Angst vor Clubsterben: So reagiert Mindens einzige Disco „Musikbox“

Minden. Wie geht es mit Mindens einziger Diskothek weiter? Diese Frage stellt sich aktuell vor allem eine Person - Heinz Eichler. Der 68-Jährige ist Betriebsleiter und seit 44 Jahren für die Geschicke der Musikbox Minden verantwortlich. &bdquo;So schlecht wie jetzt war es noch nie“, sagt der 68-Jährige im MT-Gespräch. Im Sommer sei es für Discos immer schwer, sagt er. Doch das, was aktuell passiere, liege nicht an der Jahreszeit. In der ganzen Branche herrsche Krisenstimmung: &bdquo;So etwas hat es noch nie gegeben. Vielleicht hat der Disco-Boom ein Ende?“ &bdquo;Ich sorge mich - und zwar so, wie noch nie“, sagt Eichler, für den Krise seit Corona kein Fremdwort ist. Bereits 2023 sei es nicht leicht gewesen. &bdquo;Im Frühsommer fing es und dann haben wir auf den Herbst gehofft. Der war zwar besser, aber nicht viel“, erklärt Eichler. Als der Dezember dann zum schlechtesten aller Zeiten wurde, sei es langsam, aber sicher dramatisch geworden. Der Umsatz in den letzten zwölf Monaten sei um 25 Prozent gesunken, der Mai dieses Jahres sei noch schlechter gewesen. &bdquo;Die Box wird es aber weiter geben“, verspricht Eichler - auch, weil die Diskothek seine Altersvorsorge sei. Über die Art und Weise mache er sich aktuell mit seiner Familie Gedanken. 80 Prozent der Clubs in NRW haben Probleme Das, was Eichler zur dramatischen Situation in der Disco-Branche sagt, untermauert eine Umfrage der Liveinitiative, also dem Verband, der im Bereich Konzerte, Club-, Kultur- und Musikveranstaltungen Tätigen, in NRW aus diesem Jahr. Von 175 befragten Clubs geben fast 80 Prozent an, dass sie finanzielle Schwierigkeiten hätten. 65 Prozent sehen einen Rückgang ihrer Besucherzahlen, bei mehr als der Hälfte ist es ein Rückgang von mehr als 30 Prozent. Lars Templin ist Mitglied des Vorstands der Liveinitiative und sagt: &bdquo;Ich habe große Sorge, dass uns ein massives Clubsterben bevorsteht.“ Lesen Sie auch: Herforder Disco X schließt: Party- und Konzertgänger erinnern sich Diese Sorge teilt Heinz Eichler, will aber kämpfen. &bdquo;Ich möchte in Minden Disco sein“, sagt der 68-Jährige. Man müsse nun aber schauen, wie man das am besten bewerkstelligt. Nachdem es in diesem Jahr schon mehrere Öffnungstage gab, an denen die Box Geld draufgelegt hat, statt welches zu verdienen, sei klar: &bdquo;Wir müssen andere Angebote machen. So kann es nicht weitergehen.“ Das Ziel sei es, zweigleisig zu fahren, betont Eichler. So soll es zwar weiter den klassischen Disco-Betrieb geben, das aber mit besonderen Schwerpunkten. &bdquo;Es muss durchdacht sein.“ Der Sozialwissenschaftler Bernhard Heinzlmaier beschäftigt sich auch mit dem Thema. Er sagte mit Blick auf die goldenen Zeiten, in denen Discos von alleine Wochenende auf Wochenende voll waren: &bdquo;Dieses Breitband-Programm, dass man da immer durchlaufen lässt, wo es in Wirklichkeit nur darum geht, dass die Menschen dort ordentlich konsumieren und vielleicht einen Sexualpartner finden - das alleine ist zu wenig.“ Betriebsfeiern, Hochzeiten und Geburtstage in der Disco Genauso sieht es Eichler, der die Box nun öfter vermieten will. &bdquo;Dann kann es sein, dass wir samstags geschlossen sind, weil es eine geschlossene Gesellschaft gibt“, erklärt Eichler. Das sei früher undenkbar gewesen. Aber früher hieß es bei 500 bis 600 Gästen auch, dass die Box leer gewesen sei. &bdquo;Heute wäre das gigantisch für uns.“ Gerade an den Freitagen seien 100 Gäste keine Seltenheit, beschreibt Eichler die Misere. Mit bis zu 600 Personen plant Eichler für künftige, private Veranstaltungen, die in der Box stattfinden sollen. &bdquo;Natürlich sind das keine riesigen Events, aber Firmenfeiern und Betriebsfeiern sind vorstellbar und haben wir auch schon umgesetzt“, sagt der 68-Jährige und denkt an eine große Feier der Edeka zurück. Man könne die Diskothek eigentlich jeden Tag vermieten, sagt Eichler. &bdquo;Jubiläen, Geburtstag - ja selbst die Hochzeit in der Box ist denkbar“, sagt der Betriebsleiter. Die Chance, dass das funktionieren könnte, sieht er als groß an. Dafür beschäftigte er sich mit jeder Anfrage individuell, auch kleinere Bereiche möchte er vermieten. Lesen Sie auch: In diesen Clubs und Bars in OWL lässt sich besonders gut feiern Jugendliche können sich Disco nicht leisten &bdquo;Wir haben alles - außer Gäste“, sagt Eichler sarkastisch und verweist in diesem Zusammenhang auf die Modernisierungen, die in den Corona-Jahren vorgenommen worden sind - etwa die neue Lüftungsanlage für eine sechsstellige Summe. &bdquo;Wir haben den Betrieb ertüchtigt und er ist up to date - nur nützt uns das nicht so viel“, sagt der Betriebsleiter. &bdquo;Tanzen, Musik, sich treffen - das schläft ein“, ist seine Vermutung. Deswegen müsse es Höhepunkte geben, die spezielle Privatfeiern bieten. Auch Konzerte wie das von Curse im letzten Jahr gehörten dazu, so Eichler. Bernhard Heinzlmaier erklärt in einem NDR-Interview, dass &bdquo;vor allem Jugendliche aus der Mittelschicht sich die Diskothek nicht mehr leisten können“. Er untermauert Eichlers Vermutungen damit, dass die &bdquo;Gen Z“ (Kinder und Jugendliche die zwischen 1997 und 2012 zur Welt gekommen sind) eine massive Tendenz zur Individualisierung habe. &bdquo;Die Masse nimmt man nur in Kauf, wenn es große Musikfestivals sind, wo man den Star, den man liebt, sehen möchte.“

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