Synergie statt Konkurrenz: Wie IMA Schelling in Lübbecke Gen Z erreichen will

Lübbecke. IMA Schelling ist ein mittelständischer Maschinen- und Anlagenbauer. Das Unternehmen beschäftigt international rund 2.000 Mitarbeiter, davon knapp die Hälfte in Lübbecke. Pro Jahr erwirtschaftet der Spezialist für Anlagenlösungen und vernetzte Produktion in der Möbel-, Holzwerkstoff- und Metallindustrie etwa 300 Millionen Euro Umsatz. Doch wie viele andere Unternehmen treibt auch IMA Schelling der Fachkräftemangel um. In den vergangenen zwei, drei Jahren, berichtet IMA-Personalleiter Lars von der Wellen, blieben beispielsweise einige Spezialistenstellen unbesetzt. Und selbst wenn es IMA gelingt, alle der insgesamt 120 Ausbildungsstellen, von denen 60 auf Lübbecke entfallen, zu besetzen: &bdquo;Es ist nicht mehr klar, wo die jungen Leute nach ihrer Ausbildung bleiben“, gibt von der Wellen seine Erfahrung weiter. Er bekomme zum Teil &bdquo;wilde, tolle Lebensläufe“ auf den Tisch. Aber bis zu fünf Jahre später als früher üblich. Zu den Beispielen, die heute vielfach die Regel und nicht die Ausnahme sind, gehört ein junger Mann, der nach Abschluss seiner Ausbildung bei IMA zu den Top-Mitarbeitern im Bereich Automatisierung gehörte. Das Lübbecker Unternehmen sagte ihm glänzende Zukunftsaussichten und eine tolle Karriere voraus. Doch der junge Mann entschied sich für alle Führungskräfte bei IMA überraschend dafür, ein FSJ zu absolvieren – ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer sozialen Einrichtung. &bdquo;Sie wissen, dass sie gebraucht werden“ Lars von der Wellen räumt ein, dass er diese Entscheidung nur schwer nachvollziehen konnte. Doch seine Kollegin Kristin Homann, die sich bei IMA speziell um den Werdegang der jungen Leute und die Zeit nach deren Ausbildung kümmert, konnte ihm klar machen, dass berufliche Wege heute vielfach anders verlaufen als zu seiner Zeit. Plötzlich werde nach der Ausbildung eine andere Richtung interessant und es schließe sich ein entsprechendes Studium an, teilweise in den Abendstunden, ohne dass der Arbeitgeber davon weiß. Oder jemand, der im Bereich Mechatronik zu Hause sei, wolle doch lieber in den Vertrieb wechseln. Überraschend findet Homann solche Karriereschleifen nicht: &bdquo;Die jungen Leute sind sorgenfrei aufgewachsen und wissen natürlich, dass sie gebraucht werden.“ Was also tun? &bdquo;Ein reines Ausbildungskonzept zu haben, reicht nicht mehr“, sagt von der Wellen. Er ist überzeugt, dass klassisches Ausbildungsmarketing, die Teilnahme an Messen wie der BAM in Espelkamp und die sogenannten Zukunftsgipfel für Schüler an Bedeutung verlieren werden. Andere Formate hingegen bezeichnet er als erfolgversprechend, etwa die &bdquo;Nacht der Ausbildung“. Die hatte der Lübbecker Wirtschaftsförderer Jan-Christoph Wehrmann am 1. Oktober in Kooperation mit K13 Marketing und 23 führenden Unternehmen aus Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistung – darunter IMA – angeboten. Im Gegensatz zu einer Azubimesse öffneten sich die Türen von Werkshallen, Büros und Verkaufsräumen direkt an den Unternehmensstandorten, um das vielfältige lokale Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten sichtbar zu machen. Auf der Suche nach den Fachkräften von morgen geht Lars von der Wellen aber noch viel weiter. Früher angesichts der Konkurrenzsituation undenkbar, jetzt Realität: Um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, tauscht der Personalleiter sich mit anderen Lübbecker Personal-Chefs aus. Denn: &bdquo;Jeder für sich, isoliert und abgeschottet, funktioniert nicht“, so seine Erfahrung. Erste sehr gute Erfahrungen bestehen mit dem Glücksspiel-Konzern Merkur Group und mit der Zigarrenfabrik Dannemann. Auch den Austausch mit Fußpflege-Hersteller Gerlach, der Privatbrauerei Barre und weiteren Lübbecker Unternehmen kann von der Wellen sich gut vorstellen. Fundamentaler Richtungswechsel Sich gegenseitig die besten Mitarbeiter abzuwerben oder sie mit Reisen, iPad und mehreren Tausend Euro Startgeld zu locken, &bdquo;dieses Rennen muss aufhören“, fordert von der Wellen. Stattdessen wolle IMA örtlich ein &bdquo;enges Netzwerk“ zur Personalgewinnung aufbauen. Und damit nicht nur bisherige Wege verlassen, sondern die Richtung &bdquo;fundamental ändern“. &bdquo;Der Austausch zwischen Unternehmen zu diesem wichtigen Thema ist aus unserer Sicht grundsätzlich ein wertvolles Instrument, um Lösungen zu entwickeln und voneinander zu lernen“, fasst Merkur-Kommunikations-Chef Mario Hoffmeister zusammen. Es gebe zwar keine universelle Lösung für alle Betriebe, und auch ein Austausch könne den Fachkräftemangel nicht beheben. Aber: &bdquo;Er kann eventuell Impulse und zusätzliche Ideen bringen, die den Unternehmen helfen, individuell passende Ansätze zu entwickeln.“ Die Frage, ob und wie ein solcher Austausch mit weiteren Unternehmen sinnvoll ausgebaut werden könnte, hängt für Hoffmeister davon ab, ob sich gemeinsame Zielsetzungen und konkrete Anknüpfungspunkte ergeben: &bdquo;Wichtig ist, dass ein solcher Austausch für alle Beteiligten einen Mehrwert bietet und auf Augenhöhe stattfindet.“ Bachelor allein reicht nicht Für den um eine Stellungnahme gebetenen Wirtschaftsförderer Jan-Christoph Wehrmann hat der städtische Pressesprecher Andreas Püfke unter anderem geantwortet, neben IMA, Merkur und Dannemann verfolgten weitere Betriebe aus den Bereichen Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistung eigene Ideen. In puncto Ausbildung und Fachkräftegewinnung sei gerade im ländlichen Raum die Herausforderung eine andere als in Ballungsräumen oder Metropolregionen: &bdquo;Gefragt sind clevere Ideen und auch Kooperationsmodelle.“ Ähnlich formuliert das IMA-Personalchef Lars von der Wellen, der sagt: &bdquo;Wir brauchen sehr gute Personalkonzepte und -lösungen“. Fachkräfte aus dem Ausland schließt er ausdrücklich ein, deren Zahl werde zunehmen. Zugleich kündigt er an, dass IMA voraussichtlich weniger Auszubildende einstellen wird, dafür aber die Zahl der jungen Leute in Weiterbildungen erhöhen will, denn: &bdquo;Wir müssen auf die Leistung gucken.“ Allein ein Bachelor in Betriebswirtschaft sei heutzutage einfach &bdquo;wenig wert“.

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