Wer wird es? Zwei Kandidaten kämpfen um das Landratsamt

Minden. Für den einen ist es Heimat, für die andere ein Sehnsuchtsort. Zwei Begriffe, eine Botschaft: Der Kreis Minden-Lübbecke liegt den beiden Kandidaten am Herzen. Kein Wunder, schließlich wollen Anna Bölling (CDU) und Ingo Ellerkamp (SPD) am Sonntag zur Landrätin beziehungsweise zum Landrat gewählt werden. Beim Gespräch mit dem Mindener Tageblatt am Bootshaus des SV 1860 Minden liegen die beiden für die Stichwahl verbliebenen Bewerber inhaltlich eng beieinander, dennoch gelingt es ihnen immer wieder, auch Unterschiede herauszuarbeiten. Der große Schlagabtausch bleibt dabei aber aus. Aus Sicht von Anna Bölling liegt das nahe: Sie lag im ersten Wahlgang mit 46,3 Prozent fast 15 Punkte Ingo Ellerkamp (31,5 Prozent) und kann an ihrem bisher erfolgreichen Wahlkampf festhalten. Doch auch Ellerkamp setzt nicht auf den &bdquo;großen Generalangriff", wie er sagt. Als ehemaliger Fußballspieler kennt er Zweikampfsituationen zwar gut, Foul spielen wolle er aber nicht. Zweifel am Klimaversprechen Und so äußern sich die Unterschiede eher in den Zwischentönen. Etwa, wenn Ellerkamp seiner Kontrahentin vorwirft, zu sehr im Vagen zu bleiben. Bölling hatte zuvor eine transparentere Kommunikation angekündigt, sie wolle eine &bdquo;neue Kultur schaffen." Gleichzeitig räumt sie ein, sich mit dem SPD-Programm inhaltlich kaum auseinandergesetzt zu haben: &bdquo;Ich konzentriere mich auf meine Themen", sagt sie: Gesundheit, Standort, Digitalisierung, Regionalmarketing und Familie. Diese Themen hätten drei von den ursprünglich vier Kandidaten auf der Agenda gehabt, kontert Ellerkamp. Es sei im Wahlkampf und erneut mit dieser Antwort deutlich geworden, dass sich Anna Bölling &bdquo;auf inhaltliche Punkte kaum einlässt." Hier sei die SPD weitergegangen, &bdquo;wir haben das aber scheinbar bisher nicht transportieren können." Bölling wiederum greift Ellerkamp bei einem seiner Kernthemen gerade wegen einer klaren Position: Ellerkamp verspricht einen klimaneutralen Kreis bis 2030. &bdquo;Das hört sich großartig an und ich würde mir das auch sehr wünschen", sagt Bölling. Aber: In einem Großteil der Städte und Gemeinden kämen Emissionen und Energieverbrauch von Privathaushalten und dem Individualverkehr, hier seien dickerer Bretter zu bohren. &bdquo;Das ist mir ein bisschen zu einfach zu sagen, bis 2030 sind wir klimaneutral. Das ist kein realistisches Versprechen." "Verloren gegangene Vertrauen" Natürlich sei das ein ehrgeiziges Ziel, entgegnet Ellerkamp. Wer beim Klimaschutz etwas bewegen will, werde mit dem St. Nimmerleinstag nichts erreichen. Fragen wie Energieverbrauch und Energieerzeugung gelte es, mit einem Bündel von Maßnahmen anzugehen. &bdquo;Es geht darum, nicht nur über Konzepte zu sprechen und Runden um Runden zu drehen – nicht nur beim Klimaschutz kommt es darauf an, tatsächlich auch zumachen und zu tun. Gesprochen wurde lange genug." Auch bei den Themen Gesundheit und Standortmarketing sind die Positionen ähnlich. Bölling sieht hier grundsätzlich Nachholbedarf, etwa, weil es nicht ausreichend gelungen sei, medizinisches Fachpersonal zu halten. Ellerkamp wiederum verweist auf Erfolge, zum Beispiel den Status eines Universitätsklinikums in den Kreis geholt zu haben. Und die unendliche Geschichte Kampa-Halle? Gerade die Diskussion um das nächste Gutachten und dass Vertreter der Politik bei der Begehung der Halle nicht eingeladen waren, sei symptomatisch für das verloren gegangene Vertrauen, sagt Bölling. Sie hoffe nun, dass das Ergebnis des Gutachtens akzeptiert werde. Auch Ellerkamp glaubt, dass die Irritationen vermeidbar gewesen wären, allerdings hätte die Politik den Wunsch nach einer Begleitung auch frühzeitiger äußern können. Beide haben Führungserfahrung Bleiben die Unterschiede in den Lebensläufen, die die Kandidaten selbstverständlich jeweils zu ihren Gunsten interpretieren. So betont Bölling ihre Führungserfahrung als Dezernentin beim Kreis Uelzen mit den Themen Soziales, Gesundheit, Jugend und Verbraucherschutz: &bdquo;Hier bin ich breiter aufgestellt." Und sie kenne aus Kreissicht die Diskussion mit Städten und Gemeinden. Ellerkamp wiederum spielt eher die zeitliche Karte. Er habe über viele Jahre hinweg die komplette Palette der Kommunalverwaltung bedient: Stadtentwicklung, Führung, Personal, inhaltliche Themen, die Auseinandersetzung mit der Kreisverwaltung – &bdquo;An der Frage, dass meine Führungsqualitäten mindestens so gut geeignet sind wie die von Frau Bölling, besteht aus meiner Sicht kein Zweifel. Am Sonntag müssen jetzt also die Wähler entscheiden, wer am 1. November neuer Landrat oder neue Landrätin in Minden-Lübbecke wird.

Meistgelesen