Pr. Oldendorf trauert bei Gottesdienst um getötete Frau

Pr. Oldendorf. In Preußisch Oldendorf sitzt der Schock immer noch tief. Dass mitten im Herzen der Stadt ein Mord verübt werden konnte, hat die Menschen getroffen, viele hätten ihn darauf angesprochen, berichtet Pfarrer Weber in einem Gespräch am Rande eines Fürbitten-Gottesdienstes am Sonntag. Mit dem haben die evangelisch-lutherische Gemeinde, die katholische Gemeinde, die Gemeinde &bdquo;Neues Leben“ und die Gründungsinitiative &bdquo;Freie evangelische Gemeinde“ gemeinsam ein starkes Zeichen gegen Gewalt gesetzt. Man habe dem &bdquo;Bösen, das hier geschehen ist, etwas Gutes entgegensetzen“ wollen, sagte Pfarrer Michael Weber. Als er daraufhin die anderen christlichen Gemeinden vor Ort kontaktierte, rannte er offene Türen ein. In der St. Dionysisus-Kirche ist kaum ein Platz frei Die Menschen sollten &bdquo;einen Ort haben, an dem sie trauern und gedenken können“, macht Weber deutlich. Die unbegreifliche Tat habe die Menschen aufgewühlt. In der St. Dionysisus-Kirche selbst war an diesem Morgen kaum ein Platz frei. Bis in die letzte Reihe waren – zumindest im Mittelteil – alle Bänke besetzt. Gefühlt ganz Preußisch Oldendorf war gekommen, um Abschied zu nehmen, zu trauern und zu gedenken. In seiner Begrüßung wandte sich Pfarrer Weber direkt an die Menschen, die diese Tat besonders beschäftigt hat: die trauernde Familie, die Mitarbeiter von Polizei und Feuerwehr, die das Opfer abgeschirmt hätten, die Seelsorger, die sich um die Menschen gekümmert hätten, &bdquo;die Menschen, die den Täter überwältigten &bdquo;und Zivilcourage gezeigt“ hätten. Er wende sich an diejenigen, &bdquo;die nicht verstehen, was geschehen ist“ und &bdquo;die Kerzen und anderes aufgestellt haben, um zu trauern“. Es sei gut, dass der Gottesdienst von allen vier christlichen Gemeinden gemeinsam getragen werden. Auf das Buch Hesekiel, Kapitel 37 bezugnehmend machte Weber deutlich, dass Gott neues Leben schaffen kann, auch da, wo Leben beendet wird. Dem Bösen etwas Gutes entgegensetzen – das war auch der rote Faden, der sich durch den gesamten Gottesdienst zog. Weber erinnerte an eine andere Mordtat, die sich auf der Insel Utoya zugetragen hat. Hier hat der Terrorist Anders Behring Breivik viele junge Menschen ermordet. An dieser Stelle hat aber auch Anders Frostenson den Text zu einem bekannten Lied geschrieben: &bdquo;Herr deine Liebe ist wie Gras und Ufer, wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus“. Dem Bösen etwas entgegensetzen – indem das Lied ganz bewusst gesungen wird. &bdquo;Dieses Zeugnis wird das Schlimme überleben, dass sich auf Utoya zugetragen hat“, ist sich Weber sicher. Das gilt auch für das &bdquo;Kyrie“, das von Frère Roger, dem Gründer von Taize, verfasst worden ist. Später ist der Prior dann während eines Gottesdienstes ermordet worden. Das Böse nicht gewinnen lassen, ihm etwas Gutes entgegensetzen. Wie heißt es in einem später gesungenen Lied? &bdquo;Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht, es hat Hoffnung und Zukunft gebracht.“ Gottes Wort – &bdquo;ein Licht in der Dunkelheit“. In einem Wechselgesang werden sämtliche Ängste vor Gott gebracht. &bdquo;Wir haben Schlimmes erlebt und fragen uns, warum hast du das zugelassen? Wo warst du?“, fragt ein Gemeindemitglied. Ein anderer ruft: &bdquo;Unser Glaube ist erschüttert, aber unsere Hoffnung ist da.“ Wüstenblume als Metapher In seiner Predigt nimmt Pfarrer Weber diesen Faden auf und erzählt von Vikar Walter. Der sei nach dem Zweiten Weltkrieg oft ratlos und kraftlos gewesen, angesichts des großen Leides, das viele erlebt hätten. Dann plötzlich klopft ein Mann an seiner Tür und übergibt ihm ein Päckchen, er wolle dem Vikar etwas Hoffnung geben, sagt er. Die Hoffnung besteht aus drei Rosen von Jerusalem – ein Wüstengewächs, das von außen betrachtet trocken und tot ist, in Wasser gelegt aber grün und geschmeidig wird. Im Mittelalter galt die Rose deshalb als Symbol der Hoffnung und der Auferstehung. &bdquo;Die Rose zeigt den Menschen, dass es Hoffnung gibt“, lässt Pfarrer Weber wissen. &bdquo;Jesus sagt zu den Menschen: Ich bin das Licht der Welt, wer mit mir wandelt, der wird das Leben haben.“ Doch die Geschichte geht noch weiter: Vikar Walter wird von einer Flüchtlingsfamilie besucht. Im Krieg sind einige Mitglieder getötet worden - ein Verlust, den die kleine Tochter bis heute kaum verarbeiten konnte. Vikar Walter zeigt dem Kind, &bdquo;wie die Rose zu neuem Leben kommt“. Und das Kind versteht. &bdquo;Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt“, macht Pfarrer Weber deutlich. Beim anschließenden Fürbittengebet wechseln Trauer und Zuversicht: &bdquo;Wir bitten um Trost für die Familie, das anzunehmen, was keiner verstehen kann, zu begreifen, was unbegreifbar ist“, betet einer. Ein anderer bittet für Helfer und Seelsorger. Zum Schluss werden zwei der Rosen durch die Reihen gereicht, eine dritte trägt Pfarrer Weber nach vorne, in die Nähe des Eingangs. Einige Minuten später ist ein Teil der Blätter grün geworden.

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