"Das ist ein Überfall": Wie ich mich in so einer Situation richtig verhalte

Lübbecker Land. Mit den Worten &bdquo;Gib das Geld her" hat ein Unbekannter Mitte August eine Tankstelle an der B 65 in Pr. Oldendorf überfallen und dabei die Angestellte mit einem großen Küchenmesser bedroht. Die junge Frau händigte dem Verbrecher das Geld aus und blieb bei dem Überfall unverletzt. Immer wieder können Angestellte, wie nur zwei Tage später bei einem gleichgelagerten Fall in Bad Essen, oder Kunden in solche Situationen geraten. In Bad Essen wurde der Täter erfolgreich verscheucht. Wie also verhält man sich am besten? &bdquo;Das ist immer personen- und situationsabhängig", sagt Kriminalhauptkommissar Oliver Thamm, der im Bereich Kriminalprävention und Opferschutz bei der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke tätig ist. Es gelte immer abzuwägen. Angesichts der unmissverständlichen Bedrohung habe sich die junge Frau in der Tankstelle in Pr. Oldendorf genau richtig verhalten. Früher habe es immer geheißen &bdquo;besser ein lebender Zeuge als ein toter Held". So hart würde das heute zwar keiner mehr formulieren, aber als Verhaltensregel behielte der Satz seine Gültigkeit. Wenn man nur den geringsten Zweifel daran habe, den Überfall abwehren zu können, sei es viel wichtiger, zu beobachten. "Hatte der Täter vielleicht eine Tätowierung?" Viele Täterbeschreibungen seien auch in Anbetracht des Angstmomentes sehr ungenau. Häufig würde es heißen: &bdquo;Der Täter war groß und dunkel gekleidet". Doch eine solche Täterbeschreibung hilft den Ermittlern kaum weiter. Wenn möglich, sollten die Opfer Ruhe bewahren und auf markante Details achten. Zum Beispiel, ob der Täter tätowiert ist, irgendwo eine Narbe hat oder eine besonders auffällige Jacke trägt. &bdquo;Das ist hilfreich", sagt Thamm. Noch besser sei, wenn der Zeuge sogar noch das Fluchtfahrzeug beschreiben könne. Festgestellt hat die Polizei, dass die kritische Phase für Überfälle der herannahende Feierabend in Supermärkten oder Tankstellen ist, weil es dann am ruhigsten ist und die Täter glauben würden, dass dann das meiste Geld da ist. Die Erfahrung würde auch zeigen, dass die Räuber häufig warten, bis sie es möglichst nur noch mit einem Opfer zu tun haben. Aber auch bei zwei Angestellten schlagen Räuber zu und auch Überfälle mit mehreren Kunden im Laden kommen immer wieder vor. Die Beute ist in aller Regel versichert Auf Diskussionen mit dem Täter oder den Tätern sollte man sich besser nicht einlassen, rät der Kriminalhauptkommissar. Die herausgegebene Beute sei auch in der Regel versichert. Sollte ein sogenannter &bdquo;stiller Alarm" vorhanden sein und werde dieser gedrückt, dann würde sich die Polizei unauffällig verhalten und ohne Blaulicht vorfahren, um den Täter nicht nervös zu machen. Niemand sollte sich selbst in Gefahr bringen Eine Generalformel für alle Situationen gebe es nicht. Nur die: Niemand sollte sich selbst in Gefahr bringen. Das gelte im Übrigen auch, wenn man Zeuge einer Schlägerei werde. Es gelte zwar der Grundsatz, dass Hilfeleistung in Not eine Bürgerpflicht sei, doch auch hier sei die Zivilcourage wieder personen- und situationsabhängig. In der Strafprozessordnung sei geregelt, dass prinzipiell jeder Bürger eine Festnahme durchführen darf. Doch auch wer Zeuge einer Schlägerei werde, müsse letztlich für sich selbst entscheiden, wie er oder sie agiert. Manchmal würde schon lautes Schreien oder Rufen die Täter dazu bewegen, von ihrem Opfer abzulassen. Wenn man nicht eingreifen könne, helfe auch hier wieder, sich die Täter einzuprägen und den Notruf 110 zu wählen. Wer den Notruf wählt, sollte kurz den Sachverhalt schildern, damit die Polizei wisse, mit wie vielen Streifenwagen sie ausrücken muss. Wichtig ist zudem die Angabe, ob das Opfer verletzt ist und wie schwer und natürlich eine Ortsangabe. Dabei würde es schon reichen, wenn beispielsweise ein markantes Gebäude benannt wird, falls man den Straßennamen nicht parat habe. &bdquo;Bei der Polizei sind alle Objekte mit Straße und Hausnummer hinterlegt", so Thamm. Wer eine Straftat beobachte, solle sich auf alle Fälle als Zeuge zur Verfügung stellen. Zwar müsse man dann damit rechnen, bei einem Ermittlungserfolg auch als Zeuge vor Gericht vorgeladen zu werden, doch das sollte niemanden von einer Aussage abschrecken. "Nicht jeder steckt das gleich gut weg" Der schlimme Moment eines Überfalls oder einer anders gearteten Straftat ist das eine, das Danach das andere.Nicht jeder stecke das gleich gut weg und es gebe Menschen, die beispielsweise nach einem Überfall stark traumatisiert seien. &bdquo;Schon das Betreten der Örtlichkeit kann Angstgefühle auslösen, manche können sogar ihren Job nicht mehr ausüben." Hier kommen Thamm sowie seine zwei Kolleginnen und ein Kollege aus dem Kriminalkommissariat Prävention und Opferschutz ins Spiel. Sie beraten Menschen, die sich nach einer Straftat psychisch belastet fühlen. Dazu würden häufig auch Einbruchsopfer zählen, weil diese darunter leiden würden, dass Fremde in ihrem Zuhause als geschützten Raum in den privaten Sachen gewühlt haben. &bdquo;Wenn wir von den Kollegen einen entsprechenden Hinweis bekommen, dann übernehmen wir und führen mit den Opfern Gespräche." Bei einem Einbruch zum Beispiel auch darüber, wie sich die Wohnung besser sichern lässt, um es Einbrechern so schwer wie möglich zu machen. So zählt zum Kommissariat Prävention auch ein technischer Berater. Vielen Opfern helfe allein schon das Gespräch über das Erlebte, erzählt Thamm. Aber manchmal würden sie auch andauern, die Angstgefühle oder auch Schlafstörungen, weil die Bilder von dem Überfall oder schweren Unfall, den man gesehen hat, immer wieder im Kopf auftauchen. Wann man sich ärztliche Hilfe suchen sollte Vier Wochen sei so ein Richtwert, in dem Geschehnisse eigentlich verarbeitet sein sollten. Bleiben die psychischen Belastungen über diesen Zeitraum bestehen, sollte man sich in die Hände geschulter Experten wie Psychologen begeben, meint Thamm. Eine gute Anlaufstelle sei hier auch die ans Bielefelder Klinikum Bethel angedockte Trauma-Ambulanz, die Opfern Hilfe anbiete.

Meistgelesen