„Messer machen Mörder“: Nachtdienst auf dem Blasheimer Markt in Lübbecke

Lübbecke. &bdquo;Messer machen Mörder“, sagt Kriminaloberkommissarin Doris Rohlfing im Schatten der Marktwache. Als Teil der Abteilung für Kriminalprävention und Opferschutz ist sie mit ihrer Kollegin Birgit Thinnes in Zivil im Einsatz. Auf dem Blasheimer Markt ist es ihre Aufgabe, gemeinsam mit Mitarbeiterinnen des Jugendamts und einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes Jugendschutzstreifen auf dem Marktgelände durchzuführen. Wiederholt suchen sie bekannte &bdquo;Hotspots“ der Jugendlichen auf, um sicherzustellen, dass sie keine Substanzen konsumieren, deren Konsum in ihrem Alter nicht erlaubt ist. Wohl auch wegen der Taschenkontrollen in diesem Jahr an den Zugängen zum Marktgelände entdecken sie an diesem Abend trotz wachsamer Blicke keine Situation, in die sie eingreifen müssten. Außerhalb des Einsatzes auf dem Blasheimer Markt leisten sie häufig Präventionsarbeit – auch an Schulen. Oft seien es Drogenpräventionen, während derer aber auch das Thema Messer immer wieder zur Sprache komme. Selbst gewöhnliche Konfliktsituationen könnten durch ein Messer eskalieren, heißt es. Selbst wenn gar nicht geplant sei, es einzusetzen. &bdquo;Dann ist man ganz schnell bei schwerer Körperverletzung oder sogar Körperverletzung mit Todesfolge“, sagt Doris Rohlfing. Lesen Sie auch: Nach Anschlag in Solingen: Wie steht es um den Blasheimer Markt in Lübbecke? Trotz der Aufklärungsarbeit der Polizei, der Taschenkontrollen und einem gesellschaftlichen Bewusstsein für die Gefahren, werden Doris Rohlfings Kolleginnen und Kollegen an diesem Freitagabend neun Gegenstände sicherstellen, darunter drei Messer. Messerverkauf trotz Messerverbots Bei den Messern müsse man zwischen solchen unterscheiden, die grundsätzlich verboten sind, und solchen, die auf dieser Veranstaltung nicht mitgeführt werden dürfen, erklärt Thomas Bensch, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke. Das Mitführen von Waffen, dazu zählen auch Messer jedweder Art, hatte der Veranstalter im Vorfeld ausdrücklich untersagt. Einen Verkaufsstand für Messer findet man auf dem Blasheimer Markt dennoch. Scharfe Opinel-Taschenmesser mit Holzgriff – typischerweise verwendet beim Grillen und Campen – stehen dort ebenso zum Verkauf wie diverse Küchenmesser. Fraglich – angesicht des strengen Sicherheitskonzeptes, das die Stadt Lübbecke als Veranstalter ausgearbeitet hat, und der großen Bemühungen von Polizei und Sicherheitsdienst. Der Händler sieht sich nicht in der Verantwortung: &bdquo;Wenn wir zugelassen werden, stehen wir hier und verkaufen unsere Ware“, sagt er. Für alles Weitere sind aus seiner Sicht der Veranstalter und die Sicherheitsbehörden zuständig. Lesen Sie auch: Mehr Polizei und schärfere Kontrollen bei Volksfesten in OWL Dass der Messerverkauf auf dem Markt ein Spannungsfeld ist, ist den Polizeibeamten bewusst. Einerseits ist der Verkauf von Haushaltswaren auf dem Markt historisch gewachsen, andererseits widerspricht der Messerverkauf allen sonstigen Bemühungen. Und die umfassen neben einer starken Präsenz uniformierter Einsatzkräfte auch zahlreiche Zivilpolizisten, die kritische Situationen im Auge behalten und wenn nötig ihre uniformierten Kolleginnen und Kollegen informieren. Dreieinhalbjähriges Kind verschwunden Wenige Meter abseits der Markthändler füllt sich das Marktgelände in den Abendstunden spürbar. Die Rundgänge gleichen jetzt einem Staffellauf. Alle paar Meter könnten sich die Sicherheitskräfte den Stab übergeben. In Sichtweite sind immer mindestens eine Gruppe uniformierter Polizisten oder Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, oft auch beide. Das Sicherheitskonzept sieht eine enge Zusammenarbeit vor. Während die Beamten des Tagdienstes an die der Nachtschicht und auch die unterstützenden Kolleginnen und Kollegen der Einsatzhundertschaft Bielefeld übergeben, findet sich an der Marktwache ein aufgelöster Vater ein, der an einem der Fahrgeschäfte sein dreieinhalbjähriges Kind aus den Augen verloren hat. Sofort informieren die Polizisten auch das Ordnungsamt und den Sicherheitsdienst darüber und schicken ein Foto des Kindes in die Runde. Es dauert nur wenige Minuten, bis Mitarbeiter von &bdquo;Sicherheit OWL“ das Kind finden und an den erleichterten Vater übergeben können. Lesen Sie auch: Messertat auf Blasheimer Markt angekündigt: SEK nimmt polizeibekannten Mann fest Der Informationsaustausch und die enge Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte funktionieren reibungslos. Bei vielen Besuchern des Marktes äußert sich das in einem Gefühl von Sicherheit. Immer wieder sprechen Menschen die Polizisten im Vorbeigehen an, bedanken sich für ihren Einsatz. Nur plötzliche Umarmungen kommen bei den Beamten nicht gut an. Mit Voranschreiten der Uhrzeit und steigendem Alkoholspiegel sinkt bei manchem Besucher die Hemmschwelle. Die Beamten reagieren mit Ansprachen, die Stimmung bleibt auf beiden Seiten gut. Nicht jeder bleibt friedlich Insgesamt folgen die früheren Abendstunden auf dem Blasheimer Markt dem Trend der letzten Jahre: Aus polizeilicher Sicht ist es im Verhältnis von Personenzahl, Alkoholkonsum und Gruppendynamiken ruhiger geworden. Einzig eine Spielzeugpistole sorgt bei einigen Marktbesuchern kurzzeitig für Aufregung. Schnell stellt sich heraus, dass es sich dabei um einen Gewinn von einer der Buden handelt, den der junge Mann, der sich nichts dabei gedacht hat, ihn zu zeigen, bereitwillig der Polizei übergibt. In den späteren Abendstunden kontrollieren die Beamten eine Gruppe Jugendlicher, die ihnen teils bekannt sind. Einer von ihnen hat ein Springmesser bei sich, versteckt hat er es in seiner Socke. Seine Freunde folgen dem 15-Jährigen, als er von den Polizisten zur Marktwache gebracht wird. &bdquo;Das hat er immer dabei, das hat er bestimmt nur vergessen rauszunehmen“, sagt einer von ihnen. Auf den 15-Jährigen kommt eine Anzeige zu sowie ein Betretungsverbot für die gesamte Dauer der Veranstaltung. Kurze Zeit später entdeckt die Dienstgruppe eine weitere, größere Gruppe in einer der dunkelsten Ecken des Marktgeländes. Knapp 20 junge Leute stehen den sechs Beamten gegenüber. Nachdem die Polizisten die Situation geordnet haben, lassen sie sich die Ausweise zeigen. Hund hält Jugendliche in Schach Als einer der jungen Männer seine Bauchtasche öffnet, fällt der Blick einer Polizistin auf das darin verstaute Messer. Sofort informiert sie ihre umstehenden Kolleginnen und Kollegen, der junge Mann springt ihnen entgegen, versucht sie zur Seite zu stoßen und zu flüchten. Die Beamten bringen ihn zu Boden, sichern ihn, fordern Verstärkung an. Eine Gruppe der Einsatzhundertschaft Bielefeld kommt dazu und übernimmt den 17-Jährigen. Ein Diensthundeführer sorgt mit seinem Hund dafür, dass der Rest der Gruppe währenddessen an Ort und Stelle bleibt. Nachdem sie kontrolliert wurden, können sie ins Marktgeschehen zurückkehren. Lesen Sie auch: Mann nachts auf Blasheimer Markt in Lübbecke niedergeschlagen Der 17-Jährige erhält eine Strafanzeige wegen Widerstands gegen die Einsatzkräfte. Ein weiterer junger Mann, der eine Schreckschusspistole und Betäubungsmittel mit sich führt, leistet an diesem Abend ebenfalls Widerstand. Von Widerstand bis Falschgeld Bis Samstagmorgens um 4 Uhr zählt die Polizei insgesamt neun sichergestellte Gegenstände, drei Messer, eine Schreckschusspistole, einen Schlagring, einen Teleskopschlagstock, ein Tierabwehrspray, ein Elektroimpulsgerät und einen Schraubendreher. 13 Strafanzeigen werden im Zusammenhang mit dem Blasheimer Markt geschrieben, unter anderem wegen des Mitführens verbotener Gegenstände, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Diebstahls und Inverkehrbringens von Falschgeld. Um ein Vielfaches höher aber ist die Zahl derjenigen, die aufgrund ihres Verantwortungsbewusstseins und der aufmerksamen Sicherheitskräfte in dieser Nacht unbeschwert und in Sicherheit die Lübbecker Traditionsveranstaltung genießen können.

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