Lübbeckerin Katja Golnik hat trotz schwerer Krankheit ihren Lebensmut nicht verloren

Lübbecke. Familie Golnik ist in Lübbecke und Umgebung ziemlich bekannt. Firmengründer Friedhelm Golnik ging 2006 in den Ruhestand und Markus Schneider übernahm den Abschleppdienst Golnik an der Alsweder Straße 25. Auch der Sohn von Friedhelm und Ursula Golnik, Sascha Golnik, hat sich im Lübbecker Land einen Namen gemacht – als erfolgreicher Schütze im Schützenverein Gehlenbeck sowie als Geschäftsführer der Aufbaugemeinschaft in Espelkamp. Friedhelm Golnik starb 2020 mit 77 Jahren. Ursula Golnik, die viele Jahre als Krankenschwester in Bad Oeynhausen gearbeitet hat, erfreut sich guter Gesundheit und ist mittlerweile 78 Jahre alt. Dass Tochter Katja sich vorgenommen hat, &bdquo;mindestens 90 Jahre alt zu werden“ und das Leben bis dahin in vollen Zügen genießen will, hat einen speziellen Grund. Vor 23 Jahren, da war sie genau halb so alt wie jetzt, hat sie einen Schicksalsschlag erlitten, der ihr Leben bis heute prägt. &bdquo;Ich war immer gesund und fit und habe gern Sport gemacht“, erinnert sie sich. Doch dann kommt der Sommer 2001. Sie studiert im ersten Semester Zahnmedizin in Münster. In den Semesterferien macht sie bei einer Wanderung auf Mallorca eine ihr bis dahin unbekannte Erfahrung: &bdquo;Ich habe mich schlapp gefühlt und dachte die ganze Zeit, ich kann nicht mehr.“ Zurück zu Hause wacht sie morgens auf, schaut in den Spiegel und stellt fest, dass ihre Augen ganz gelb aussehen. Ein Vierteljahr im Krankenhaus Katja Golniks Hausärztin überweist die junge Frau ins Lübbecker Krankenhaus. Dort liegt sie isoliert und wird zwei Wochen lang behandelt. Zunächst mit Verdacht auf Gallenstau. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich weiter: &bdquo;Ich konnte nicht mehr essen, durfte nicht mehr aufstehen.“ Die Ärzte entscheiden, dass das Uniklinikum Münster die weitere Behandlung übernehmen soll: &bdquo;Dort erfuhr ich, dass ich akutes Leberversagen habe und sofort Hilfe brauche.“ Was genau die Zerstörung ihrer Leber ausgelöst hat, konnte nicht geklärt werden. Katja Golnik kommt weit nach oben auf der Liste von Patienten, die dringend ein Spenderorgan benötigen. Es wird auch eine fremde Leber gefunden. Die ist allerdings zu groß und arbeitet nur bedingt. Die junge Frau wird daraufhin in ein künstliches Koma versetzt und &bdquo;verschläft“ die zweite große Operation, bei der ihr eine zweite Spenderleber transplantiert wird. Insgesamt verbringt die junge Frau ein Vierteljahr im Krankenhaus und fragt jeden Tag, ob sie Weihnachten zu Hause verbringen kann. Ihr Wunsch erfüllt sich. Drei Tage vor Heiligabend darf sie nach Hause und nimmt sich vor: &bdquo;Ich will so schnell wie möglich in mein altes Leben zurück.“ Beruflich schlägt sie allerdings einen anderen Weg ein. Weil ihr das Infektionsrisiko durch die Arbeit am Patienten zu hoch erscheint, gibt sie ihr Zahnmedizin-Studium auf und beginnt eine Ausbildung als Zahntechnikerin. Von ihrem ersten Betrieb, 3 M, wechselt sie zu Dental Direkt in Melle, wo sie bis heute beschäftigt ist. In Vollzeit. &bdquo;Als Kind im Öl gespielt“ Von Anfang an hat Katja Golnik den dringenden Wunsch, nicht zu Hause herumzusitzen. Sondern sich trotz mancher Einschränkung – sie muss bis heute einen Medikamenten-Cocktail nehmen, der ihr Immunsystem &bdquo;drückt“, besonders auf Hygiene achten, möglichst ganz auf Alkohol verzichten, sich gesund ernähren – zu beschäftigen. Diese Einstellung habe sie wohl von ihren Eltern übernommen, meint die heute 46-Jährige und erzählt, dass sie eine schöne Kindheit hatte. Scherzhaft merkt sie an: &bdquo;Ich habe als Kind in Öl gespielt.“ Charakteristisch für sie ist seit ihren Kindertagen etwas, das sie so beschreibt: &bdquo;Ich habe mich immer schon gern bewegt.“ Ein innerer Schweinehund sei ihr fremd. Sie probiert gern Neues aus und ist auf ihre Art auch ehrgeizig. Zudem &bdquo;bin ich meinem Körper etwas schuldig“, findet sie. Tatsächlich ist die Zahl der Sportarten, die sie schon ausprobiert hat, beachtlich: Volleyball, Tennis, Schwimmen, Rudern, Skifahren, Bergwandern, Mountainbiking, Triathlon. Wer Katja Golnik trifft, erlebt eine Frau, die zwar sagt, dass ihr ihre Jugend damals geholfen habe, die lebensbedrohliche Situation und all ihre Begleiterscheinungen auch psychisch gut zu meistern. Der aber bewusst ist, dass sie viel Glück gehabt hat. Und dass dieses Glück, so schnell ein Spenderorgan zu bekommen, mit dem Unglück eines anderen Menschen verknüpft war. &bdquo;Ich bin eher fürs Grobe“ Die Entscheidung, sich selbst als Organspender zur Verfügung zu stellen, hatte sie schon früher getroffen. Da war sie in der Stadtbücherei in Lübbecke, wo sie eine Informationsbroschüre zur Organspende entdeckte. Sie habe die Einverständniserklärung ausgefüllt, ausgeschnitten und gleich in ihr Portemonnaie gesteckt, erinnert sie sich: &bdquo;Da war ich 16.“ Anderen Menschen etwas von sich zu geben – auch in diesem Punkt sei wohl ihr Vater ihr Vorbild gewesen, vermutet sie: &bdquo;Er hat regelmäßig Blut gespendet.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke Mit Hin- und Rückfahrt zu ihrem Arbeitsplatz ist sie beruflich täglich etwa zehn Stunden unterwegs. Dann wartet der Haushalt auf sie. Und dann ist da auch noch ihre zwölfjährige Tochter Janne, die sie allein erzieht. Wie damals ihre Mutter ist Janne nach der Grundschule Gehlenbeck aufs Wittekind-Gymnasium gewechselt. In sportlicher Hinsicht unterscheiden sich die beiden allerdings deutlich: &bdquo;Janne tanzt seit Jahren begeistert Ballett. Für mich ist das nichts, ich bin eher fürs Grobe“, sagt Katja Golnik, die beim SV Neptun Lübbecke ihre Schwimmtechnik verbessert hat. So sehr, dass sie bei den Deutschen Meisterschaften der Transplantierten im vergangenen Jahr in Duisburg zwei Goldmedaillen und eine Silbermedaille im Schwimmen holte. Plus eine weitere Goldmedaille über 2.000 Meter Walken. Megamärsche und 24-Stunden-Rennen Zu erfahren, dass sie trotz ihrer Krankengeschichte so leistungsfähig sein kann, ist für sie &bdquo;der Inbegriff von mich gut und gesund fühlen“. Davor hatte sie bereits an sogenannten Megamärschen teilgenommen, bei denen man 50 Kilometer in einer bestimmten Zeit wandert. Außerdem zweimal am Women’s World Triathlon in Hamburg und an einem 24-Stunden-Mountainbike-Rennen. Für die Teilnahme am nächsten Wettkampf wird sie wieder auf einen Urlaub mit ihrer Tochter verzichten, denn sie muss alle Kosten selbst tragen. Es sind die World Transplant Games im August in Dresden. &bdquo;Ich freue mich sehr auf den Austausch mit Gleichgesinnten und freue mich darauf zu sehen, was andere Transplantierte leisten können.“ Ob es wieder zu einer Medaille reichen wird, spielt für Katja Golnik keine Rolle. &bdquo;Dabeisein ist alles“, sagt sie mit einem strahlenden Lächeln und erklärt ihre Haltung so: &bdquo;Ich denke Dinge nicht kaputt. Aber ich weiß nicht, was morgen ist. Deshalb will ich alles mitnehmen.“

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