Rahdener Unternehmer entnervt: "Die jetzige Hampelei, das ist kein Lockdown"

Rahden. Der Einzelhandel musste über Monate schließen, große Discounter dagegen durften alles verkaufen. Nun "dürfen" Einzelhändler "Click & Collect" nutzen. Oder "Click & meet" - wenn denn ein Termin und ein negativer Coronatest vorhanden sind. Discounter haben diese Hürden nicht. Schon seit dem 2. November müssen das Gastgewerbe oder auch Spielhallen zugesperrt bleiben. Der Unmut wächst. Das Rahdener Unternehmen Hobby Play betreibt in der Region auf beiden Seiten der westfälisch-niedersächsischen Grenze 17 Standorte. Die sind seit dem 2. November geschlossen. Wann sie wieder öffnen dürfen, das ist offen. Perspektiven gibt es hier derzeit ebenso wenig wie für Gastronomie. "Die jetzige Hampelei, das ist kein Lockdown" Wenn es nun noch einmal einen Lockdown gäbe, an dem 14 Tage bis auf die Ärzte, Apotheken und Lebensmittel-Läden auch wirklich alles zu sei, dann wäre das okay, merkt Hobby Play-Geschäftsführerin Kerstin Schäfer an. Hobby Play-Geschäftsführer Günter Bollhorst nickt zustimmend. "Aber die jetzige Hampelei, das ist kein Lockdown." Jedem sei klar, dass man mit dem Virus werde leben müssen, sagen Schäfer und Bollhorst. Deshalb werde man sich wohl auch regelmäßig impfen lassen müssen - so wie bei der Schutzimpfung gegen Grippe. Sie kritisieren aber Regelungen, die kaum mehr nachvollziehbar seien. Und sie beklagen sich über Ungleichbehandlung. "Wer soll das alles noch verstehen?" An Ostern habe sie im Lübbecker Land Frauen gesehen, die vor einem geöffneten Solarium gewartete hätten. Warum Solarien öffnen dürften, das wisse sie nicht. Wäre ein Lockdown nötig, dann müssten die ebenso geschlossen sein wie auch Friseure. Notwendig sei dann, dass über einen bestimmten Zeitraum auch wirklich nur Ärzte, Apotheker und Lebensmitte-Betriebe offen hätten. Für die Lebensmittel-Läden schlägt Kerstin Schäfer für die Zeit eines Lockdowns spezielle Zeiten vor, die den älteren Menschen für deren Einkäufe vorbehalten sein sollen. Der Blumenhandel habe offen, andere Branchen müssten schließen, merkt Günter Bollhorst an. "Wer soll das alles noch verstehen?" Hobby Play mit seinen 17 Standorten beschäftigt derzeit 47 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Mitarbeiter seien komplett in Kurzarbeit, sagt Kerstin Schäfer. Das Kurzarbeitergeld müsse der Arbeitgeber vorstrecken und bekomme es dann "zeitversetzt" vom Arbeitsamt erstattet. Kurzarbeitergeld wird "zeitversetzt" erstattet Einzelhandel und Gastgewerbe etwa beklagen, dass die Hilfen teilweise erst nach Monaten kämen und unzureichend seien - wenn sie denn kämen. Wie lange es dauert, bis Hobby Play das Geld erstattet wird? "Zeitversetzt", sagt Kerstin Schäfer. Die November-Hilfen habe es im Februar gegeben, ergänzt sie dann. "Würden wir nicht seit Bestehen des Unternehmens so solide wirtschaften, wäre es schwierig geworden", betont Kerstin Schäfer. Fixkosten liefen ja weiter. Sie hätten keine Autos oder Telefonanschlüsse abgemeldet. "Es hätte ja jederzeit wieder losgehen können." Eine Vielzahl von Politikern habe "die Bodenhaftung verloren", sagt Kerstin Schäfer, während sie der Rahdener CDU-Landtagsabgeordneten Bianca Winkelmann die erheblichen Anstrengungen für das Hygienekonzept von Hobby Play vorstellt. Das hatten sich die Rahdener sogar vom TÜV zertifizieren lassen. Rahdener Politikerin verteidigt Wirtschaftsminister Kerstin Schäfer hat ein Beispiel, wie es mit den Hilfen deutlich besser hätte laufen können. Viel einfacher wäre es aus ihrer Sicht, wenn die Finanzbehörden die Hilfen auszahlten. Die wüssten doch um die finanzielle Situation eines Betriebs und dessen Ein- und Ausgaben. Immer wieder müsse mal "jemand aus dem Volk" der Politik berichten, was abgehe. Die angeblich schnellen Hilfen hatte Bundeswirtschaftminister Peter Altmaier (CDU) Ende Oktober vollmundig angekündigt. Bianca Winkelmann nimmt ihren Parteifreund in Schutz. Nicht nur der Wirtschaftsminister sei schuld, sondern auch der Bundesfinanzminister. In diesem Fall Olaf Scholz, SPD-Politiker und Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten. Scholz, so sagt es Winkelmann, habe sich zunächst geweigert, Mittel freizugeben. "Das gehört zur Wahrheit dazu". Nun komme es darauf an, Perspektiven zu geben. Die Querdenker-Demos zeigten, "wie sehr die Stimmung am Kippen ist". Sorgen um den Job geht auf die Psyche In Rahden hätte man wegen Hygienekonzepten und Platz in den Betrieben keine Probleme und könnte den Einzelhandel öffnen, so Winkelmann. "Das lässt sich regeln." Hinsichtlich der Coronalage müsse man regional schauen. Die Sorge der Menschen um ihren Arbeitsplatz gehe auf die Psyche, hat Kerstin Schäfer beobachtet. Das Rahdener Unternehmen betreibt deshalb Kontaktpflege, um Gemeinschaft zu erhalten. Es gebe ja nicht nur eine wirtschaftliche Komponente, sondern auch eine menschliche Komponente, merkt Kerstin Schäfer an. Welche Standards es bei Hobby Play gibt Winkelmann würdigt in diesem Zusammenhang das Mittel der Kurzarbeit, Kerstin Schäfer auch. Ohne die Kurzarbeitsregelung hätte wohl die Hälfte der Mitarbeiter entlassen werden müssen. Wenn der Betrieb dann anlaufe, könne man aber die Kurzarbeitsregelung nicht mehr nutzen. Und wie es sei bei einem Start des Betriebs, das wisse man nicht. Günter Bollhorst und Kerstin Schäfer hoffen darauf, dass die Türen der Standorte bald wieder geöffnet werden und die Bildschirme der Spielgeräte nicht mehr schwarz sind. Gäste müssen mindestens 21 Jahre alt sein, das gilt immer. Die Hand-Desinfektion im Eingangsbereich steht, der QR-Code für die Lucas-App ist ausgehängt. So können Kontakte schnell digital erfasst werden. "Wer in den Betrieb kommt, wird personalisiert erfasst", sagt Kerstin Schäfer. Corona-Test notfalls vor Ort möglich Auch ein gültiger Corona-Schnelltest muss vorgelegt werden. Wer keinen vorweisen kann, der kann in der Spielhalle zur Not auch einen Test vor Ort machen lassen und wartet in einem gesonderten Wartebereich auf das Ergebnis. Der Geldwechsel erfolgt nur noch über Automaten. Das Spielgerät - die Anzahl der Geräte ist für jede Konzession limitiert - muss für jeden Gast freigeschaltet werden. Verlässt ein Gast das Spielgerät, wird das inklusive des Sitzplatzes desinfiziert. Ist ein Gerät noch nicht desinfiziert, kann es so lange nicht genutzt werden. Hinzu kommen die Abtrennungen zwischen den Sitzen. Zudem werde 6,25 Mal in der Stunde die Luft ausgetauscht, verweisen Bollhorst und Schäfer auf die entsprechenden technischen Anlagen. Die aktuellen Hygieneregelungen stelle man allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer vor und informiere über die Details. Die Belegschaft sei deshalb immer auf dem aktuellen Stand. Jeder unterschreibe auch, die Vorstellung der Regeln gehört zu haben. Hobby Play habe alles für die Sicherheit getan, betont Kerstin Schäfer. "Und mehr kann man nicht tun".

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