Er hat Bad Holzhausen in die "Champions League des Tourismus" geführt

Herr Streich, wie sind Sie damals eigentlich zur Stadt Pr. Oldendorf gekommen?Christian Streich: Nach meiner 1975 begonnenen Verwaltungslehre bei der Stadt Espelkamp absolvierte ich beim Studieninstitut für kommunale Verwaltung in Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld die Angestellten-Lehrgänge I und II, an deren Ende die Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt stand. Während des ersten Angestelltenlehrganges fragte mich der damalige Stadtdirektor Manfred Beermann, der als Dozent beim Studieninstitut wirkte, ob ich mir einen Wechsel zur Stadt Pr. Oldendorf vorstellen könnte, um den Auf- und Ausbau des damals noch als Fremdenverkehr bezeichneten Wirtschaftszweiges zu bearbeiten. Nach über sechsjähriger Tätigkeit in Espelkamp bin ich dann diesem Ruf nach Pr. Oldendorf gefolgt und habe diese Entscheidung nie bereut. Als &bdquo;Seiteneinsteiger“ für diese in der Verwaltung seltene Aufgabe konnte ich schnell beim Deutschen Seminar für Fremdenverkehr in Berlin die Grundlagen des Marketings, der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für den Fremdenverkehr erlernen. Städtepartnerschaft mit vorbereitet und stets begleitet Seitdem ist viel passiert. Was waren die Meilensteine während Ihrer Zeit in Pr. Oldendorf?Da bleiben sehr viele schöne Erinnerungen. Gleich zum Beginn meiner Tätigkeit konnte ich im Januar 1982 zusammen mit Manfred Beermann und dem damaligen Bürgermeister Wilhelm Bettenbrock bei Gesprächen in St. Oswald-Möderbrugg in der Steiermark, die im September 1982 begründete Städtepartnerschaft mit vorbereiten. Ebenfalls im Januar 1982 erfolgte die Gründung des Vereins zur Erhaltung der Burgruine Limberg. Nach der Anerkennung von Pr. Oldendorf als Luftkurort 1974 und der Anerkennung von Holzhausen als Luftkurort mit Kurmittelgebiet 1981 durfte ich mit dem Anerkennungsverfahren für Börninghausen als Luftkurort 1992 die ersten aktiven Erfahrungen in diesem Bereich machen, die mir später sehr geholfen haben. Damit hatte Pr. Oldendorf schon damals mit drei prädikatisierten Kurorten im Land NRW ein Alleinstellungsmerkmal. Hier war Manfred Beermann maßgeblich für &bdquo;seinen Landschaftsgarten“ am Wiehengebirge verantwortlich. Mich selbst hat die Heilbadanerkennung für Bad Holzhausen 2007 nach einem siebenjährigen Antragsverfahren mit Stolz erfüllt. Das war der Aufstieg – erlauben Sie mir den Vergleich zum Fußball – in die Champions League, womit Bad Holzhausen auf der gleichen Stufe zu den renommierten Heilbädern in der Region steht und somit auch die entsprechende finanzielle Kurortehilfe des Landes erhält. Sehr froh bin ich auch über die Bestätigung sämtlicher Kurortprädikate nach der ,Qualitätskontrolle’ durch das Land NRW 2012 und 2013. Weitere sehr positive Meilensteine waren die einheitliche touristische Beschilderung, der Garten der Generationen im Kurpark, die Investitionsbereitschaft von Holsing Vital und weiterer Beherbergungsbetriebe und natürlich die vielen Projekte mit Unterstützung der EU und des Landes mit dem Teutoburger Wald Tourismus bei der OWL GmbH. Inwieweit verändert die Pandemie auch zukünftig den Tourismus?Zunächst muss ich hier sehr deutlich auf die dramatischen Verluste im Tourismus hinweisen, die uns, wie andere Urlaubsdestinationen auch, mit voller Wucht getroffen haben. Bei der Tatsache, dass im Zeitraum Mitte März 2020 bis Ende Mai 2021 in insgesamt neun Monaten keine touristischen Gästeübernachtungen erfolgen durften, haben wir allein in diesen beiden Jahren einen Rückgang von über 90.000 Gästeübernachtungen zu beklagen. Damit ist für uns alle ein historisches Negativereignis eingetreten. Bei ansonsten stabilen Übernachtungszahlen von regelmäßig 150.000 in den Jahren vor der Pandemie, konnten wir im Hinblick auf die örtliche Beherbergungsstruktur mit rund 750 Betten zufrieden sein. Jetzt steht diesem ein Umsatzverlust allein im Übernachtungstourismus von circa 13 bis 14 Millionen Euro gegenüber. Hinzu kamen die Auswirkungen im Tagestourismus, die insbesondere im gastronomischen Bereich ihre Spuren hinterlassen haben. Da die Pandemie uns noch länger beschäftigen wird, besteht beim Buchungsverhalten immer noch eine entsprechende Verunsicherung, auch wenn wir durch deutlichen Impffortschritt auf dem richtigen Weg sind und wir mehr Prospektanfragen haben als vor der Corona-Zeit. Der Trend zum stärkeren Kurzfristgeschäft hält weiter an. Dem Gastgewerbe sind während der Pandemie viele Mitarbeiter verloren gegangen. Unsere Gästeklientel ist zum Glück weitgehend geimpft, so dass ich glaube, dass eine gewisse Normalität ab Frühjahr 2022 einsetzen wird. Ich würde es mir sehr für unsere Betriebe und der Stadt wünschen. &bdquo;Wir sind nicht die Nordsee oder die Alpen“ haben Sie vor fünf Jahren mal in einem NW-Interview gesagt. Womit kann auch ein kleiner Kurort wie Pr. Oldendorf in Zukunft punkten?Im damaligen Anerkennungsverfahren für Bad Holzhausen und bei den Überprüfungsverfahren unserer drei Kurorte konnte von uns gegenüber der Bewertungskommission des Landesfachbeirates sehr deutlich gemacht werden, dass unsere Kurorte nicht städtisch sein müssen – wie zum Beispiel Bad Oeynhausen oder Bad Salzuflen. Wir wollen authentisch bleiben und mit unseren familiäreren Betrieben und der landschaftlich hervorragenden Lage bei den Gästen punkten. Dabei sind auch weiterhin das gute Preis-Leistungsverhältnis, das außergewöhnliche Veranstaltungsprogramm und die herrliche Ruhe in der Natur ein Pfund, um wettbewerbsfähig aufgestellt zu sein. Auch als Kurort sind wir nach wie vor eine sehr gute Adresse für sehr viele Neubürger in unserer Stadt mit ihren weichen Faktoren wie Lebensqualität und Gastfreundschaft. »Unsere Kurorte müssen nicht städtisch sein« Ein Tipp von Ihnen: Was muss man in Pr. Oldendorf unbedingt gesehen haben?Da gibt es so vieles. Allein sechs Schlösser und Herrensitze mit Parks sind eine Augenweide im Stadtgebiet in dieser Region. Das Feuerwehrmuseum in Schröttinghausen, die Gutswassermühle in Bad Holzhausen, die restaurierte Burganlage auf dem Limberg, das Haus des Gastes mit dem historischen Kurpark und natürlich der neue Aussichtsturm sind echte Highlights. Sehr schön ist auch der idyllische Yachthafen am Mittellandkanal in Getmold.Was werden Sie am meisten vermissen?Die lieben Kolleginnen und Kollegen, zu allererst natürlich das Touristikteam mit Annegret Niemeyer, Melanie Krause, meiner sehr kompetenten Nachfolgerin Judith Fidler sowie die tollen Auszubildenden, die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, viele produktive Sitzungen in Arbeitskreisen und Ausschusssitzungen. Natürlich auch die Begegnungen mit vielen Wegbegleitern und den Gästen.Welche Projekte haben Sie sich für den Ruhestand vorgenommen?Ich möchte auf jeden Fall mehr Zeit für die Familie und auch für mich finden. Der Termindruck wird nicht mehr zu meinem Tagesgeschäft gehören. Bei der Gartenarbeit hoffe ich, künftig zur Entlastung meiner Ehefrau Anette mehr beitragen zu können. Das Radfahren, das Walken stehen für mich zur Gewichtsreduzierung ganz hoch auf meiner Agenda. Ganz aktuell werde ich in einem vierköpfigen Team für die Stadt Rahden als Botschafter für die kürzlich gegründete Städtepartnerschaft mit Arminia Bielefeld tätig, was mir neben meiner Vorstandstätigkeit im Fußball-Förderverein der Spielvereinigung Union Varl und als Mitglied beim DSC eine Herzensangelegenheit sein wird. Darüber hinaus möchte ich auch dem Limbergverein weiterhin vorstandsseitig zur Verfügung stehen.

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