Koalitionsende: Was sagen Politiker aus dem Lübbecker Land zur Ampel-Krise?

Lübbecker Land. Der Streit in der Bundesregierung ist eskaliert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Die FDP hat ihre Minister aus der Regierung abgezogen - nur Verkehrsminister Volker Wissing will bleiben und tritt aus der FDP aus. Daraufhin haben Wissings drei Staatssekretäre umgehend um ihre sofortige Entlassung gebeten. Die Ampel ist zerbrochen und Bundeskanzler Scholz will noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Neuwahlen würden dann am 23. Februar stattfinden. Das Ampel-Aus unmittelbar nach der erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten - was sagen heimische Politiker dazu? Kai Abruszat, FDP-Bürgermeister in Stemwede Trägt die FDP allein die Schuld am Scheitern der Ampel? Dazu äußerte sich Kai Abruszat. Der FDP-Politiker ist Bürgermeister in Stemwede. &bdquo;Ich glaube, es hat inzwischen jeder erkannt, dass alle Parteien der Bundesregierung bei den wesentlichen Fragen unserer Zeit nicht mehr gut genug zusammengearbeitet haben, wie es für Deutschland wiederum notwendig ist. Dann ist es besser, sich zu trennen. Deshalb brachen wir jetzt schnelle Neuwahlen für einen politischen Neubeginn und keine lange Hängepartie.“ Hat die FDP das Aus der Ampel provoziert, zuletzt durch die Forderung von Christian Lindner nach einer anderen Wirtschaftspolitik? Abruszat dazu: &bdquo;Wir brauchen in Deutschland endlich eine Wirtschaftswende.“ Eine neue Ausrichtung der Wirtschaftspolitik sei unerlässlich. Das erkenne doch inzwischen fast jeder. Ein &bdquo;weiter so“ führe zum wirtschaftlichen Abstieg und sei keine Lösung. &bdquo;Auch in unserer Region machen sich die Menschen zu Recht Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung und ihre eigene persönliche Zukunft. Deshalb lagen neue, umfassende Vorschläge des Finanzministers für eine Wirtschaftswende auf dem Tisch. Diese hatten leider in der Regierung ganz offensichtlich keine Chance auf Umsetzung. Dann ist es besser, jetzt schnell den Wähler über diese existenziellen Fragen entscheiden zu lassen“, merkte Abruszat an. Lesen Sie auch: Ampel-Aus: Ein historischer Tag für Deutschland Ob der Rückzug der FDP-Minister aus der Regierung und der Verbleib und Partei-Austritt von Volker Wissing die FDP spaltet, das verneint der Stemweder Ratsvorsitzende. Wie stark werden die Querelen auf Bundesebene die FDP bei der Kommunalwahl beeinträchtigen? &bdquo;Überhaupt nicht“, meint Abruszat. &bdquo;Im Gegenteil. Durch eine zeitlich vorgezogene Bundestagswahl, die eventuell im März stattfindet, wird die Kommunalwahl, die ja für September 2025 schon terminiert ist, nicht so sehr von der Bundespolitik überlagert. Das ist gut und wertet die ehrenamtliche Arbeit aller Kommunalpolitiker aller Parteien eher auf.“ Im Übrigen sei nach seiner Erfahrung eine Kommunalwahl vor Ort stets auch eher eine Personenwahl. Auch deshalb sehe er die Entwicklung sehr gelassen. Andreas Schröder, SPD-Ratsherr aus Lübbecke Wie sehr ihn das Ampel-Aus überrascht hat? &bdquo;Ehrlich gesagt hat mich das nicht sonderlich überrascht“, sagte Andreas Schröder, Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes Lübbecke und Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion in Lübbecke. Aus seiner Sicht sei aus den verschiedensten Gründen die Situation entstanden, dass diese Konstellation nichts mehr hätte richtig machen können. &bdquo;Definitiv konnten weder die Erwartungen noch der eigene Anspruch an eine regierungsfähige Koalition erfüllt werden. Selbst die guten Ergebnisse in der Krisenbewältigung sind dem schlechten Ansehen des Gesamtgefüges zum Opfer gefallen“, merkt Schröder an. &bdquo;Ob eine andere Regierung die enormen Aufgaben dieser Zeit besser gelöst hätte, wird immer eine Frage bleiben, die objektiv nicht zu beantworten ist.“ Ob der Zeitpunkt des Bruchs der Koalition vor dem Hintergrund der Ergebnisse der US-Wahl nicht denkbar ungünstig ist? Schröder dazu: &bdquo;Natürlich müssen wir uns mindestens ökonomisch auf veränderte Verhältnisse einstellen und gerade deshalb nun schnell eine handlungsfähige Regierung bilden.“ In welcher Form dies geschehen könne, würden die nächsten Tage und Gespräche zeigen. Hier werde sich auch zeigen, wer bereit sei, das parteipolitische Gebaren hinten anzustellen. &bdquo;Es gilt nun Einigkeit und Vertrauen herzustellen, um uns national aber auch in Europa handlungsfähig zu zeigen. Insbesondere für die Sicherheit in Europa wird das entscheidend sein.“ Er bezweifle, dass das Heft des Handelns noch allein in den Händen des Bundeskanzlers liege, sagte Schröder auf die Frage, ob Olaf Scholz die Vertrauensfrage kurzfristig stellen sollte und nicht erst im Januar. &bdquo;Die nächsten Tage und Gespräche werden die Klarheit darüber bringen.“ Welche Chancen rechnet sich Andreas Schröder für die eigene Partei aus? &bdquo;Die niedrigen Umfragewerte sind ja nun nicht zu ignorieren. Nun müssen wir die Chance nutzen, Vertrauen zurückzugewinnen. Ich habe die Hoffnung, dass die unnötigen Streitereien nun vorbei sind und sich die Handelnden ihrer Verantwortung bewusst werden.“ Der Mittwochabend diene dazu, &bdquo;uns ehrlich zu machen. Es ist nicht die Zeit für Experimente. Es ist die Zeit, um für Sicherheiten, soziale und wirtschaftliche, zu sorgen. Das können wir nun ,befreit’ angehen.“ Lesen Sie auch: Ampel-Koalition und Ampel-Aus in Deutschland Die Reißleine zu ziehen, das sei eine schwere Entscheidung, antwortete Schröder auf die Frage, ob die Dauerquerelen der Regierungsparteien und das vorzeitige Ampel-Aus der Politikverdrossenheit der Bürger Vorschub leisten. &bdquo;Diese dann aber als klare Haltung zum Wohle unseres Landes zu treffen, davor ziehe ich meinen Hut. Es ist gut, nicht alles sofort hinzuschmeißen, aber genug ist genug. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende - das bewahrheitet sich.“ Die Bürgerinnen und Bürger könnten, so Schröders Hoffnung, dieses nun konsequente Handeln anerkennen und vielleicht sogar honorieren. &bdquo;Eine klare Entscheidung ist immer Grundlage für weiteres Handeln, diese wurde getroffen.“ Cornelia Schmelzer, Vorsitzende der Grünen im Kreistag Für Cornelia Schmelzer, Vorsitzende der Grünen im Kreistag, hat sich bereits seit einiger Zeit abgezeichnet, dass die Ampel sehr wahrscheinlich nicht bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten und gemeinsam regieren wird, wie sie sagt. Dass das Aus am Tag des Ergebnisses der US-Wahl verkündet wurde, sei aber durchaus eine Überraschung für sie gewesen. Ober der Zeitpunkt ungünstig war? Schmelzer dazu: &bdquo;Wenn es zwischen den Partnern in einer Regierung keine Gemeinsamkeiten mehr gibt und seitens eines Partners nur noch Störfeuer initiiert werden, wenn es keinerlei Verlässlichkeit mehr gibt, dann ist ein Ende der gemeinsamen Regierungszeit unausweichlich. Das erschreckende Ergebnis der US-Wahl wird Auswirkungen auf ganz Europa haben, nicht nur auf Deutschland. Europa muss sich gemeinsam aufstellen, auch wenn das ein schwieriger Prozess sein wird.“ Zum Datum der Vertrauensfrage meint Cornelia Schmelzer: &bdquo;Der Bundeskanzler möchte, so ist zumindest seine Äußerung, noch etliche Gesetzesvorhaben mit einer möglichst breiten Mehrheit durchbringen. Dieser Versuch ist durchaus legitim, auch wenn es schwer werden wird. Ich gehe davon aus, dass es zwischen den beiden verbleibenden Regierungsparteien Absprachen zum Datum der Vertrauensfrage gab. Es bedarf jetzt einer guten Kommunikation, was noch erreicht werden soll und warum die Vertrauensfrage erst im Januar gestellt werden soll.“ Die Bevölkerung müsse diese Entscheidung nachvollziehen können. Und welche Chancen rechnet sich die grüne Kreistagsabgeordnete für ihre eigene Partei aus? Schmelzer: &bdquo;Für uns Grüne ist es wichtig, dass wir unsere Inhalte gut transportieren, unsere Lösungsansätze erklären und auch klarmachen, dass die Themen Umwelt-, Natur- und Klimaschutz, verantwortliche Energieversorgung nur bei uns Grünen gut aufgehoben und mit Lösungsansätzen hinterlegt sind. Gleichzeitig müssen wir aber auch zu allen anderen Themenbereichen unsere Positionen und Programme den Menschen nahebringen für ein humanitäres, soziales, wirtschaftlich starkes Deutschland, das sich auch seiner internationalen Verantwortung bewusst ist.“ Zur Frage, ob das vorzeitige Ampel-Aus und die Querelen untereinander Politikverdrossenheit schüren, meint Cornelia Schmelzer: &bdquo;Es kann für die Menschen in unserem Land durchaus ein Zeichen sein, dass es einen neuen Anfang geben wird, wie immer der auch aussehen wird. Und es gilt für alle: Wer unzufrieden ist, möge sich einbringen, beteiligen und an Lösungsansätzen konstruktiv und sachlich mitarbeiten.“ Oliver Vogt, CDU-Bundestagsabgeordneter &bdquo;Bundeskanzler Olaf Scholz ist krachend gescheitert. Die Bilanz nach drei Jahren Ampel-Regierung unter seiner Führung ist erschütternd: eine historische Wirtschaftskrise, die Verdopplung der AfD und eine höchst verunsicherte Bevölkerung, die das Vertrauen in Politik und Staat verloren hat. Massiv gestiegen sind dagegen Staatsschulden und Bürokratie“, äußert sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Oliver Vogt. Der Bundeskanzler habe angekündigt, Mitte Januar des kommenden Jahres im Bundestag die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Bis März 2025 wolle Scholz damit weitermachen. Vogt dazu: &bdquo;Warum mutet der Bundeskanzler unserem Land diese lange Zeit überhaupt noch zu?“ Politische Klarheit und Stabilität könne der Kanzler auch schneller herbeiführen, fordert Vogt eine schnelle Vertrauensfrage. Ein langes Regierungsvakuum sei keine Option für Deutschland. Deshalb müsse der Bundeskanzler jetzt sofort den Weg frei machen für Neuwahlen und nicht erst am 15. Januar 2025 die Vertrauensfrage stellen. &bdquo;Eine solche Hängepartie aus parteitaktischen Gründen können wir uns in der aktuellen wirtschaftlichen und außenpolitischen Lage nicht leisten.“ CDU und CSU stünden bereit, Verantwortung für das Land zu übernehmen.

Meistgelesen