Dieser Mindener findet echte Trödel-Schätze

Minden. Sie hieß Lilli und wurde zur Legende. Aus der Not heraus zeichnete ein Karikaturist der Bild-Zeitung am 23. Juni 1952 eine adrette junge Frau mit blondem Pferdeschwanz. Seine Zeichnung sollte ursprünglich nur ein Loch auf Seite 2 füllen. Drei Jahre später kam Lilli – als Vorgängerin der weltberühmten Barbie von Mattel – als Puppe auf den Markt. Rund 130.000 Exemplare wurden verkauft. Nur noch drei Lillis soll es heute im Axel-Springer-Unternehmensarchiv geben, gut gehütet im Tresor. Gut möglich, dass die &bdquo;Bild Barbie“, wie Yannick Verbücheln sie nennt, heute eine der wertvollsten Puppen überhaupt ist. Wer sie irgendwo auf dem Dachboden entdeckt, sollte damit zum Fachmann gehen statt zum Flohmarkt. Die Schätze vom Trödel zu unterscheiden, das ist die Kunst. Es ist leicht, sich von Antiquitäten und anderen seltenen Gegenständen faszinieren zu lassen. Nicht ohne Grund ist &bdquo;Bares für Rares“ schon seit 2013 ein Quotengarant für das ZDF. Egal ob der antike Spiegel, Gemälde, Orden, Porzellanpuppen, Möbel oder ein alter Füllfederhalter – der Blick vom Experten kann aufschlussreich sein. &bdquo;Als Laie kann man den Wert oft nicht einschätzen“, sagt Yannick Verbücheln, Inhaber des Mindener Kunst- und Antikhauses Van Bücheln. In den Niederlanden ist der Namenszusatz &bdquo;Van“ weit verbreitet. &bdquo;Später wurde unser Familienname eingedeutscht“, erklärt der 34-Jährige die unterschiedliche Schreibweise. Schätze finden sich auch im Badezimmerschrank Yannick Verbücheln kommt aus Petershagen. Er sei &bdquo;Händler in der dritten Generation“, berichtet er: &bdquo;Mein Großvater hat mit Teppichen gehandelt.“ Schon in jungen Jahren war Yannick mit den Jägern und Sammlern aus seiner Familie unterwegs, zum Beispiel bei Haushaltsauflösungen. Immer mal wieder finden sich interessante Fundstücke, deren Wert den Bewohnern bis dato nicht bekannt war. &bdquo;Die Leute wissen oft nicht, was sie da vor sich haben.“ Oft ist die Marke wichtig: Bei alten Kameras zum Beispiel ist besonders der Hersteller Leica gefragt. Echte Schätze finden sich nicht unbedingt in der Vitrine oder im Tresor. Wenn der 34-Jährige bei einer Haushaltsauflösung um Rat gefragt wird, schaut er auch im Badezimmer nach. Nicht selten findet sich hochwertiger Zahnersatz mit Gold im Spiegelschrank. Die Tüte Zahngold in der Schublade werde oft unterschätzt. Zwar ist der Wert von Gold heftigen Schwankungen unterworfen, aber der Ankauf gehört dennoch weiterhin zum Geschäftsmodell. Viele kleine Goldhändler, die sich ausschließlich auf das Edelmetall beschränkt haben, sind auch in Minden inzwischen vom Markt verschwunden. Auch Pokémon-Karten und Lego-Sets können viel wert sein Schönheit und Ästhetik – zum Beispiel eine formschöne Vase – erfüllen nicht unbedingt die Erwartungen der Besitzer. Enttäuschungen gab es schon öfter bei Geschirr mit Goldrand. &bdquo;Das hat so ziemlich jede Familie im Schrank.“ Weil entsprechend viel davon produziert wurde, fehlt der Seltenheitswert. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Für Meissner Porzellan und andere Top-Marken lassen sich natürlich Fans finden, die bereit sind, gut dafür zu bezahlen. Es kommt eben immer darauf an. Der Wert solcher Dinge unterliegt auch dem Zeitgeist. Manchmal sind vergessen geglaubte Marken über Nacht wieder angesagt: Hoch gehandelt werden zum Beispiel Pokémon-Karten, besonders die aus den Jahren 1999 und 2000. Auch wer ein altes Lego-Set im Keller liegen hat, kann es möglicherweise zu viel Geld machen. Lange galt ein &bdquo;Star Wars Millenium Falke“ als das teuerste alte Lego-Set, soll inzwischen aber von anderen bunten Klötzchen abgelöst sein. So oder so: Manche Sets sind heute das Zehnfache ihres Originalpreises wert. Das Geschäft Van Bücheln findet sich in der Pöttcherstraße, die ist in der Oberen Altstadt. Die Kunden kommen in der Regel mit Termin hierher. Denn Yannick Verbücheln ist oft auf Achse – etwa im Umkreis von hundert Kilometern. Mal bei Haushaltsauflösungen, mal bei großen Antikmärkten wie Ende Januar im Elbecenter Hamburg. Dort bieten mehr als hundert Händler aus dem norddeutschen Raum und dem benachbarten Ausland an, was das Herz von Sammlern und Antiquitäten-Liebhabern höher schlagen lässt. Dann bleibt das Geschäft in Minden geschlossen. &bdquo;Zweite Meinung ist oft bares Geld wert“ Traditionell ist der Jahresbeginn die Zeit, in der viele Menschen ihr Zuhause aufräumen. Darum bekommt auch der Antiquitätenhändler mehr Anrufe als sonst. Viele Kunden fühlen sich wohler dabei, sich auf einen Fachmann vor Ort zu verlassen als auf windige Geschäftemacher aus dem Internet ohne Adresse. &bdquo;Ich denke langfristig“, sagt Yannick Verbücheln. Und er rät: &bdquo;Eine zweite Meinung ist oft bares Geld wert.“ Fasziniert ist er auch von &bdquo;Militaria“, also kaiserliche Orden und Kreuze jeglicher Art: &bdquo;Allerdings kein Nazi-Zeug.“ Ob sie am Band hängen oder mit einer Nadel befestigt werden können, spielt keine Rolle. Auch da kann es Überraschungen geben: Es gab schon Fälle, in denen das dazugehörige Etui mehr wert war als der Orden selbst. Auch Stahlhelme, Pickelhauben, Uniformen, Bajonette und Säbel sind gefragt. Wovon er grundsätzlich die Finger lässt, sind Produkte aus Reptilienleder. Zwar ist die Nachfrage groß nach exotischen Tierhäuten, zum Beispiel nach Taschen und Gürteln von Eidechsen, Schlangen oder Krokodilen. Doch ein multilaterales Abkommen regelt den Handel mit Pflanzen und Tieren. So verbietet es das Geschäft mit Arten, die vom Aussterben bedroht sind.

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