Pandemie-Frust? Wenn Langeweile in blanker Zerstörungswut endet

Lübbecker Land. An der Ahlsener Straße in Hüllhorst haben Unbekannte unlängst Latten aus einem Zaun gerissen und weiträumig auf die Straße gelegt. Ein Autofahrer konnt nicht mehr rechtzeitig ausweichen und beschädigte sein Fahrzeug. In Stemwede wurde im Februar ein unbeleuchteter und zuvor demolierter Pkw auf die Straße geschoben. Das wäre fast einem Lkw-Fahrer zum Verhängnis geworden. In beiden Fällen ermittelt die Polizei wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Auch sonst gibt es immer wieder Fälle von Vandalismus im Lübbecker Land. Mehrfach wurde am Sportplatz in Schnathorst randaliert, ein Schulpavillon angesteckt und in Espelkamp verursachten Brandstifter am Marktkauf gar einen Schaden von 50.000 Euro. Ralf Steinmeyer von der Polizei Minden-Lübbecke kann nicht ausschließen, dass Corona auch Vandalismus Vorschub leistet. Die Täter können häufig keine Erklärung für ihr Handeln liefern Seine Vermutung ist, dass Langeweile gepaart mit Alkoholgenuss in solchen Delikten gipfeln könnte. Pandemiebedingt stünden jungen Leuten viele Freizeitangebote wie beispielsweise Jugendeinrichtungen oder der Sportbetrieb nicht mehr zur Verfügung. "Es ist durchaus denkbar, dass es da eine Verbindung geben könnte." Denn generell sei festzustellen, dass neben Sachbeschädigungen an beliebten Treffpunkten wie Schulgelände oder Spielplätze, dort auch Müll zurückgelassen wird oder Grillkohle einfach in die Landschaft gekippt wird. "Diese Spuren deuten daraufhin, dass sich die Verursacher unbeobachtet fühlen." Was Vandalismus betrifft, seien die Täter laut Steinmeyer eher jüngere Leute bis Ende 20 Jahre. Die könnten, wenn sie erwischt werden, häufig noch nicht einmal eine Erklärung für ihr Handeln liefern. Und manchmal mache sich wie im Fall von Vandalismus auf dem Vereinsgelände der Luftsportgemeinschaft Pr. Oldendorf in Offelten einfach nur noch "blanke Zerstörungswut" breit. Die Unbekannten, die dort Anfang März randalierten und zündelten, ließen von der Vereinshütte nicht mehr viel übrig. Vandalismus wird im Strafgesetzbuch nicht gesondert behandelt Es herrscht der Eindruck vor, dass Vandalismus generell massiv zugenommen habe. Auf die Frage, ob das so ist, gibt die Kriminalitätsstatistik zumindest für das zurückliegende Jahr eine Antwort. Anfang März wurde die Statistik für 2020 veröffentlicht, die valide Auskunft über die Fallzahlen in den verschiedensten Delikt-Bereichen gibt. Wie Ralf Steinmeyer dazu erklärt, wird Vandalismus nicht gesondert erfasst, da es sich um keinen Straftatbestand des Strafgesetzbuches handelt. Hier werde unterschieden nach Sachbeschädigung, Brandstiftung, gefährlicher Brandstiftung oder eben auch den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr wie in den Fällen in Hüllhorst und Stemwede. Deutliche Zunahme im Bereich Brandstiftung Beim Straftatbestand der Sachbeschädigung registrierte die Polizei 2019 insgesamt 1.531 Delikte, in 2020 wurden 1.570 Fälle angezeigt. Das entspreche einer Zunahme von 2,5 Prozent. Anders sieht es bei Brandstiftung aus: Hier ist eine deutliche Steigerung im Kreis Minden-Lübbecke zu verzeichnen. Für 2019 gibt die Kriminalitätsstatistik 50 Delikte an, für 2020 sind es 23 Delikte mehr und damit 73 Fälle von Brandstiftung. Das entspricht einer Steigerung um 46 Prozent. Das sei schon auffällig. Allerdings müsse bei der hohen prozentualen Steigerung berücksichtigt werden, dass es sich verglichen mit anderen Delikten um relativ kleine Fallzahlen handele, sagt der Polizeihauptkommissar und Behördensprecher der Polizei Minden-Lübbecke. Immerhin: Etwa jede zweite Brandstiftung kann aufgeklärt werden. "Eine gute Quote", so Steinmeyer. Dem oder den Tätern droht dann eine Freiheitsstrafe von einem bis zehn Jahre - im Falle der gefährlichen Brandstiftung - an Gebäuden oder wenn sogar Menschen in Gefahr geraten - ist die Strafe auch noch weiter nach oben offen und liegt nicht unter einem Jahr. Bei den Sachbeschädigungen, zu denen auch Graffiti-Schmierereien zählen, ist die Aufklärungsquote deutlich geringer. 2019 konnten 22 Prozent der Vorkommnisse aufgeklärt werden, in 2020 waren es rund 24 Prozent. Zumeist habe niemand etwas gesehen. Bei verdächtigen Beobachtungen die Polizei informieren Für die Polizei sei es ganz wichtig, dass jede Tat angezeigt wird, ob zerstörte Fensterscheibe oder eine zerstochener Reifen. So lassen sich Muster erkennen und die Polizei könne in den Bereichen gezielt Streifenfahrten durchführen. Sachbeschädigungen würden nicht nur großen Ärger bei den Betroffenen verursachen, sondern wenn es sich um Sportplätze, Schulgebäude oder Vereinsheime handelt, den Steuerzahler auch noch viel Geld kosten. Die Polizei bittet daher darum, bei verdächtigen Beobachtungen die 110 anzurufen. "Lieber einmal mehr, als einmal zu wenig." Auch im Nachhinen sollten Beobachtungen noch gemeldet werden, da diese bei den Ermittlungen helfen könnten. "Was nutzt es, wenn nur zwei Arme und zwei Beine zu erkennen sind" Bleibt die Frage, wie sich Bürger gegen Vandalismus schützen können: Wer etwas tun wolle und zum Beispiel über eine Kamera am Gebäude nachdenke, der solle sich mit dem Kommissariat für Vorbeugung unter Tel. (05 71) 88 66 47 05 in Verbindung setzen. Die Experten könnten nützliche Tipps geben, was sinnvoll sei und was nicht und würden auch über die Grenzen der Überwachung durch den Datenschutz informieren. Sich eine qualitativ minderwertige Videoanlage anzuschaffen, sei jedenfalls nur der halbe Schritt. "Was nutzt es, wenn zwei Arme und zwei Beine zu erkennen sind und der Rest ist grau."

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