Nach der Europawahl: Minden-Lübbecker Politiker deutet gravierende Folgen an

Lübbecker Land. Die CDU hat die Europawahl deutlich gewonnen. In Bund, Land und im Kreis Minden-Lübbecke liegen die Christdemokraten klar vorn. Verloren haben im Kreis die Ampel-Parteien. Die SPD und die FDP verloren leicht. Deutlich abgestraft wurden die Grünen. Im Vergleich zu ihrem Wahlergebnis bei der Europawahl vor fünf Jahren wurde der Stimmenanteil der Grünen halbiert. Von einem Absturz seiner Partei wollte Benjamin Rauer, Landtagsabgeordneter der Grünen aus Hüllhorst, trotzdem nicht sprechen. Deutlichere Aussagen kamen von Vertretern der SPD, der FDP und der CDU. Ein Politiker mag gravierende Folgen nicht ausschließen: Er deutet bereits an, unter welchen Umständen es zu vorgezogenen Bundestagswahlen kommen könnte. So war die Wahlbeteiligung Das Interesse der Menschen an der Europawahl in diesem Jahr war stark. Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag im Kreis Minden-Lübbecke bei 61,64. Das waren mehr als vor fünf Jahren. Bei der Europawahl im Jahr 2019 nutzten 59,07 Prozent der Wahlberechtigten ihr Stimmrecht. Die höchste Wahlbeteiligung gab es in Hille (68,61 Prozent), die schlechteste in Espelkamp (55,51). Die Auszählung ging relativ schnell. Als letzte Kommune ging dabei die Stadt Rahden über die Ziellinie. 293 von 294 Minden-Lübbecker Stimmbezirken waren zum Teil schon lange ausgezählt, nur ein Rahdener Briefwahlbezirk ließ auf sich warten. Erst um 21.47 Uhr stand am Sonntagabend hier das Ergebnis fest. Hochburgen der Parteien Die Christdemokraten hatten am Sonntagabend auch in Minden-Lübbecke Grund, sich über das Ergebnis ihrer Partei zu freuen. In allen elf Städten und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke lag die CDU vorn. Selbst in der Kreisstadt Minden, traditionell eine Hochburg der Sozialdemokraten, landete die CDU auf Platz eins. Ihr kreisweit bestes Ergebnis fuhr die CDU in Rahden (39,32 Prozent) ein, ihr schlechtestes in Minden (25,39 Prozent) - was aber immer noch langte, um vor der SPD zu landen. Die SPD erzielt ihr bestes Ergebnis in Hille (23,91 Prozent), ihr schlechtestes in Rahden (15 Prozent). Die Grünen verloren überall und schnitten besonders schlecht in Espelkamp (6,43 Prozent) ab. Ihr bestes Ergebnis holten die Grünen in Minden (12,51 Prozent). Die FDP verlor ebenfalls, aber nicht so dramatisch wie die Grünen. Das schlechteste Ergebnis fuhren die Liberalen in Espelkamp (4,16 Prozent) ein, ihr bestes in Stemwede (7,67 Prozent). Überall zugelegt hat die AfD. In Stemwede und Rahden etwa verdoppelte die Partei ihren Stimmenanteil, in Preußisch Oldendorf, Hüllhorst und Lübbecke wurde das AfD-Ergebnis fast verdoppelt. In Espelkamp fuhr die AfD mit 22,52 Prozent ihr kreisweit bestes Ergebnis ein, in vier Stimmbezirken lag die AfD deutlich vor allen anderen Parteien. Auch im Rahdener Stimmbezirk Kleinendorf-Mitte/Nord wurde die AfD stärkste Kraft. Das sagt die CDU Oliver Vogt, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU Minden-Lübbecke, freute sich über die gestiegene Wahlbeteiligung. Es sei die Europawahl mit einer besonders starken Beteiligung gewesen. &bdquo;Demokratie wird legitimiert durch die Wahl“, merkte Vogt an. &bdquo;Je mehr Menschen wählen gehen, desto besser.“ Das habe ihn sehr gefreut. Es werde viel über Politikverdrossenheit gesprochen und der jetzige Trend gehe in eine andere Richtung. &bdquo;Mit dem CDU-Ergebnis bin ich zufrieden.“ Die CDU habe ihr Ergebnis &bdquo;trotz Kampagnen“ ausbauen können. Jegliche Kritik an der EU sei wegen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der CDU abgeladen worden. Dabei gehörten der EU-Kommission nicht nur Christdemokraten an. Die in Berlin regierende Ampel sieht Vogt durch das Ergebnis abgestraft. Die SPD habe ihr schlechtes Ergebnis von 2019 noch einmal verschlechtert - obwohl sie mit dem Kanzler geworben habe. Das müsse der SPD in Berlin zu denken geben, meinte Vogt. Die Grünen hätten einen Hype bei den Wahlen 2019 wegen Klimaschutz gehabt. Die Menschen hätten derzeit aber andere Sorgen, auf die die Grünen keine Antwort gäben. Im EU-Parlament hätten die Grünen wichtige Themen blockiert, die auch die Wirtschaft beträfen. Dabei brauche man eine starke Wirtschaft mit Technik und Innovation, wolle man Klimaziele erreichen. Für Technik und Innovation stünden die Grünen nicht so. &bdquo;Dafür haben die Grünen die Quittung bekommen.“ Die Verluste der FDP führt Vogt auf ein &bdquo;Glaubwürdigkeitsproblem“ zurück, das mit der Ampel zu tun habe. &bdquo;Die Ampel bekam kräftig vor den Bug gedonnert.“ Die AfD und das BSW hätten zusammen so viele Stimmen bekommen, wie man vor einem Jahr in Prognosen der AfD allein vorhergesagt habe. Ein Teil der AfD-Wähler sei aber nun zum BSW gegangen. Im Vergleich zu 2019 habe die AfD ihr Ergebnis um rund 50 Prozent im Bund gesteigert, sei aber von den Prognosen vergangener Monate entfernt. Vogts Schlussfolgerung: Alle demokratischen Parteien müssten sich bemühen, Wähler wieder zurückzugewinnen. &bdquo;Damit müssen wir uns beschäftigen.“ Das sagt die SPD In ganz Europa hätten Grüne und Liberale verloren, sagte Achim Post, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Er halte nichts davon, Ergebnisse schönzureden. &bdquo;Das Ergebnis ist eine Niederlage“, erklärte Post. &bdquo;Ich hatte gehofft, dass wir im Vergleich zum schlechten Ergebnis von 2019 wieder zulegen.“ Das sei leider nicht gelungen. Post hat nach eigenen Angaben viele Wahlkampfveranstaltungen besucht. Die Stimmung sei gut gewesen, Mitglieder und Kandidaten hätten sich angestrengt. &bdquo;Aber eine Mehrheit ist mit der Ampel nicht zufrieden wegen der vielen Streitereien.“ Die Ampel sei insgesamt abgestraft worden und das gelte vor allem für die Grünen. &bdquo;Aber wir können auch nicht zufrieden sein.“ Posts Schlussfolgerung: &bdquo;Die SPD muss deutlich sagen, was sie will und was sie nicht will. Als Partei, als Fraktion, aber auch in der Bundesregierung.“ Hält die Ampel bis zur Bundestagswahl 2025 durch? Davon ist Achim Post überzeugt. &bdquo;Die Regierung ist für vier Jahre gewählt. Jetzt müssen sich alle zusammenreißen.“ Das sagt die FDP Stemwedes Bürgermeister Kai Abruszat (FDP) sprach von einer &bdquo;schweren Niederlage für die Regierungsparteien in Berlin“. Die Bürgerinnen und Bürger auch hier vor Ort erwarteten &bdquo;unverzüglich einen deutlichen Kurswechsel in der Migrations- und Wirtschaftspolitik“, so Abruszat. &bdquo;Wird diese Wende nicht umgehend eingeleitet, sind Neuwahlen unausweichlich.“ Die Unzufriedenheit mit der Berliner Politik sei vor Ort spürbar. Aus Sicht Abruszats sind AfD und BSW mit ihren Ergebnissen &bdquo;auch bei uns im Lübbecker Land eine deutliche Projektionsfläche für diesen Protest. Ohne drastischen Kurswechsel in Berlin sind Neuwahlen unausweichlich.“ Das sagen die Grünen Man müsse anerkennen, dass die CDU bundesweit Wahlsieger sei, sagte Benjamin Rauer, Landtagsabgeordneter der Grünen aus Hüllhorst. &bdquo;Alle Ampel-Parteien hatten starke Verluste.“ Die aber seien nicht alle bei der CDU angekommen. Ein &bdquo;Riesensprung“ sei bei der AfD angekommen. &bdquo;Das muss uns zu denken geben und wir müssen überlegen, welche Schritte wir jetzt gehen.“ Den Umgang mit der AfD werde man &bdquo;demokratisch nur gemeinsam finden“. Die AfD gebe vor, dass es einfache Antworten für große Probleme gebe. Das müsse man angehen, auseinandernehmen, weil es keine einfachen Antworten auf große Probleme gebe. Angesichts der aktuellen Krisen seien manche &bdquo;empfänglicher für einfache Antworten“. Rauer: &bdquo;Unsere Antworten werden nicht so gehört.“ Man müsse besser erklären, was man mache. Zudem müssen aus Sicht Rauers an manchen Stellen &bdquo;Demokraten mehr zusammenstehen, gemeinsam Flagge zeigen und für etwas einstehen“. Rauer sprach von starken Verlusten aller Ampel-Parteien. Die Grünen verloren aber besonders stark. Ein Absturz? Das sei das falsche Wort, meinte Rauer. Das Wahlergebnis 2019 sei ein ganz besonderes gewesen und das stärkste Ergebnis für Grüne in Bund, Land und Kreis bei einer Europawahl. Das Ergebnis vom Sonntag bezeichnet Rauer als &bdquo;ernüchternd“. Wenige Tage zuvor habe im Raum gestanden, der AfD nicht den zweiten Platz zu überlassen.

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