Neujahrsempfang Handelsverband OWL: "Falsch, das Auto aus der Innenstadt zu verbannen"

Minden. Als Jürgen Ahrens die erste und einzige Frage des Abends an die Zuhörenden richtete, gingen alle Hände in die Höhe. &bdquo;Wer möchte eine lebendige Innenstadt?“, fragte der Vorsitzende des Ortsvorstandes Minden und Vorstandsmitglied des Handelsverbandes Ostwestfalen-Lippe beim Neujahrsempfang. Alle. Wenig überraschend herrschte am Montagabend im Preußenmuseum große Einigkeit rund um das zentrale Thema, die Notwendigkeit der Belebung der Innenstädte. Ohne Handel und Gastronomie wären diese nur ein Stadtbezirk, in dem zufällig ein Rathaus stünde, verdeutlichte Hagemeyer-Gesellschafter Jürgen Ahrens in seinen Grußworten. Erstmals seit 2020 konnte der Handelsverband Ostwestfalen-Lippe zum traditionellen Jahresempfang wieder rund 100 geladene Gäste begrüßen. So trafen sich Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Landräte, Bürgermeister, Repräsentanten aus Bezirksregierung, Kreisen und Kommunen, Vertreter von befreundeten Kammern und Verbänden sowie zahlreiche Einzelhändler und weitere Wirtschaftsvertreter aus der Gesamtregion OWL in Minden – wo an diesem Abend aber nicht nur eitel Sonnenschein herrschte. E-Scooter bringen Mobilität in die Stadt Kritik war hörbar, als sich Ahrens mit einem Wunsch an die Stadt wendete. &bdquo;Stehen sie zu den Zielkonflikten“, forderte er an Bürgermeister Michael Jäcke (SPD) gerichtet, der in der ersten Reihe saß. Es sei falsch, das Auto mit absurden Tempolimits aus der Stadt zu verbannen. Und mit einem zu dünn aufgestellten ÖPNV bekomme man niemanden vom Sofa runter, machte der Hagemeyer-Gesellschafter deutlich. &bdquo;Wenn der Handel das Herz der Innenstadt ist, dann sind die Straßen die Blutbahnen“, so Ahrens. Zum Thema Auto werde man bestimmt noch die eine oder andere Diskussion führen, entgegnete Jäcke erst ganz am Ende seiner Grußworte auf diesen Wunsch. Zuvor nutze der Bürgermeister die Gelegenheit, die Stadt Minden &bdquo;positiv zu verkaufen“, wie er mit einem Zitat von Robert Louis Stevenson (&bdquo;Jeder lebt davon, dass er etwas verkauft.“) zugab. Er verwies auf das &bdquo;Handlungskonzept Innenstadt“, das auf den Weg gebracht ist, den neuen und ersten Innenstadtmanager, das erfolgreiche Projekt &bdquo;Stadtgutscheine“, das Smarte Parken, die E-Scooter, die ein Stück Mobilität in die Innenstadt bringen würden und die Pläne, die Stadt mit einer ab 2024 völlig neu gestalteten Weserpromenade näher an die Weser zu holen. Wettbewerb durch Online-Händler große Herausforderung Der durch die Corona-Krise noch mal mehr an Fahrt aufgenommene &bdquo;große Gewinner Online“ spielte nicht nur in Jäckes Ausführungen eine mit Sorgen erfüllte Rolle. Auch Prof. Dr. Johannes Beverungen, Vorsitzender des Handelsverbandes Ostwestfalen-Lippe sieht in seiner Ansprache den zunehmenden Wettbewerb durch Online-Händler als eine der großen Herausforderungen, vor denen der Einzelhandel stehe. &bdquo;Und immer noch ist nicht verständlich, warum Online-Riesen nicht adäquat durch Steuern zum Allgemeinwohl beitragen“, führte er aus. Aber auch Beverungen beschäftigte das Reizthema Verkehr in Bezug auf die Innenstadtbelebung. Hier bedürfe es einer differenzierteren Betrachtung. Neue Mobilitätskonzepte für große Ballungszentren könnten nicht eins zu eins auf unsere ländlich geprägte Struktur übertragen werden. Mehr als 50 Prozent der Einzelhandelskunden und viele Erwerbstätige aus dem ländlich geprägten Umfeld kämen vornehmlich mit dem PKW in die Innenstädte. Und ein einfaches Umsteigen auf den ÖPNV werde auch in Zukunft nicht möglich, sodass hier die angedachte Mobilitätswende mit der geplanten Reduzierung des Individualverkehrs zum Teil in die falsche Richtung laufe. &bdquo;Wir brauchen nicht nur schnelle Datenautobahnen. Der Begegnungsraum Nr. 1 sind eben unsere Innenstädte und diese müssen auch möglichst barrierearm beziehungsweise unbeschwerlich für alle Arten von Verkehrsträgern erreichbar bleiben“, so der Handelsverbandsvorsitzende. Für den Verkaufsoffenen Sonntag kämpfen Das Auto nicht aus der Innenstadt zu verbannen, sondern vielmehr vermehrt kostenloses Parken anzubieten, ist eine von drei Ideen, die Bundestagsabgeordneter Frank Schäffler am Ende seines Vortrags für den Handel formulierte. Der FDP-Mann sprach zum Thema &bdquo;Wirtschaftliche Perspektiven in Krisenzeiten“. Eine zweite Idee ist, die Gebührenpflicht in der Außengastronomie abzuschaffen. Und als dritte Maßnahme gab Schäffler dem Handel mit auf den Weg, stärker für den Verkaufsoffenen Sonntag zu streiten. &bdquo;Da muss man ran“, war der Bundestagsabgeordnete überzeugt. Szenenapplaus bekam er für seine Aussage: &bdquo;Einkaufen am Sonntag kann auch ein Akt der seelischen Erhebung sein“.

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