Kein Heizöl getankt: Wohnkonzern lässt Mieter in Minden-Lübbecke regelmäßig im Kalten sitzen

Minden. Der Heizlüfter misst in etwa 20 Mal 26 Zentimeter und bringt es auf knapp zwei Kilowatt Leistung. Im Baumarkt kostet er um die 18 Euro. Nico Krause (32) und seine Freundin Diana Rose (29) bekamen ihn von der LEG Immobilien SE, nachdem sie sich dort am Wochenende mehrmals über die Temperatur in ihrer Wohnung beschwert hatten. Die Familie bewohnt 88 Quadratmeter in einem Acht-Parteien-Haus in der Saalestraße. Dafür zahlt sie rund 920 Euro Warmmiete. Am Samstag wurden dann gegen Mittag weder die Heizkörper warm, noch gab es warmes Wasser. Für das Paar war das besonders bitter, weil Tochter Liara Sophie gerade einmal zwei Wochen alt ist. Im Schlafzimmer fiel die Temperatur laut der Eltern teilweise auf 14 Grad. Also riefen Krause und Rose wieder und wieder die 24-Stunden-Hotline des Immobilienanbieters an. "Und dann kamen sie mit dem Ding hier an", sagt Krause sichtlich erzürnt. Einer der Mitarbeiter habe ihm auch gesagt, als Vater könne er das Kind ja wohl selbst wärmen. Der 32-Jährige lebt mit seiner Freundin seit November im Dachgeschoss des LEG-Hauses, es ist bereits das zweite Mal, dass die Heizung nicht geht. "Mitte Dezember hatten wir das auch schon drei Tage." Eigentlich sei er ja überhaupt nur nach Minden gezogen, damit das Theater mit Vermietern endlich ein Ende habe. "Wir sind in Raddestorf weggezogen, weil sich unser Vermieter ein halbes Jahr nicht um eine defekte Heizung gekümmert hat. Jetzt wohnen wir hier und es geht weiter", ärgert er sich. Mangelndes Heizöl statt Defekt schuld Die LEG gibt am Dienstag gegenüber dem Mindener Tageblatt (MT) an, dass es den Ausfall tatsächlich gibt. "Wir können bestätigen, dass in unseren Systemen eine Schadensmeldung zu einem Heizungsausfall in der Saalestraße in Minden in den zurückliegenden Tagen eingegangen ist. Die gute Nachricht ist, dass die Anlage seit Mittag wieder läuft", betont eine Sprecherin. Sie verweist auch darauf, dass bei Schadensmeldungen stets umgehend reagiert werde. Mareike Wiese (31) wohnt weiter unten im Haus und macht den Eltern hingegen eher wenig Hoffnung auf Besserung. Seit sechs Jahren lebt sie mit ihrem Mann und den zwei Söhnen in der Saalestraße und friert in jedem Winter ein bis zwei Wochen lang, wie sie sagt. "Alle zwei bis drei Monate ist das so. Dann kommt irgendwann ein Tankwagen und die Heizung läuft wieder." So lief es auch am Dienstag. Nach dem x-ten Anruf und dem vierten Tag ohne Warmwasser und Heizung fuhr ein Heizöl-Laster vor dem Mehrparteienhaus vor und befüllte den Tank. Kurz darauf sprangen die Heizkörper wieder an. Nico Krause fotografierte den Tankwagen. "Das glaubt mir ja sonst keiner", sagt er. Schon zuvor hatte sich im Haus herumgesprochen, dass nicht eine defekte Heizung, sondern schlicht kein Heizöl die Ursache für die Kälte war. Nachbarhäuser schon mit Fernwärme versorgt "Am Telefon hat man mir dann allerdings gesagt, am Wochenende könne man kein Heizöl ordern", sagt Krause. Er halte das für kompletten Unsinn. "Ich arbeite auf dem Bau und da kommen ständig Laster und betanken Bagger." Die LEG selbst meldete ihren Mietern am Montag per SMS einen "Ausfall der Heizungsanlage" - ohne Angabe von Gründen. Es könne "zur Einschränkung in der Wärmeversorgung kommen", heißt es in dem Schreiben weiter. Man entschuldige sich ausdrücklich. "Wir können ihnen jedoch mitteilen, dass die Heizanlage bis zum 7. Februar repariert wird." Mareike Wiese kann darüber nur lachen. Es sei ja kein Defekt in der Anlage, wenn sich niemand um die Betankung kümmere. "Ich habe beim 24-Stunden-Technikservice angerufen, da hieß es, die LEG sei zuständig. Die LEG hat mich dann zurück an den Technikservice verwiesen." Sie habe dann gefragt, warum sich niemand regelmäßige Einträge in den Kalender mache, um nach den Füllständen der Öltanks zu sehen. Und die 31-Jährige stellt noch eine Frage: Warum überhaupt wurde im Haus die Heizung nie erneuert? "Alle anderen Häuser hier werden per Fernwärme geheizt, nur unseres und das Nachbarhaus laufen mit Öl." Und auch nur dort sei es ihres Wissens regelmäßig kalt. Krankheitsbedingt habe sich die Lieferung verzögert, so die LEG Krankheitsbedingt soll sich Heizöl-Lieferung verzögert haben Auf MT-Nachfrage wird das Immobilienunternehmen konkreter: "Die Anlage wurde heute Morgen betankt und gegen 12 Uhr wieder in Betrieb genommen", schreibt die Sprecherin. Die Füllstände der jeweiligen Tanks würden elektronisch überwacht. "Die Energietochter der LEG, die ,Energie Service Plus' (ESP), löst die Bestellungen aus." In dem individuellen Fall sei das auch rechtzeitig geschehen. Krankheitsbedingt habe sich die Lieferung seitens des Lieferanten aber verzögert. "Auf solche Situationen haben wir leider nur bedingt Einfluss. Wir werden dennoch darauf hinwirken, dass die Lieferzeiten der Ölbestellungen nochmal genauer berücksichtigt werden", so die Sprecherin weiter. Sie bestätigt, dass es sich bei den beiden Häusern in der Saalestraße um die letzte Ölanlange des Unternehmens im Mindener Bestand handelt. "Die LEG vermietet insgesamt etwa 166.000 Wohnungen an rund 500.000 Mieter. In Minden haben wir insgesamt 664 Wohneinheiten, davon werden 16 mit einer Ölheizung versorgt." Die Heizungsanlagen würden je nach Alter, Anlagenzustand und Störanfälligkeit erneuert – es gebe also keinen pauschalen Zyklus. Auch Probleme mit Internet und dreckigem Treppenhaus Die Sprecherin verweist auch noch einmal auf die zahlreichen Kontaktmöglichkeiten, die Mieter bei der LEG hätten. "Erste Anlaufstelle für unsere Kunden ist unser Zentraler Kundenservice." Um eine Warteschleife zu umgehen, habe man bereits Ende 2018 einen telefonischen Rückrufservice eingerichtet, seit August 2019 könne man diesen auch per Rückrufbutton auf der Website bestellen. "Dediziert für Schadensmeldungen steht natürlich zusätzlich unsere Reparatur-Hotline bereit – in Notfällen rund um die Uhr." Das bestätigen auch die Mieter in der Saalestraße: Ans Telefon ginge immer jemand. Nur: Gelöst würde deshalb noch gar nichts. Mareike Wiese hat die Zustände mächtig satt. "Wir wohnen seit Mai 2017 hier im Haus und immer, wenn was ist, kümmert sich gar niemand oder es dauert ewig." Dabei stünden auf den Betriebskostenabrechnungen 50 bis 100 Euro Gebühr für den Hauswart. Pro Partei. "Ich kenne den und habe den hier in sechs Jahren vielleicht zwei Mal gesehen." Auch die Reinigungsfirma für das Treppenhaus, die explizit mit im Mietvertrag stehe, komme entweder gar nicht oder reinige nur die untere Etage. "Im Nachbarhaus haben sie die gleichen Mietverträge, da kommen sie aber gar nicht erst", sagt Wiese. Als das Internet drei Monate nicht ging, habe die Telekom Hilfe angeboten, die LEG aber auf ihre selbst beauftragte Firma bestanden. "Die haben das Kabel dann quer durch mehrere Räume gelegt und so ist es immer noch." Ehemaliger Ortsbürgermeister aus Königstor beklagte sich Als eines Abends die Sicherungen in der Wohnung ständig rausflogen, sei auch niemand gekommen. "Wir haben es dann selbst gelöst." Und eine nasse Wand im Bad, ausgelöst durch eine offenbar defekte Leitung, sei ein halbes Jahr lang im Rohbau geblieben. So stellen es die Mieter einhellig dar. Schon 2019 klagten Mieter über lange Wartezeiten und fehlendes Heizöl Auch vor der Pandemie, im Mai 2019, gab es bereits Beschwerden über die Immobiliengesellschaft. Mieter aus Königstor und der damalige Ortsbürgermeister Athanasios Vlachos beklagten gegenüber dem MT lange Wartezeiten bei Reparaturen, fehlendes Öl in den Heiztanks, ebenso wie einen fehlenden Hausmeister. Auch Nico Krause und Diana Rose haben in ihren paar Monaten bei der LEG schon einige Mängel festgestellt, sagen sie. "Unten im Keller lief wochenlang Wasser aus einer Leitung auf eine Steckdose", sagt Krause. Der Techniker habe ihm empfohlen, dass es am besten sei, die Hauptleitung abzudrehen, bis jemand käme. "Dann hätten aber ja acht Parteien wochenlang kein Wasser gehabt." LEG besitzt 664 Wohnungen in Minden Wegen undichter Fenster im Wohnraum und einem nicht zu öffnenden im Bad habe Rose bereits am 12. Januar bei der Hotline angerufen. Am 14. Februar soll jetzt jemand kommen und nachsehen, den Termin habe die LEG bestätigt. Dass sich dann etwas ändert, glaube Mareike Wiese nicht. "Das haben wir auch schon gemacht, denn die Gardinen bewegten sich im Wohnzimmer bei geschlossenem Fenster im Windzug". Es habe dann geheißen, das Mauerwerk arbeite eben. Ein Heizlüfter sei ihr übrigens in all den Tagen ohne Heizung in sechs Jahren nicht angeboten worden. "Danach habe ich dann jetzt mal aktiv gefragt." Mit dem kleinen Standgerät von Rose und Krause käme sie in den Kinderzimmern aber ohnehin nicht weiter. Wie die zusätzlichen Stromkosten abgerechnet werden, ist den Mietern ebenfalls noch unklar. Krause sagt dazu: "Es hieß am Heizlüfter ist ein Stromzähler, wir könnten das dann bei der LEG angeben und bekämen das Geld zurück erstattet." Der Techniker habe dann gesagt solche Geräte mit Zähler habe man gar nicht im Bestand. "Dann hieß es bei der Hotline, wir sollten uns die Zeiten aufschreiben, wann das Ding lief - das würde dann angerechnet." Ob das problemlos klappt, daran hat Krause Zweifel. Die LEG verweist unerdessen auf ihren guten Kundenservice: "Anliegen, die nicht sofort gelöst werden können, leiten die Mitarbeiter der Hotline direkt an den richtigen Ansprechpartner weiter." Übrigens ist die LEG Immobilien SE ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Seit dem Börsengang 2013 erhöhte das Unternehmen seine Rendite stetig von 1,07 auf nun fast fünf Prozent, entsprechend stiegen auch die Dividendenausschüttungen an die Aktionäre. Der Umsatz betrug 2021 mehr als 960 Millionen Euro. In Minden besitzt die LEG 664 Wohnungen, nahezu alle davon im Stadtteil Königstor.

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