Innenstadtnahe kostenlose Parkplätze könnten in Minden bald wegfallen

Minden. Innenstadtnah umsonst parken? Das soll bald Vergangenheit sein. Künftig könnten für den kleinen Platz an der Rodenbecker Straße sowie die Parkplätze dort und die Parkbuchten westlich des Königswalls Gebühren fällig werden. Die Stadtverwaltung holte sich nun von der Politik obendrein den Auftrag zu prüfen, ob auch der Park-and-Ride-Platz am Bahnhof kostenpflichtig werden sollte. Minden dreht beim Parken insgesamt an vielen verschiedenen Stellschrauben, so sollen auch Anwohner künftig tiefer in die Tasche greifen. Auch das Berechnungssystem für alle ebenerdigen öffentlichen Parkplätze wurde überarbeitet. Bei der Diskussion im Ausschuss für Städtebau gab es wenige, die grundsätzlich gegen diese Pläne waren. Die Stadt braucht Geld - das jedoch erklärt den Vorstoß nur zum Teil. Viel wichtiger sind die erhofften Nebeneffekte. Innenstadtparkplätze könnten beispielsweise deutlich häufiger frei werden als bisher, wenn die Parkkosten steigen, erwarten die Fachleute der Verkehrsbehörde. Vor allem samstags immer in der Runde Wer lange bleiben will – ausgiebig Shoppen und dann noch ins Restaurant, oder auch, weil er oder sie in der Stadt arbeitet – soll ins Parkhaus fahren. Für kurze Besorgungen – Briefe aufgeben, grad mal was beim Optiker abholen oder ein Stück Kuchen kaufen – sind die Parkplätze gedacht. Dieser Grundsatz liegt den Konzepten in vielen Städten zugrunde. In Minden jedoch funktioniert das nicht – vor allem deswegen, weil das ebenerdige Parken im Vergleich zu den Parkhaus-Tarifen zu günstig ist. Darum stehen hier viele Autos über Stunden, beispielsweise auch am Großen Domhof, so die Analyse der Fachleute. Auf den kostenlosen Plätzen beispielsweise am Königswall haben die Mindener Verkehrsplaner sogar wochenlang abgestellte Wohnmobile beobachtet. &bdquo;Dauerbelegung attraktiver Stellplätze durch Langzeitparker“ heißt das in der Verwaltung. Wenn allerdings die innenstadtnahen Plätze meist voll sind, hat das mehrere Konsequenzen. Zum einen entsteht so ständiger Parksuchverkehr. Samstags fahren Menschen, die in die Mindener Innenstadt wollen, beispielsweise am Großen Domhof immer wieder rundherum. Dort sei dann soviel Verkehr wie sonst am Petershäger Weg, beschreibt Beigeordneter Lars Bursian die aktuelle Lage. Die Folge: Lärm, Abgase, starke Verkehrsbelastung. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass bestimmte Fahrer-Typen der Stadt ganz fern bleiben. Wer nicht mehr gut laufen kann, beispielsweise, und deswegen eigentlich gern nahe der Fußgängerzone parken würde, wird zögern, wenn er aus Erfahrung weiß, dass diese Plätze sowieso alle weg sind. Mit einer anderen Gebührenordnung, hofft die Verwaltung, ist dann künftig auch mal der eine oder andere Platz in Spitzenzeiten frei. Das soll die gesamte Innenstadt stärken und vor allem den Einzelhändlern zugutekommen. Außerdem verursachen Parkplätze Kosten, die die Allgemeinheit trägt, wenn die Parkenden keine Gebühren zahlen. Und schließlich wird niemand auf den Bus umsteigen, wenn Parken billiger als ein Ticket ist. Mehr Qualität, denn genug Plätze gibt es sowieso &bdquo;Wir brauchen mehr Qualität im Parkraum – die Quantität passt in Minden“, so Bursian. Immerhin bleiben die rund 2000 gebührenfreien Parkplätze auf Kanzlers Weide auch künftig bestehen. Dafür stehen jetzt unter anderem die kostenfreien Plätze am Königswall und in der Nähe des Bildungszentrums am Weingarten zur Diskussion. Das kann auch Nachteile haben, gaben verschiedene Stadtverordnete zu bedenken. Fragen dazu hatte Bettina Lauer für die SPD mitgebracht: Am Königswall sind beispielsweise viele Ärzte – wie soll es geregelt werden, dass Patienten hier parken können, ohne die Parkzeit zu überziehen? Bekommen Besucher der Stadtbibliothek oder der Volkshochschule ihre Gebühren erstattet? Gerade der Parkplatz Rodenbecker Straße sei doch für diese Bildungseinrichtungen gedacht. Eine Bewirtschaftung müsse daher mit diesen gut abgestimmt sein. Weitere Sorge: Wenn rund um die Schulen - Ratsgymnasium und Kurt-Tucholsky-Gesamtschule - künftig die Parkplätze kostenpflichtig würden, weichen dann nicht noch mehr Menschen in die Nebenstraßen wie die Hardenbergstraße aus?, so Thorsten Bülte (SPD). Diese Straßen seien schon jetzt oft sehr zugeparkt. Er plädierte dafür, parallel die Attraktivität des ÖPNV weiter zu steigern. Beigeordneter Bursian entgegnete, dass die Stadt allen Oberstufenschülern immerhin das kostenlose Schülerticket finanziere und diese daher nicht auf das Auto angewiesen wären. Dieser Aspekt wird aber auch mit geprüft. Im Ausschuss stimmten zehn Vertreter dafür, eine Gegenstimme kam von der AfD. Park-Chaos am Mindener Bahnhof Wer einen Platz auf dem kostenlosen Park-and-Ride-Platz am Bahnhof sucht, muss früh aufstehen: Hier ist es immer voll. Auch entlang der Pionierstraße und vor dem Gelände der DB Systemtechnik ist kaum ein Platz zu bekommen. Die Analyse der Verkehrsplaner: Hier stehen auch Anwohner, Mitarbeitende der angrenzenden Betriebe und andere Langzeitparker – &bdquo;eine Fehlnutzung“. Bahnkunden haben oft das Nachsehen. Der nahe Rewe ist eine verlockende Ausweichfläche. Dauerparkende Bahnfahrer sind aber nach Auskunft einer Unternehmenssprecherin dort bisher kein Problem. Ja, manchmal komme es zu Engpässen, schreibt sie auf MT-Anfrage. Auf die Pflicht zur Nutzung von Parkscheiben werde durch Standardhinweise aufmerksam gemacht. &bdquo;Allerdings wird die Einhaltung der Parkregeln nicht kontrolliert.“ Rewe sei als Anlieger bisher nicht direkt in die Planungen eingebunden – aber gute, kostenfreie Parkplätze seien eine wichtige Serviceleistung für das Unternehmen. Die Stadt Minden hat auf der Parkplatz-Fläche, die ihr gehört, Pläne. Doch hier liegt noch eine Förderung drauf, die &bdquo;kostenloses Parken“ bis 2031 festschreibt. Bei der Bezirksregierung wurden Vertreter der Stadt Minden an diesem Donnerstag vorstellig. Ihre Bitte: zu prüfen, ob sich da was machen lässt. Wenn überhaupt dürfte das nur gegen Zahlung einer Ablösesumme möglich sein. Wegen dieser Förderung hat die Stadt seinerzeit hier auf den Bau einer Parkpalette verzichtet und den Platz nur asphaltiert und geschottert. Das ist inzwischen sehr reparaturanfällig - davon ganz zu schweigen, dass der Blick auf dieses ungepflegte Park-Chaos nicht gerade eine gute Visitenkarte für Minden-Besucher ist. Innerhalb der nächsten Jahre könnte zudem das Nebengrundstück frei werden, auf dem der Baustoffhändler Linnenbecker angesiedelt ist - der sucht bekanntlich einen neuen Standort in Minden. Dann würde Minden dieses kaufen. Von einem Parkhaus wird bis dahin nicht die Rede sein, weil zwischen Pionier- und Bahnstraße auch viele Fußgänger und Radfahrer unterwegs sind. Eine Bebauung würde diesen Weg versperren. Falls die Stadt Minden bei der Bezirksregierung eine Regelung zur künftigen Bewirtschaftung erreicht, würde die Fläche in Hände der Mindener Parkhaus gegeben. Ob das dann die Chancen für ein Hotel am Neutorplatz erhöhe, fragte Bernd Volz (SPD). Ein Investor interessiert sich für diesen Platz, den die Mindener Parkhaus aber bisher als gebührenpflichtigen Parkraum in Bahnhofsnähe erhalten will. Bursian dazu zurückhaltend: Wenn denn alles so käme, könnte das ein Anstoß für die zuständigen Gremien sein, sich damit nochmals zu beschäftigen. In jedem Fall wäre eine Aufwertung des P&R-Platzes eine Zwischenlösung, bis nach dem Wegzug von Linnenbecker ein Gesamtkonzept verfolgt werden kann. Das ist eine langfristige Planung, Perspektive: zehn bis 15 Jahre. Abschied von der Brötchentaste Die neue Gebührenordnung muss noch im Rat beschlossen werden - bis dahin erbat die SPD-Fraktion noch Antworten auf verschiedene Einzelfragen. Dann werde man das Paket aber auch beschließen können, signalisierte sie. Hier werden nicht nur die Preise, sondern auch die Intervalle geändert. Er habe in den vergangenen Wochen viele Leute innerhalb und außerhalb der Verwaltung gefragt, was eigentlich eine Stunde Parken auf verschiedenen Mindener Plätzen koste und was die Höchstparkdauer sei, so Beigeordneter Bursian. Richtige Antworten waren selten. Kein Wunder - hat doch fast jeder Platz eine andere Regelung. Künftig soll das vereinheitlicht werden. Künftige Regelung: Es wird drei Zonen geben - Stadtkern, innenstadtnah und Simeonsplatz/Dreieckplatz. Zwischen 9 und 19 Uhr werktags kostet in Zone 1 die Stunde 2 Euro, weitere 15 Minuten je 50 Cent, Höchstparkdauer: vier Stunden. In Zone 2 kostet die Stunde 1,60 Euro, weitere 15 Minuten je 40 Cent, auch hier sind vier Stunden die maximale Parkzeit. In Zone drei wird die Stunde ein Euro kosten, die Verlängerungen je 15 Minuten 25 Cent. Ein Tagesticket gibt es hier für vier Euro, ein Dreimonatsticket für 50 Euro im Monat. Grundsätzlich sei so mit Mehreinnahmen zu rechnen, sagt die Verwaltung. Doch wie hoch diese ausfallen, mag im Vorfeld keiner abschätzen - dafür spielen zu viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Parkgebühren wurden zuletzt 2016 angehoben. Abgeschafft werden soll auch die &bdquo;Brötchentaste“, mit der die ersten 15 Minuten umsonst sind. Auch das sei &bdquo;Parken umsonst“ und werde zudem oft missbraucht. Anwohner sollen mehr fürs Parken zahlen Außerdem erging die Empfehlung an den Rat, die Gebühren für das Anwohnerparken zu erhöhen. Die aktuell sehr niedrigen Beiträge führten dazu, dass viele Autos am Straßenrand stehen, auch wenn sie tagelang nicht genutzt werden. Obendrein passten sie schon lange nicht mehr zu den tatsächlichen Kosten für Erstellen und Erhalt der Plätze, so die Stadt-Vertreter. Die Verwaltung schlägt eine Erhöhung auf 150 Euro pro Ausweis und Jahr vor - bisher müssen maximal 30,70 Euro pro Jahr gezahlt werden. Selbst die neue Höhe sei sehr gering, wenn man das auf 365 Tage im Jahr umrechne und mit den ansonsten in Minden geltenden Parkgebühren vergleiche, hieß es dazu aus Reihen der Politik. Insgesamt unterstützten die Politiker im Fachausschuss das Gesamtvorhaben der Verwaltung - mit Ausnahme des AfD-Vertreters. Was immer wieder auch deutlich wurde: Menschen mit Behinderungen, sozial schlechter gestellte oder auch Senioren sollten mit ihren jeweiligen Bedürfnissen nicht vergessen werden. Dafür setzte sich unter anderem Dirk Böhlke (MI) ein. Ihn stellte auch nicht zufrieden, dass Gunnar Kelb von der Verkehrsbehörde ihm versicherte, hier würde es bei Einzelfällen Unterstützung geben und es würden individuelle Lösungen gesucht. Der MI-Politiker, der selbst auch einen Rollstuhl nutzt, wünsche sich eine grundlegendere Betrachtung, auch für Menschen, die nur sehr wenig Geld hätten. Kommentar aus dem Ausschuss: Wer sich ein Auto leisten kann, der kann sich auch ein Parkticket leisten.

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