus Lübbecke, Espelkamp und Rahden. Auch das Technische Hilfswerk rückte an. Am Abend waren rund 400 Helfer im Einsatz. Allein am Sonntagabend und in der Nacht zu Montag gab es 120 Einsätze. Am Montag folgten während des Tages weitere. &bdquo;So eine Lage hat es in Stemwede noch nie gegeben“, merkte Lübke damals an. Besonders hatte es an jenem Tag das Unternehmen Rila-Feinkost-Importe getroffen. Nicht nur in der Kommissionierhalle brach ein Teil des Daches ein. In das vollautomatische Hochregallager drang ebenfalls Wasser ein. Die Wehr pumpte es ab, von einer Drehleiter aus per Pumpe auch vom Hallendach. Im Hochregallager sei die Hilfe von zwei Lübbecker Zügen gerade noch rechtzeitig gekommen, sagte an jenem Abend Rila-Seniorchef Helmut Richter. Aktueller Unwetter-Text: Hallendach eingestürzt - medizinisches Equipment beschädigt Kajak-Fahrt auf dem Radweg In Stemwedes Nachbarstadt Espelkamp war am 16. August 2015 vor allem die Ortschaft Fiestel betroffen. Die Wehr pumpte zahlreiche Keller aus und schützte wie auch in Levern Hauseingänge mit Sandsäcken. Die Feuerwehr in Pr. Oldendorf verzeichnete 14 Unwettereinsätze. In allen Fällen mussten Keller leergepumpt werden. Betroffen waren vor allem die Ortsteile am Mittellandkanal. In den Tagen danach begann das große Aufräumen. Um den betroffenen Bürgern zu helfen, hatte die Gemeinde eine Sonder-Sperrmüllannahme auf dem Bauhof angeboten. Viel kam zusammen: Polstermöbel, Teppiche, Schränke. Bei Rila stand die Auslieferung von Waren an die Kunden still. Erst am 24. August lief die Technik wieder, die Auslieferung konnte wieder aufgenommen werden. Manche Menschen entdeckten aber auch eine ganz andere Möglichkeit, die das Regenunwetter zumindest zeitweise geschaffen hatte: Auf überschwemmten Wiesen im Leverner Süden waren Surfer unterwegs, auf dem Radweg an der Schröttinghauser Straße Kajak-Fahrer. Für die Rettungskräfte war das ein bis dato nie da gewesener Einsatz. Rund zehn Monate später aber, da zog das nächste Unwetter über den Norden des Lübbecker Landes. Mit schwerem Hagel, Sturm und es soll sogar einen Tornado gegeben haben.

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