Mittendrin: Rechtsextreme bei nicht genehmigter Kundgebung von Impfgegnern

Minden. &bdquo;Wie kommen Sie eigentlich darauf zu behaupten, an den Mahnwachen hätten Rechtsextreme teilgenommen?" So und ähnlich lauteten am Montag Fragen von Teilnehmern in Richtung Redaktion des Mindener Tageblatt (MT). Sie fühlten sich nach den Aktionen am Donnerstag auf dem Kleinen Domhof und am Sonntag vor der Herzog-von-Braunschweig-Kaserne in eine falsche Ecke gestellt.Für eine weite Verbreitung der Bilder in den Sozialen Netzwerken sorgte allerdings der extrem weit rechts stehende Mindener AfD-Landtagsabgeordnete Thomas Röckemann. Er war bekanntermaßen Teil des angeblich aufgelösten – völkischen – Flügels der AfD. Und er steht AfD-Rechtsaußen Björn Höcke nahe, dessen thüringischen Landesverband der Verfassungsschutz als &bdquo;erwiesen rechtsextrem" bezeichnet hat. Röckemann präsentierte am Donnerstag Fotos von sich auf der Demo und schrieb von einem &bdquo;,zufälligen Zusammentreffen von Menschen, denen Freiheit und körperliche Unversehrtheit am Herzen liegen". Er nannte auch den Titel der vorgeschoben zufälligen Demo: &bdquo;Minden wird wach".Teilnehmer treiben Keil in Gesellschaft Beim &bdquo;Erwachen" handelt es sich um ein Codewort, das in der verschwörungsmystischen Szene genutzt wird, um die Gesellschaft als schlafend darzustellen. In dieser kruden Logik sind einzig Menschen aus dem Kreis der Teilnehmer erwacht und haben die angebliche Realität erkannt. &bdquo;Zufällig" war an der Aktion übrigens nichts. Die Teilnehmer organisierten sich über den Messenger-Dienst &bdquo;Telegram". Der ist inzwischen das Medium schlechthin, das die sogenannte Querdenken-Bewegung zur Vernetzung nutzt. Überhaupt ist Röckemann gerade in Protestlaune – nicht ungewöhnlich angesichts des Interesses von Rechtsextremen an Spaltung und Verunsicherung der Bevölkerung.Jedenfalls nahm Röckemann am Samstag an einer Querdenker-Demo in Düsseldorf teil und präsentierte sich entsprechend bei Facebook. Dort ging er so weit zu sagen, sein Protest wende sich &bdquo;gegen jegliche Form von Diktatur". Gleichzeitig schlenderte er ungehindert mit einem Schild durch die Straßen, auf dem stand: &bdquo;Impfzwang – Methodik einer Demokratie?" Am Sonntag schließlich waren neben Röckemann und weiteren AfD-Stadtverordneten (etwa Frank Dunklau) und AfD-Kreistagsmitgliedern auch AfD-Kreissprecher Sebastian Landwehr auf der Demo vor der Kaserne.Unbestätigte Behauptungen In einem entsprechenden Eintrag auf Facebook schreibt Röckemann zum Hintergrund, dass ein Soldat dort &bdquo;einen siebentägigen Arrest" abbüße, &bdquo;weil er sich nicht der Corona-Impf-Therapie unterziehen lassen will". Ob das stimmt, bleibt mindestens vage. Die Bundeswehr bestätigt den Vorfall nicht – schon gar nicht in der unter Querdenkern kursierenden Version. Röckemann ging sogar so weit, das Foto eines Plakates zu veröffentlichen, auf dem die abwegige Botschaft zu lesen war &bdquo;Genimpfung = Völkermord". Doch nicht nur AfD-Vertreter waren treibende Kräfte der beiden Veranstaltungen in Minden. Dort traten auch Menschen aus Neonazi-Kreisen auf. Das antifaschistische &bdquo;Recherchekollektiv OWL" hat Bilder veröffentlicht, die vor der Kaserne eine Gruppe von paramilitärisch gekleideten Männern zeigt.Die Uniformen und Barette dürften laut Versammlungsgesetz problematisch zu bewerten sein. Darin steht in Paragraph 3: &bdquo;Es ist verboten, öffentlich oder in einer Versammlung Uniformen (...) als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen." Die ohnehin zurückhaltend agierende und mit drei Fahrzeugen recht spärlich vertretene Polizei schritt nicht ein. Frage an die Polizei: warum diese Taktik? Die Versammlung sei der Polizei vorher bekannt gewesen, betont Polizeisprecher Ralf Steinmeyer. Eine offizielle Anmeldung habe allerdings nicht vorgelegen. Deshalb wurde nun ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Eine fehlende Anmeldung begründe allerdings noch keine Auflösung, betont Steinmeyer. Daher sei die Polizei verpflichtet gewesen, &bdquo;die Versammlung zu schützen".Uniformierte Teilnehmer Das Tragen der Uniformen sei den Einsatzkräften aufgefallen. Deshalb die Versammlung aufzulösen, wäre aber nicht verhältnismäßig gewesen, da sie &bdquo;friedlich und ohne Störungen" verlaufen sei. Außerdem hätten nur wenige der in der Spitze 100 Teilnehmer Uniformen getragen. Der Staatsschutz sei informiert worden. Die Demonstranten halten auf dem Foto des Kollektivs ein Plakat vor sich, auf dem steht: &bdquo;Impfpflicht für Soldaten ist Wehrzersetzung". Dabei gibt es bei der Bundeswehr seit je her eine Liste mit &bdquo;Basisimpfungen", die Soldaten zu dulden haben. Wer sich für den Soldatenberuf entscheidet, kommt an Impfungen nicht vorbei. Einige der Männer sind keine Unbekannten. Auf den Bildern ist etwa ein Mindener zu sehen, der laut Angaben des Kollektivs Teil der 1992 verbotenen &bdquo;Nationalistischen Front" gewesen sei. Bilder von anderen Veranstaltungen zeigen ihn mit Plakaten der rechtsradikalen Partei &bdquo;Die Rechte". Darauf wird unter anderem &bdquo;Freiheit" für die mehrfach wegen Holocaust-Leugnung inhaftierten Ursula Haverbeck gefordert. Der Mann ist zudem auf vielen weiteren Bildern zu sehen, die auf rechtsextremen Demonstrationen entstanden sind.Mit Bundeswehr-Barett ist nach Recherchen des Kollektivs außerdem ein Mann aus Detmold zu sehen. Er sei führendes Mitglied der 1994 verbotenen neonazistischen Wiking-Jugend sowie Mitglied der 2009 verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend gewesen. Wegen dieser Umtriebe habe der frühere Soldat die Bundeswehr verlassen müssen. Bilder zeigen den Mann auf zahlreichen Querdenker-, aber auch auf Demonstrationen gegen die Haverbeck-Inhaftierung.

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