Neuer Lübbecker Bürgermeister Philipp Knappmeyer will Impulse setzen

Herr Knappmeyer, bevor der SPD-Stadtverbands- und Fraktionsvorsitzende Andreas Schröder auf Sie zugekommen ist – hatten Sie davor schon einmal mit dem Gedanken gespielt, bei der Bürgermeisterwahl anzutreten? Philipp Knappmeyer: Nein. Es war so, wie Sie sagen: Andreas Schröder ist auf mich zugekommen. Wie lange haben Sie gebraucht, bis Sie sich sicher waren? Mit Blick auf meine Motivation, diese Stadt verantwortlich mitzugestalten, hat die SPD bei mir offene Türen eingerannt. Mir war aber klar, dass ich das zuerst mit der Familie besprechen muss, mit meiner Frau und unseren Töchtern. Wenn sie sich damit unwohl gefühlt hätten, hätte ich es nicht gemacht. Und wie hat Ihre Familie reagiert? Meine Kinder, die immer froh sind, wenn der Papa zu Hause ist, konnten das anfangs in Gänze gar nicht greifen. Meine Frau hingegen hat wohl geahnt, dass es so kommen könnte. Es war ein toller Moment für mich, als sie mir gesagt hat: &bdquo;Ich kenne dich, mach das, du bis der Richtige für diese Aufgabe.“ Sie werden davon ausgegangen sein, dass Sie eine reelle Chance haben, Bürgermeister zu werden, sonst hätten Sie wahrscheinlich nicht Ja gesagt. Gab es im Wahlkampf trotzdem Momente, in denen Sie gezweifelt haben? Es war für mich immer auch ein realistisches Szenario, diese Wahl zu verlieren. Aber ich gehe eine Herausforderung nicht so an, sondern fokussiere mich auf das, was ich für den Erfolg tun muss. Es ist hilfreich, eine gesunde Demut zu wahren: Man tritt an, um zu gewinnen – aber die Entscheidung liegt bei den Wählerinnen und Wählern, und nur da gehört sie hin. Was denken Sie, welche Ihrer Wahlkampf-Themen waren entscheidend – oder waren es gar nicht die Themen, sondern die Person Philipp Knappmeyer, dem die Wähler ihr Vertrauen geschenkt haben? Ich wollte Themen transportieren, von denen ich denke, dass sie zukunftsrelevant für Lübbecke sind und ein Bürgermeister sie auch beeinflussen kann. Und als Person habe ich versucht, authentisch zu bleiben. Das ist leichter gesagt als getan, weil man ständig gegenteilige Rückmeldungen bekommt: Einer sagt, Du musst längere Videos machen. Für den Nächsten müssen sie unbedingt kürzer sein. Dasselbe gilt für die Frage, ob man auf Fotos eine Krawatte tragen sollte. Oder wie viele Hausbesuche nötig sind. Und alle meinen es gut mit einem. Trotzdem muss man seinen eigenen Weg finden. Ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen. Lesen Sie auch: Philipp Knappmeyer ist neuer Bürgermeister in Lübbecke Am Wahlabend ging es hoch emotional zu, Glückwünsche, Umarmungen, Freudentränen, zuerst auf dem Marktplatz, dann im Blue Mojo. Wie haben Sie den Abend erlebt? Das war tatsächlich ganz schön wild und da ist ja auch eine Menge Spannung abgefallen. Nicht nur von mir, sondern auch von ganz vielen Leuten, die mich über Monate eng begleitet und unterstützt haben. Es war jedenfalls ein ganz toller Abend und ein ziemlich langer. Das Blue-Mojo-Team hatte viel Geduld mit uns. Ich bin dann am frühen Morgen im strömenden Regen zu Fuß nach Stockhausen gelaufen und meine Familie hat mich am Montagmorgen ausschlafen lassen. Seit der Wahl sind gut sechs Wochen vergangen. Sind Sie seitdem weiter Ihren Dezernentenaufgaben nachgegangen oder haben Sie sich speziell auf Ihre neuen Aufgaben als Bürgermeister vorbereitet? Ich habe einen Job, bei dem die Arbeit nicht lange liegen bleiben kann. Ich bin also ganz normal weiter arbeiten gegangen. Aber es waren natürlich auch Gespräche mit Blick auf den Konstituierungsprozess zu führen. Die Herbstferien habe ich dazu genutzt, mit meiner Familie an der Nordsee etwas frische Luft zu schnappen. Was wird aus Ihrer Dezernentenstelle, die ja jetzt frei geworden ist? Die Nachbesetzung habe ich umgehend zusammen mit Frank Haberbosch angestoßen. Das war mir wichtig, weil auf dieser Position kein Vakuum entstehen sollte. Die Ausschreibung ist Ende Oktober ausgelaufen, jetzt führen wir Vorstellungsgespräche. Am Donnerstag dieser Woche, 6. November, steht Ihre erste Sitzungsleitung des neu gewählten Stadtrates an. Er besteht mittlerweile aus acht Parteien und Gruppierungen. Besteht die Gefahr, dass es wieder zu den von Streit und Machtspielen geprägten &bdquo;Lübbecker Verhältnissen“ kommt? Ich bin grundsätzlich jemand, der mehr nach Chancen schaut, als über Risiken zu grübeln. Ich glaube, dass den meisten bewusst ist, dass wir für eine gute Entwicklung unserer Stadt enger als bisher zusammenrücken müssen. Das habe ich auch schon im Wahlkampf die ganze Zeit gesagt. An mir soll es jedenfalls nicht scheitern. Lesen Sie auch: So hat das Lübbecker Land bei der Kommunalwahl gewählt Den SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Schröder dürften Sie dabei an Ihrer Seite haben, oder? Ja, das ist das Wesen von Andreas Schröder und auch ein großer Erfolg von ihm, dass er Konstellationen geschaffen hat, die Kompromisse erreichbar machen. Aber ich habe auch viele andere Ratsmitglieder als konstruktiv wahrgenommen und bin insgesamt guter Dinge, dass wir uns zusammenraufen. Welche Projekte drängen und müssen von Politik und Verwaltung schnellstens behandelt werden? Wir müssen dringend Gewerbeflächen entwickeln, denn wir haben nur noch wenige Tausend Quadratmeter. Wir haben in Lübbecke einen tollen Branchenmix und starke, stabile Unternehmen. Denen müssen wir die Möglichkeit bieten, sich hier weiter entwickeln zu können. Das duldet keinen Aufschub. Ein drängendes Thema ist aus meiner Sicht auch die Innenstadtentwicklung mit ihren Teilaspekten Königsmühle, Leerstand und Marktplatzentwicklung. Und welche Top-Themen sehen Sie für Lübbecke im kommenden Jahr? Wir werden einen Kompromiss finden müssen, der auch für die Zukunft eine nutzbare Stadthalle, daneben eine funktionierende Halle für Schul- und Vereinssport und ein Hallenbad sicherstellt. Darüber hinaus haben wir ein ordentliches Pflichtenheft abzuarbeiten mit Bildungs- und Wirtschaftsthemen vorweg. Aber wir fangen ja nicht bei null an, sondern haben schon einiges vorzuweisen: Wir werden im nächsten Jahr das neue Museum eröffnen, das Gebäude im Freibadpark einweihen, den ersten Spatenstich an der neuen Grundschule in Blasheim setzen – und in Gehlenbeck wird der Ball auf dem zweiten städtischen Kunstrasenplatz rollen. Rechnen Sie damit, dass der neu zusammengesetzte Stadtrat neue Weichenstellungen vornehmen will, etwa in den Bereichen Kultur, Freizeit, Bildung und Sport? Nach meinem Empfinden haben wir bei den grundsätzlichen Fragen einen breiten Konsens, bei der Entwicklung des Ganztags, der Sportpauschale für die Vereine und dem Außensportanlagen-Entwicklungsplan etwa. Und dann haben wir doch gesehen, wie toll das Theater-Spektakel auf dem Marktplatz war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein neuer Stadtrat kommt, der sagt: Stopp, so etwas wollen wir hier nicht mehr. Und welchen Pflock wollen Sie als neuer Bürgermeister einschlagen? Ich glaube nicht an den Glanz eines Prestigeprojekts, das alles überstrahlt und alle glücklich macht. Die Arbeit einer Kommunalverwaltung ist kleinteilig und manchmal zäh wie Kaugummi. Ich bin davon überzeugt, dass es die Aufgabe eines Bürgermeisters ist, die verschiedenen Themen im Auge zu behalten, lose Enden zusammenzubinden und immer wieder Impulse zu setzen, um positive Entwicklungen voranzutreiben. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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