Eine der letzten Fleischereien: Stemweder arbeitet seit 50 Jahren im selben Betrieb

Stemwede. Wer heute eine Ausbildung beginnt, hält dem Lehrbetrieb anschließend nicht immer lange die Treue. Und ein Lehrbeginn mit 14 Jahren? Das ist heute auch eher unüblich. Nicht so bei Karl-Heinz Spreen aus Sundern. Der gelernte Fleischer tritt nun in den Ruhestand: Seinem Lehrbetrieb hat er 50 Jahre die Treue gehalten und in dieser Zeit auch dem Chef das Handwerk beigebracht. Fast 50 Jahre in ein und demselben Betrieb – das hat heute Seltenheitswert. Die Leverner Fleischerei Ruwe ist ein Betrieb mit Tradition. Vor fünf Jahren wurde das 150-jährige Jubiläum gefeiert. Neben der Fleischerei Detert in Dielingen zählt Ruwe zu den beiden letzten verbliebenen Fleischereien im Lübbecker Land, die noch selbst schlachten. Wie früher kommen auch heute die Tiere von Landwirten aus der näheren Umgebung. Weil Ruwe ein kleiner Betrieb sei, hätten die Tiere anders als in einem großen Schlachthof keinen Stress und das sei wichtig für die Qualität des Fleisches, merkt Karl-Heinz Spreen an. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Wie der 14-Jährige zu seiner Lehre kam Dass örtliche Landwirte Tiere zu Ruwe bringen, das war schon so, als Spreen am 1. August 1973 seine Lehre in der Leverner Fleischerei antrat. Lehrherr des damals 14-jährigen Sunderners war Heinrich Ruwe. Er sei ein junger Azubi gewesen, blickt Spreen zurück. Das habe auch daran gelegen, dass damals mal zwei Schuljahre in einem zusammengefasst wurden. Die Lehre habe sich durch seinen Bruder Wilfried ergeben, der bei Ruwe gelernt habe. &bdquo;Ich habe mal in einer Tischlerei ausgeholfen, um mir etwas Geld zu verdienen“, erinnert sich Karl-Heinz Spreen. &bdquo;Aber das hielt ich wegen des Lärms nicht aus.“ So führte der Weg des damals 14-Jährigen nach Levern. &bdquo;Ein Spreen hatte ausgelernt, der nächste Spreen kam.“ Es habe sich eine Liebe zu dem Beruf entwickelt und er habe alle Arbeiten von A bis Z kennengelernt. Dabei stand ihm auch Heinrich Höfelmeyer zur Seite. Der war Knecht bei Ruwe, als es hier noch den Viehhandel gab. Der Viehhandel lief irgendwann aus, in der Fleischerei war zunehmend zu tun. Jeder gibt sein Wissen weiter Höfelmeyer eignete sich das Fleischer-Handwerk an und gab sein Wissen weiter. Spreen: &bdquo;In einem kleinen Betrieb lernt jeder jeden an. Das Klima war immer sehr gut.“ &bdquo;Bei uns geht es immer ruhig zu. Es gibt keine Hektik, auch wenn ein Arbeitstag mal länger dauert“, ergänzt Firmenchef Heinz-Dieter Ruwe. Manches aus der Lehrzeit ist Karl-Heinz Spreen bis heute in Erinnerung geblieben. &bdquo;Ich musste jeden Tag mit dem Rollwagen zur Post.“ Jeden Tag wurden bis zu 20 Pakete mit Schinken und Wurst versandt. Das sei damals gefragt gewesen. Vor Weihnachten seien es am Tag auch mal bis zu 80 Pakete gewesen. Schinken aus Levern wurde damals sogar an ein Hotel nach Bad Reichenhall verschickt. Das Versandgeschäft gebe es mittlerweile nicht mehr, merkt Heinz-Dieter Ruwe an. Der große Sonntagsbraten ist passé Karl-Heinz Spreen war 15, als er seinen ersten Bullen schlachtete. Sein Bruder war verstorben und an dem Tag sei sonst niemand im Betrieb gewesen. Notgedrungen habe er das dann übernommen, erinnert sich Spreen. So etwas mit 15 Jahren zu übernehmen, das gebe es heute nicht mehr, ergänzt Heinz-Dieter Ruwe. Heute brauche man einen Sachkundenachweis zum Betäuben von Tieren. Die entsprechende Schulung übernahmen Mitarbeiter des Veterinäramtes damals im Betrieb, heute muss eine dreitägige Schulung besucht werden. Was sich in den 50 Jahren veränderte? &bdquo;Das Kaufverhalten“, antwortet Spreen prompt. &bdquo;Früher gab es den großen Sonntagsbraten, ungewürzt. Heute muss Fleisch fix und fertig angeboten werden.“ Früher seien ganze Schinken verkauft worden, heute gehe es scheibchenweise. Früher hätten die Kunden gleich einen Schwung Dauerwürste gekauft. Damals seien die Familien aber auch größer gewesen. &bdquo;Eine Wurst war nichts, die war schnell weg.“ Heute seien die Haushalte kleiner und es würden nicht mehr die großen Mengen gekauft. Wie viele Würste der Sunderner Karl-Heinz Spreen in den fast 50 Jahren gefüllt hat? Heinz-Dieter Ruwe rechnet überschlägig nach. &bdquo;Das geht in die Millionen.“ Bekannt als der "Mann am Grill" Schlachten, zerlegen, Wurst machen: Er habe alles gemacht, sagt Spreen. Eine Ausnahme gibt es doch: An der Ladentheke war er nie zu finden. Bei Märkten oder Schützenfesten in Levern half Spreen dem Betrieb natürlich auch an den Wochenenden und stand in der Wurstbude. &bdquo;Ich war der Mann am Grill.“ Auf die Stunde hätte man nicht gucken dürfen. &bdquo;In der Fleischerei ist es so: Du hast Feierabend, wenn die Bude sauber ist.“ Auch im beginnenden Ruhestand ist der Fleischergeselle Spreen seinem Betrieb verbunden. Zahlreiche Lehrlinge hat er als Geselle ausgebildet. Einer von ihnen war auch der heutige Firmenchef Heinz-Dieter Ruwe. Ob er sich heute noch einmal für diesen Beruf entscheiden würde? Spreen: &bdquo;Stünde ich heute wieder vor der Berufswahl, würde ich es mit der Erfahrung von heute wieder machen.“

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