Vor dem Abriss: Die bewegte Geschichte der Realschule Pr. Oldendorf

Pr. Oldendorf. Bald ist sie Geschichte, das markante Gebäude verschwunden. Das leer stehende Realschulgebäude wird abgerissen. An dieser Stelle will Aldi eine neue Filiale bauen. Zeit zurückzublicken in die wechselvolle Geschichte der Schule, die einst eine Bildungseinrichtung für Kinder von &bdquo;gut betuchten" Pr. Oldendorfern war. Als Geburtsstunde der Schule gilt das Jahr 1862. Ein Vorläufer der Realschule war die sogenannte Kandidatenschule. Der Name stammte von den Kandidaten der Theologie, die als Lehrer tätig waren. Sie nutzten die Zeit zwischen dem ersten und zweiten Examen, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Die Initiative zur Gründung der Kandidatenschule ging von den Eltern und auch von den sogenannten Honoratioren sowie den Pfarrern der evangelischen Kirchengemeinde aus. Sie wollten den Kindern mit dem Besuch der Privatschule eine Grundlage für den Besuch des Gymnasiums vermitteln. Bei der Auswahl der Kandidaten achteten die Pr. Oldendorfer Pfarrer streng auf die Eignung und den &bdquo;rechten Glauben". Das Schulgeld damals war nicht ohne Das Schulgeld damals war nicht ohne: 20 Taler pro Jahr. Ein Knecht verdiente jährlich 10 bis 25 Taler. Insbesondere die Kinder der Kaufleute, Handwerker, Ärzte, Apotheker und Pfarrer, aber auch der begüterten Landwirte, zählten zu den Schülern. Als Privatschule hatte die Kandidatenschule kein eigenes Schulgebäude. Unterrichtet wurde in den Wohnungen der Eltern und bis 1870 auch im Obergeschoss der Oldendorfer Apotheke von Ernst Philipp Hartmann in der Spiegelstraße sowie im Haus des jüdischen Kaufmanns Jacob Löwenstein an der Berliner Straße. Später wurde die Kandidatenschule in die jüdische Schule (heute der Parkplatz des Hotels Deeke) verlegt. Doch schon bald ging die Kandidatenschule wieder ein. Grund war die Einrichtung der städtischen Oldendorfer Rektoratsschule beziehungsweise der späteren Realschule. Die zunehmende Bevölkerungszahl in der Stadt und der Umgebung ließ die Pr. Oldendorfer 1911 an die Gründung einer städtischen höheren Schule denken. 42 Bürger schrieben an den damaligen Amtmann Arthur Besch, sie wollten ihren Kindern &bdquo;etwas mehr als Volksschulbildung mit ins Leben geben". Gründung einer städtischen höheren Schule geplant Nach schwierigen Verhandlungen mit dem Landratsamt Lübbecke und der Regierung in Minden startete die Schule laut Stadtratsbeschluss am 1. April 1912. Zum Rektor wurde Hermann Bockhorst berufen. Unterrichtet wurde eine &bdquo;Sexta" mit zunächst elf Kindern im Haus des Kaufmanns Löwenstein. Das Konzept sah den direkten Übergang aus der höheren Stadtschule in ein Realgymnasium vor. Das Schulgeld wurde auf 120 Mark festgelegt. Nach und nach wurden weitere Klassen aufgebaut, bis die räumlichen Möglichkeiten im Löwensteinschen Haus ausgeschöpft waren. Und so wurden Räume in der Turnhalle des Pollertshofes angemietet. Mit fünf Klassen mit insgesamt 81 Schülern von der Sexta bis zur Obertertia war der Aufbau der Schule 1916 abgeschlossen. Es herrschte Platzmangel, doch Neubaupläne wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs durchkreuzt. Nach dem Krieg wurde die Planungen weitergetrieben. Im Rahmen von Notstandsarbeiten wurde das neue Schulgebäude von Architekt Bomnüter aus Lübbecke geplant, vom Bauunternehmen Wedemeyer & Baevert errichtet und schließlich am 1. April 1920 eingeweiht. Damals gab es drei größere und zwei kleinere Klassenzimmer sowie einen Lehrmittelraum. 1925 in Mittelschule umgewandelt Im Jahr 1925 wurde die höhere Stadtschule dann laut Ratsbeschluss in eine Mittelschule umgewandelt und die Schüler von nun an mit dem Zeugnis der mittleren Reife entlassen. Sie berechtigte zum Übergang in gehobene mittlere Berufslaufbahnen, zum Besuch von Ingenieurschulen und Lehrerausbildungsschulen sowie in den Staatsdienst. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Schule im Dezember 1945 wiedereröffnet. 1948 zählte sie 277 Schüler, 1950 insgesamt 343 und 1953 414 Schüler. Um die mittlerweile elf Klassen unterzubringen, mussten Räume in der angrenzenden Hindenburghalle und im Verwaltungsgebäude des ehemaligen Lufttanklagers angemietet werden. 524 Schüler zu Hochzeiten der Realschule Einen weiteren neue Namen bekam die Schule 1951, von da an hieß sie laut Ministerialerlass der Landesregierung Realschule. Ein Erweiterungsbau wurde im Sommer 1952 bezogen. 1965 wurden eine Turnhalle und ein weiteres, mehrgeschossiges Schulgebäude errichtet. 1974 besuchten 524 Schüler die Realschule, damit war der Höchststand erreicht. Von da an sanken die Zahlen wieder. 1979 wurde auf Initiative von Siegfried Scholz ein Förderverein für die Realschule gegründet. 2010 plante die Stadt angesichts sinkender Schülerzahlen und der Ausweitung der regionalen Gymnasialangebote die Gründung einer Sekundarschule, in die die Real- und die Hauptschule übergehen sollte. Der erste Anlauf zum Schuljahr 2012/2013 scheiterte mangels Anmeldungen. Zum Schuljahr 2013/2014 konnte sie dann mit 77 Schülern und drei Klassen starten. Quellen: Stadtarchiv Pr. Oldendorf; &bdquo;300 Jahre Stadtgeschichte Pr. Oldendorf – 1050 Jahre Aldenthorpe" von Dieter Besserer; Jubiläumsschrift 150 Jahre Realschule Pr. Oldendorf

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