Lübbecker zeigen Gesicht beim Thema „So gefährlich ist die AfD“

Lübbecke. Am Mittwochabend hat sich in der Bücherstube von Andreas Oelschläger für Irmgard Schmidt, Mitgründerin des überparteilichen Bündnisses &bdquo;Lübbecke zeigt Gesicht“, ein lange gehegter Wunsch erfüllt. Der Jurist und auf Rassismus und Rechtsextremismus spezialisierte Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin analysierte die Alternative für Deutschland. Und er legte dar, welche Gefahr von der AfD ausgeht: &bdquo;Sie zielt auf die Abschaffung der freiheitlichen rechtsstaatlichen Demokratie.“ Cremer, der häufig auf Länder- wie auf Bundesebene als Sachverständiger angehört wird, hat ein Buch geschrieben, das zum Spiegel-Besteller geworden und aktualisiert kürzlich auch als Taschenbuch erschienen ist: &bdquo;Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen – Wie gefährlich die AfD wirklich ist.“ Für dieses Thema interessierten sich gut 100 Zuhörer, was nicht nur Bündnis-Sprecher Michael Hafner freute, sondern auch Moderator Marcel Komusin aus Minden, der dort das Bundesprogramm &bdquo;Demokratie leben!“ sowie Kundgebungen für Demokratie und Vielfalt koordiniert. Als er Cremer vorstellte, sagte Komusin, dieser sei mit seinem Buch &bdquo;mutig vorangeschritten“. Lesen Sie auch: AfD will an die Spitze in den Rathäusern des Lübbecker Landes Auf 240 Seiten schreibt Cremer unter anderem: Wenn sich der öffentliche Diskurs über die Partei und der Umgang mit ihr nicht grundlegend wandelten, &bdquo;droht die demokratiezersetzende Strategie der AfD aufzugehen“. Auch Gastgeber Andreas Oelschläger hat sich über den &bdquo;Rechtsruck“ bei den Ergebnissen der jüngsten Bundestagswahl gewundert, blickt &bdquo;sorgenvoll“ in die USA und kann nicht nachvollziehen, &bdquo;dass manche krude Ideen schon wieder salonfähig werden“ – im In- wie im Ausland. Gefahr wird nicht ausreichend erkannt Die Frage Komusins, warum er dieses Buch geschrieben habe, beantwortete Cremer damit, dass die AfD sich seit ihrem Einzug in die Parlamente zunehmend radikalisiert habe. Es sprach von einem &bdquo;Großangriff auf Menschenrechte“. Die Gefahr, die von dieser Partei ausgehe, wird Cremer zufolge &bdquo;nicht ausreichend erkannt“. Dabei vertrete sie, rassistische, antisemitische oder andere menschenverachtende Positionen. Sein Buch, das nach Angaben des Piper-Verlags auf mehrjährigen Recherchen beruht, verstehe er als Informationsangebot, mit dem er aufklären wolle, so der Autor. Das ist ihm offenbar gelungen. Der Verlag zitiert die ZDF-Sendung &bdquo;Aspekte“ mit der Aussage: &bdquo;Niemand, der Cremers Buch gelesen hat, kann behaupten, er habe nichts gewusst.“ Lesen Sie auch: Aufgedeckt: AfD-Wahlkämpfer aus OWL in &bdquo;Reichsbürger“ Das traf auch auf den Informationsabend in der Bücherstube zu, bei dem Hendrik Cremer sich immer wieder klar positionierte. Demnach versucht die AfD, die sich dabei an der NS-Ideologie orientiere, eine homogene Volksgemeinschaft zu bilden. Dabei grenze sie Menschen aus, &bdquo;die ihre nationalvölkische Vorstellung nicht erfüllen“ und die sie zum Beispiel als &bdquo;Passdeutsche“ bezeichne. Als Personen, an denen Cremer die seit 2015 zu beobachtende Radikalisierung der Partei verdeutlichte, nannte er unter anderem den ehemaligen Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel. Der Nachrichtensender ntv berichtete im November 2015, der frühere Vize-Vorsitzende der AfD sehe die Partei klar auf einem Rechtsrutsch, eine Art NPD-light, vielleicht sogar identisch mit der NPD, die als verfassungsfeindlich gilt. Mit Gründung der AfD habe man &bdquo;ein richtiges Monster erschaffen“, zitierte Cremer aus Medien, die damals über Henkels Austritt aus der Partei berichteten. Verharmlosende Begriffe Über die AfD-Vorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen, die die Partei aufgrund ihrer Radikalisierung ebenfalls verlassen haben, kam Cremer schließlich zum rechtsextremen Björn Höcke, Mitgründer der inzwischen aufgelösten parteiinternen rechtsextremen Gruppe &bdquo;Der Flügel“. Nach einem erfolglosen Parteiausschluss-Verfahren gebe es gegen Höcke seit 2022 parteiintern &bdquo;keinen Widerstand mehr“, etwa durch Tino Chrupalla und Alice Weidel. Seitdem habe Höcke seine ohnehin starke Führungsrolle in der Partei noch ausgebaut. Lesen Sie auch: Stemwede zeigt Gesicht für Demokratie Was tun? Diese Frage stellte nicht nur Moderator Marcel Komusin, sondern im zweiten Teil der Veranstaltung auch mehrere Zuhörer. Hendrik Cremer sprach sich dagegen aus, die Partei durch Formulierungen wie &bdquo;rechtspopulistisch“ und &bdquo;in Teilen rechtsextrem“ zu verharmlosen – auch wenn ihre Repräsentanten durchaus freundlich und höflich auftreten könnten. Dies sei Teil ihrer strategischen &bdquo;Selbstverharmlosung“. Cremer: &bdquo;Die AfD hat verschiedene Gesichter und kann sich anpassen.“ Es gehöre etwa zu ihrer DNA, sich bei Kritik in die Opferrolle zu begeben. Applaus erhielt der Autor, als er sagte, es sei &bdquo;grundfalsch, AfD-Funktionäre in Talkshows einzuladen“. Damit würden sie auf eine Ebene mit Demokraten gehoben und ihre nationalsozialistische Ideologie weichgespült: &bdquo;Das lässt sich nicht ausgleichen“, warnte Cremer. Zugleich sollten demokratische Parteien, die die AfD &bdquo;zerstören“ wolle, sich klar von der AfD abgrenzen – vom Bund bis in die Kommunen – und erklären, warum sie das machen. &bdquo;Wir dürfen nicht neutral sein“ Schulen, Universitäten, Polizei, Bundeswehr – überall müsse auf rechtsextreme Entwicklungen reagiert werden und alle, die sich für die Demokratie einsetzen, müssten unterstützt werden, forderte Cremer. Argumente, man sei zur Neutralität verpflichtet, verneinte Cremer. Dazu gebe es aktuell keine durchdeklinierte Rechtssprechung: &bdquo;Neutralität ist manchmal nur vorgeschoben. Wir dürfen nicht neutral sein, die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist es auch nicht.“ Auch bei dieser Aussage applaudierte das Publikum. Für das Lob von Hendrik Cremer für &bdquo;Lübbecke zeigt Gesicht“, revanchierte sich Bündnissprecherin Marie-Luise Bernotat zum Abschluss der zweistündigen Veranstaltung mit einem kleinen Geschenk. Und dem Hinweis, dass sie sein Buch lesen wolle: &bdquo;Das wird mir helfen, in Diskussionen zu bestehen.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Meistgelesen