Körperverletzung

Angeklagter Espelkamper erscheint betrunken vor Gericht: Verhandlung vertagt

Die Verhandlung wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht Rahden muss vertagt werden. Der Angeklagte soll wegen seiner Suchtprobleme einen Pflichtverteidiger bekommen.

Am Tag der Verhandlung hatte der Angeklagte bereits Alkohol getrunken. | © dpa

Sonja Rohlfing
19.07.2024 | 20.07.2024, 16:20

Rahden. In Deutschland gibt es genaue Regeln, wie ein Verfahren ablaufen muss, bevor jemand wegen einer Straftat verurteilt werden kann. Ein Recht auf ein faires Verfahren gehört zu den wesentlichen Grundsätzen. Und da hatte der Richter Bastian Janotta im Rahdener Amtsgericht jetzt Bedenken.

Denn falls ein Beschuldigter nicht ausreichend in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, steht ihm ein Pflichtverteidiger zu. Ein Rechtsanwalt war jedoch nicht dabei. Die Staatsanwältin warf dem 33-Jährigen vor, im August 2023 in Stemwede im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit vorsätzlich einen anderen Menschen verletzt zu haben.

Der Angeklagte soll in den frühen Morgenstunden unter erheblichem Alkoholeinfluss vom Geschädigten verlangt haben, nach Stemshorn zu fahren, um Alkohol zu kaufen. Als der Mann nicht darauf eingegangen sei, habe der Angeklagte auf ihn eingeschlagen. Kurze Zeit später habe der Angeklagte denselben Mann erneut nach Alkohol gefragt. Dann habe er ihn bezichtigt, Alkohol gestohlen zu haben und wieder auf den Mann eingeschlagen, führte die Staatsanwältin weiter aus. Als der Mann auf dem Boden gelegen habe, habe der Angeklagte barfuß auf ihn eingetreten. Der Mann habe Prellungen im gesamten Gesicht und an der Brust erlitten.

33-Jähriger soll um drei Promille Alkohol im Blut gehabt haben

„Ich war unter Alkoholeinfluss. Ich kann nicht mehr erinnern. Bevor ich was Falsches sage, möchte ich gar nichts sagen“, erklärte der 33-Jährige. Es sei ein Wert festgestellt worden, der sich um drei Promille gedreht habe, sagte Richter Bastian Janotta. „Das kriegt man nur mit erheblicher Trinkgewöhnung hin“, unterstrich der Richter. „Alkoholkonsum zieht sich hier ein bisschen durch. Sie haben im Vernehmungsprotokoll angegeben, dass Sie jeden Abend Alkohol trinken.“

„Ich war in der Entgiftung, kriege es aber nicht hin, trocken zu bleiben“, gestand der Angeklagte. „Ich bemühe mich jetzt um eine stationäre Entwöhnung.“ Angefangen Alkohol zu trinken habe er, als er in die Wohnung in Stemwede gezogen sei. Die anderen im Haus hätten auch täglich Alkohol getrunken. „Ich hatte vorher ein Drogenproblem“, erklärte der gebürtige Castrop-Rauxeler. „Es hat sich bei mir eine Suchtverlagerung ergeben. Ich will da raus. Deswegen wohne ich auch nicht mehr dort“, sagte der 33-Jährige. Er lebe jetzt in Espelkamp in einem ambulant betreuten Wohnen.

Die lebenserhaltenden Dinge und auch Mietzahlungen kriege sein Klient gut selbst hin, erläuterte der Betreuer der Wohngruppe. „Aufgrund der Sucht treten aber Alltagsprobleme auf wie Konflikte mit Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen, Vergessen von Terminen oder Ähnliches“, erklärte der Betreuer. „Wir sind intensiv dabei, ihm Möglichkeiten anzubieten aus der Suchtproblematik herauszukommen.“

Alkoholisiert zur Verhandlung

Der 33-Jährige räumte ein: Den letzten Alkohol habe er am Morgen getrunken. „Zwei Gläser Wodka gemischt mit Limonade.“ Richter Bastian Janotta hatte erhebliche Bedenken, unter diesen Umständen zu verhandeln.

„Sucht ist unter Umständen ein Grund, Ihnen einen Pflichtverteidiger zur Seite zu stellen, vor allem wenn Sie heute auch schon getrunken haben. Auch wenn Sie fit wirken.“ Es falle ihm aber schwer, der Verhandlung zu folgen, erklärte der Angeklagte. Richter Janotta entschied: „Ich werde den von Ihnen vorgeschlagenen Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellen und einen neuen Termin festlegen.“