Schließung des Rahdener Krankenhauses: Medizinisch-stationäre Versorgung „sehr kritisch“

Rahden. Die Krankenhaus-Landschaft in der Region steht vor einem Umbruch, Häuser werden geschlossen. Auch das Rahdener Krankenhaus soll zum Jahreswechsel geschlossen werden. Ob Menschen im Nordkreis nun zu Patienten zweiter Klasse werden, dazu äußert sich im Interview Rahdens Bürgermeister Bert Honsel. Er nimmt auch Stellung zu Gerüchten beim Windrad-Projekt und äußert sich zur Kandidatensuche der CDU Rahden für die nächste Bürgermeisterwahl. Herr Honsel, die Krankenhäuser Rahden und Ostercappeln schließen, es gibt Ärztemangel. Muss man im Nordkreis bald froh sein, einen Tierarzt in der Nähe zu haben? BERT HONSEL: Ich glaube, dass wir in Zukunft zumindest noch genügend praktizierende Allgemeinmediziner und den einen oder anderen Facharzt hier in Rahden behalten und haben werden. Die medizinisch-stationäre Versorgung bleibt unter den jetzigen Bedingungen, nämlich dem Willen der Verantwortlichen der MKK als Träger des Krankenhauses und des NRW-Gesundheitsministeriums, leider weiterhin sehr kritisch für den Nordkreis. Vor zehn Jahren wurde das Krankenhaus Rahden noch hoch gelobt. Wie enttäuschend ist die Entscheidung des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf gegen den Krankenhaus-Standort Rahden? Vor dem Hintergrund der Aussagen des Gesundheitsministers Herrn Laumann vor nicht so vielen Jahren, nämlich dass das Krankenhaus Rahden zwingend notwendiger Bestandteil der medizinischen Versorgung im gesamten Kreis Minden-Lübbecke ist, war natürlich die Aussage, dass das Krankenhaus Rahden ab dem 1. Januar 2025 aus dem Krankenhaus-Plan NRW verschwindet, sehr ernüchternd. Mehr zum Hintergrund: MKK und Kreis nennen Gründe für die Schließung des Rahdener Krankenhauses Vor zehn Jahren war Rahden als Teleportalklinik noch beispielhaft für die medizinisch-stationäre Versorgung im ländlichen Raum. Heute soll es überflüssig sein. Das stärkt doch nicht gerade die Glaubwürdigkeit der Politik in NRW, oder? Mich irritiert dabei insbesondere, dass das Land NRW in seinem erst im Jahr 2022 erneuerten Krankenhaus-Plan die zwingende Einhaltung der 90/20-Regelung mehrfach betont hat. 90 Prozent der Bevölkerung müssen binnen 20 Minuten Fahrzeit ein Krankenhaus der Grundversorgung selbst erreichen können. Diese Frist wird bei einer Schließung des Krankenhauses Rahden nicht mehr eingehalten werden können. Dann nämlich ist nur noch für 81 Prozent der Menschen im Kreisgebiet ein Krankenhaus in 20 Minuten Fahrzeit erreichbar. Genau um die Einhaltung dieser 90/20-Regelung wird es auch zeitnah in der Kommunikation mit den MKK und dem Ministerium in Düsseldorf gehen. Das heißt, die Stadt Rahden will anders als Kreis und MKK die Entscheidung des Ministeriums nicht hinnehmen? Das ist zumindest das erklärte Ziel von drei Ratsfraktionen und mir. Es wird also eine Stellungnahme der Stadt Rahden geben? Es hat ja schon eine Stellungnahme der Stadt Rahden gegenüber den MKK und Minister Laumann gegeben. Leider waren beide Antworten negativ. Ich habe daraufhin den für die Stadt seit geraumer Zeit tätigen Rechtsanwalt Professor Michael Quaas aus Stuttgart beauftragt, die MKK aufzufordern, gegenüber dem Land eine positive Stellungnahme zum Erhalt des Krankenhauses Rahden abzugeben. Das aber haben die MKK doch nicht vor, oder? Das befürchte ich auch. Dementsprechend könnte es sein, dass ich unseren Fachanwalt bevollmächtigen muss, Rechte und Ansprüche der Stadt Rahden im Kontext mit der Schließung des Krankenhauses Rahden gerichtlich durchzusetzen. Dafür benötige ich allerdings die Zustimmung des Rates der Stadt Rahden und die habe ich bekommen. Wann wird der Rat der Stadt die MKK auffordern, den Zuschuss Rahdens für den Umbau des Krankenhauses Rahden zurückzuzahlen? Das wird mit unserem Rechtsanwalt zu gegebener Zeit entschieden. Die Bedingung für den Zuschuss von einer Million war, dass das Haus mindestens 25 Jahre lang als Haus der Grundversorgung betrieben werden muss. Das wäre das Jahr 2039, aber daraus wird nichts. Also muss doch zurückgefordert werden? Davon gehe ich aus. Wie ist derzeit der Kontakt zwischen Ihnen und Klaus Peitzmeier, dem Sprecher der Krankenhaus-Bürgerinitiative? Wir halten den Kontakt und tauschen uns in unregelmäßigen Abständen aus. Wegen der Schließung des Krankenhauses Ostercappeln rücken die Bürgermeister der betroffenen Kommunen eng zusammen und beziehen deutlich Stellung. Warum ist das bezogen auf Rahden bei den drei Nordkreis-Bürgermeistern nicht so? Ich bin natürlich mit allen Bürgermeistern aus dem Altkreis Lübbecke im Gespräch wegen der gegenwärtigen und der zukünftigen Krankenhaus-Landschaft im Altkreis Lübbecke. Es ist auch nicht unbekannt, dass der eine oder andere Bürgermeister aus dem Altkreis primär auf ein neues Krankenhaus in Espelkamp setzt. Und in der Übergangszeit bis zur Eröffnung eines möglichen Neubaus in Espelkamp ist der südliche Teil des Altkreises Lübbecke über das weiterhin bestehende Krankenhaus Lübbecke versorgt. Mehr Infos: MKK sichern sich umstrittenen Standort für Krankenhaus-Neubau in Espelkamp Darum ist der Kampf um den Erhalt des Krankenhauses Lübbecke anders als vor sechs Jahren, weil zum damaligen Zeitpunkt auch das Krankenhaus Lübbecke stark in seinem Angebot eingeschränkt worden wäre. Werden die Menschen im Nordkreis ab dem 1. Januar 2025 bei der stationär-medizinischen Versorgung Patienten zweiter Klasse? Vor dem Hintergrund der nicht eingehaltenen 90/20-Regelung ja. Rahden verliert sein Krankenhaus. Was folgt angesichts der finanziellen Lage als nächstes? Der Museumshof oder der Bäderbetrieb? Ich hoffe weder das eine noch das andere. Beides sind wichtige Mosaiksteine des Gesamtangebotes der Stadt Rahden für ihre Bevölkerung und umzu. Insbesondere liegt mir auch sehr viel daran, dass unsere Kinder in Rahden in unserem Hallen- und Freibad schwimmen lernen können. Wie will die Stadt in der nächsten Zeit angesichts leerer Kassen über die Runden kommen? Das muss sicher über einen Konsolidierungs-Haushalt erfolgen. Insoweit müssen auf der einen Seite Einsparungen erfolgen. Auf der anderen Seite müssen die Einnahmen erhöht werden. Das wird aller Voraussicht nach nicht ohne eine weitere Erhöhung der Grundsteuern und der Gewerbesteuer gehen. Wie nehmen Sie die Debatte um das RWP-Windradprojekt wahr? Ich verstehe die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, deren Privathäuser und Grundstücke möglicherweise in der Nähe von Windrädern liegen. Ich kann auch nachvollziehen, dass sich ein Protest der möglicherweise betroffenen Grundstückseigentümer formiert. Mehr Infos: Geteilte Meinungen wegen neuer Windräder für Rahden Verärgert bin ich allerdings über einzelne Äußerungen dahingehend, dass insbesondere die Mehrheitsfraktion und auch ich als Bürgermeister das Projekt der RWP in rechtswidriger Weise protegieren. Der kürzlich bei der Stadt eingereichte Antrag der RWP auf Positiv-Planung wird nach Recht und Gesetz und den bestehenden Verfahrensvorschriften in Gang gesetzt und zu gegebener Zeit in öffentlichen Sitzungen des Rates und seiner Gremien zur Entscheidung vorgelegt. Sind Gerüchte zutreffend, dass sowohl die Stadt Rahden als auch Sie persönlich mit Grundstücken betroffen sind? (Lacht). Mit meinem bescheidenen kleinen Grundstück habe ich keinerlei Aktien bei diesem Projekt. Im Ernst: Sollte jemand unter Zeugen wagen zu behaupten, ich würde Kapital schlagen wollen aus meiner Tätigkeit bei der Stadt Rahden und damit gegen Strafrechtsvorschriften verstoßen, werde ich postwendend wegen Verleumdung Anzeige erstatten. Städtische Grundstücke wiederum könnten von dem Projekt betroffen sein. Deswegen wird auch der Rat zu entscheiden haben. Das Fachgeschäft EP Hauke wird nicht das letzte Geschäft sein, das in Rahden schloss. Wie groß sind Ihre Sorgen um die Rahdener Innenstadt und deren Geschäfte? Das macht mir natürlich sehr viel Sorgen. Da hilft es auch nichts, dass diese Entwicklungen bundesweit in quasi allen Städten ablaufen. Hat die Stadt angesichts ihrer prekären Kassenlage hier überhaupt Möglichkeiten, für eine lebendige Innenstadt mit Einzelhandel zu sorgen? In der Tat ist die prekäre Haushaltslage der Stadt Rahden nicht gerade die beste Voraussetzung, um dem entgegenzuwirken. Ich versuche aber zusammen mit unserer Wirtschaftsförderin und unserer Tourismus- und Marketingbeauftragten, mit kleinen Schritten das bestmögliche herauszuschlagen. Lesen Sie auch: Wandel in Rahden - Neue Wege gegen den Leerstand in der Innenstadt Nach den Sommerferien kommen die Parteien wegen der Kommunalwahl 2025 auf Touren. Sie treten ja nicht mehr als Bürgermeister an und in den Reihen der CDU werden schon Namen von möglichen Kandidaten gehandelt. Sind das aus Ihrer Sicht gute Bewerber? Ich werde mich weder abstrakt noch konkret zu dem Profil von Bürgermeister-Kandidaten in der Öffentlichkeit äußern. Das hängt auch damit zusammen, dass ich bei der Kommunalwahl 2025 – da ich selbst nicht wieder antrete – kommunaler Wahlleiter bin und zur Neutralität verpflichtet bin. Im Übrigen bin ich auch nicht in irgendeiner Findungskommission einer Partei. Die Kandidatensuche für das Bürgermeisteramt findet also ohne mich statt. Die CDU nutzt also nicht die Erfahrung des von ihr gestellten Bürgermeisters? Die Mitglieder der CDU-Findungskommission sind erwachsen und geschäftsfähig.

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