Raumnot am Gymnasium Rahden:„Im Sinn der Schüler entscheiden“

Rahden. Gymnasien in Nordrhein-Westfalen kehren zurück zum Abitur nach 13 Schuljahren – weg von G8 zurück zu G9. Das Rahdener Gymnasium braucht dafür zusätzliche Räume und verweist auf künftig deutlich mehr Unterricht je Schüler und Woche. Wo aber diese zusätzlichen Räume entstehen sollen, das ist in Rahden umstritten. Das Gymnasium setzt auf einen Anbau, die Stadtverwaltung auf die Nutzung der früheren Realschule. Die wird Mitte nächsten Jahres nach dem Auszug der Sekundarschule leer stehen. Warum sie die Planungen der Stadtverwaltung ablehnt, das macht die Schulleitung des Gymnasiums im Gespräch mit nw.de deutlich. Beraten wird in Rahden über drei Varianten, Platz für G9 am Gymnasium zu schaffen. Favorit der Schule ist die so genannte große Anbauvariante. Dabei würden an der Ostseite des Südflügels neue Räume angebaut, das Gymnasium erhielte weitere 1.020 Quadratmeter Fläche. Es geht um Erhalt der Standards Bei dieser Variante seien kaum Umbauten im Bestandsgebäude notwendig, sagen Schulleiter Matthias Haverkamp, Erprobungsstufen-Leiterin Christine Hörnschemeyer, Oberstufen-Koordinator Rainer Schnittger und Volker Schmidt, Vorsitzender des Lehrerrates. Die große Umbau-Variante sei schon ein Kompromiss. Mit der aber gelinge es, den Status Quo und die Standards der Schule zu erhalten – inklusive der Angebote und Leistungen von Schülern für Schüler. Die zweite Variante ist der so genannte kleine Anbau mit Nutzung einiger Realschul-Räume. Dabei erhielte das Gymnasium einen kleinen Anbau mit 440 Quadratmetern Fläche, die sich an die Ostwand des Südflügels anschließen. Zusätzlich würden Räume in der alten Realschule genutzt. Aus Sicht des Kollegiums um Matthias Haverkamp ist diese Variante nicht ideal, aber der kleinste gemeinsame Nenner. &bdquo;Damit wären der Status Quo und das pädagogische Konzept gehalten“, sagt Haverkamp. Was das neue G9 vom früheren G9 unterscheidet Über diese Varianten, mit denen sich auch das Beratungsbüro Lexis, Garbe & von Berlepsch befasst hatte, haben nach Angaben Haverkamps Schule und Stadtverwaltung gesprochen und sie gemeinsam entwickelt. Von den nun für den Schulausschuss vorgelegten Varianten &bdquo;Basic“ und &bdquo;Basic plus“ seien sie überrascht worden, betonten Haverkamp, Hörnschemeyer, Schmidt und Schnittger. Diese Varianten seien allein von der Stadtverwaltung entwickelt worden, ohne Absprache mit dem Gymnasium. Mit &bdquo;Basic“ und &bdquo;Basic plus“ aber ließen sich die Standards und das pädagogische Konzept des Gymnasiums nicht halten, machte das Team aus dem Kollegium gegenüber der Redaktion deutlich. &bdquo;Neue Bedarfe für neue Räume“ Es handele sich schließlich nicht um eine Rückkehr zum alten G9, merkt Schnittger an. In den Sekundarstufen I und II gebe es neue Fächer, neue Prüfungsformen und neue Prüfungsvorschriften. Zudem sei die Stundenzahl in der Sekundarstufe II (Sek II) künftig höher als früher. Beim alten G9 habe es in der Sek II früher 24 bis 28 Stunden Unterricht je Schüler und Woche gegeben, ergänzt Schmidt. &bdquo;Seit G8 haben wir 34 bis 36 Wochenstunden.“ Es sei beschlossen, dass diese Zahl ab dem Jahr 2027 auf 37 bis 39 Wochenstunden steigen werde. &bdquo;Das ist Fakt, das ist Tatsache.“ Matthias Haverkamp erinnert an den veränderten Raumbedarf, der mit G9 verbunden ist. In der Oberstufe brauche jede Jahrgangsstufe einen eigenen Aufenthaltsraum. Einen Aufenthaltsraum brauche man auch für die Sek I, wenn die Schülerinnen und Schüler in der Schule blieben, um Angebote am Nachmittag zu nutzen. Haverkamp: &bdquo;Es gibt ganz viele neue Bedarfe, für die man Räume braucht.“ &bdquo;Da müssen wir mehr bieten als Deutsch, Mathe, Englisch“ Ein Dilemma sowohl für die Stadt als auch die Schule sei, dass es in NRW zwar Empfehlungen für die Ausstattung oder die Räume gebe, aber keine verbindlichen gesetzlichen Vorgaben. Mangels exakter Vorgaben durch das Land wisse auch die Stadt nicht, was die Schule brauche. Das lasse sich von außen nicht unbedingt erkennen. Das alles sei mit &bdquo;Basic“ und &bdquo;Basic plus“ nicht möglich. Beide Varianten wären aus Sicht von Haverkamp, Hörnschemeyer, Schmidt und Schnittger auch mit erheblichen Baumaßnahmen im Bestandsgebäude verbunden. Und hier seien die Klassenräume schon jetzt zu klein. Das Team aus dem Kollegium verweist darauf, dass bei Umsetzung der Varianten &bdquo;Basic“ oder &bdquo;Basic plus“ die Wege für die Schüler und Pädagogen weiter würden. Haverkamp spricht von bis zu 300 Metern, sollte die Realschule genutzt werden. Was gegen die &bdquo;Basics“ spricht Die beiden von der Stadtverwaltung vorgelegten Varianten würden auch die Aufsicht erschweren. Büros müssten zum Teil mehrfach genutzt werden und das gehe nicht. Das Schulbuchlager wäre deutlich zu klein, Besprechungsräume nicht praktikabel, Lehrmittelräume würden fehlen, einige Kursräume im Realschulgebäude wären viel zu klein, Differenzierungsräume wären zu weit weg von den Klassenräumen, wegen der Umwandlung von Klausur- zu Klassenräumen fehlten Klausräume, ein Ausweichen in die Aula beeinträchtige die dortigen Angebote, es gebe in der früheren Realschule keinen Aufenthaltsraum für Lehrkräfte, die Logistik werde aufwändig und das alles beeinflusse den Stundenplan, so Haverkamp. &bdquo;Schule ist wie eine Familie“ Bei Umsetzung der Varianten &bdquo;Basic“ oder &bdquo;Basic plus“ würden laut Gymnasium die Standards nicht halten lassen. Herausragende Angebote wie Robotik oder künstlerische Angebote würden entfallen, ebenso die wichtigen Angebote von Schülern für Schüler, so Haverkamp, Schmidt, Schnittger und Hörneschemeyer. Die Jahrgänge würden wieder auseinandergerissen und das bringe Unruhe ins Schulleben. Jeder Schüler verbringe einen großen Teil seiner Schulzeit im Gebäude oder auf dem Schulgelände, so Haverkamp. &bdquo;Da müssen wir mehr bieten als Deutsch, Mathe, Englisch.“ Schule sei für viele wie eine Familie, ergänzt Hörnschemeyer. &bdquo;Das geht nicht allein in sterilen Klassenräumen.“ Haverkamp: &bdquo;Als Schulleiter hoffe ich, dass die Entscheider im Sinn der Schüler entscheiden.“ Das Gymnasium sei seit Jahrzehnten ein Leuchtturm in Rahden &bdquo;und das sollte man auf jeden Fall erhalten.“

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