Sicherheit von Kindern im Kreis Minden-Lübbecke: Sind Straßensperrungen vor Schulen die Lösung?

Lübbecker Land. Im benachbarten Kreis Herford werden stundenweise Straßen gesperrt, um die Sicherheit für Schulkinder zu verbessern. In Enger stellte die CDU-Fraktion den Antrag, eine temporäre Sicherheitszone an einer Grundschule mit &bdquo;gefährlicher Verkehrslage“ zu errichten. Schulleiter und Eltern berichten von teilweise chaotischen und höchst gefährlichen Situationen. Die Stadtverwaltung Herford richtet demnach zwei Schulstraßen im Probebetrieb ein, um Elterntaxis den Kampf anzusagen – zunächst für ein halbes Jahr. Das hat der Verkehrsausschuss einstimmig beschlossen. Wie stehen die Kommunen im Lübbecker Land zum neuen &bdquo;Schulstraßen-Erlass“? Sind sie ein geeignetes Mittel, um das Verkehrschaos zu bändigen? Die Neue Westfälische hat nachgefragt. Betroffen sind in Herford die Falkstraße und die Uhlandstraße, in denen eine Grund-, beziehungsweise eine Realschule liegen. Mit dem Beschluss dürfen Eltern ihre Kinder dann nicht mehr mit dem Auto zur Schule fahren oder von dort abholen. Wie zu vernehmen ist, wurde die Entscheidung von Eltern, Schulleitern und Anwohnern mit spürbarer Erleichterung aufgenommen. Lübbecke setzt auf Aufklärung, Information und Prävention &bdquo;Uns liegen aktuell keine Anträge oder Initiativen vor, an der verkehrsrechtlichen Situation vor unseren Schulen etwas zu ändern“, teilt Andreas Püfke, Pressesprecher der Stadt Lübbecke mit. Er sagt auch, die Diskussion um das &bdquo;Elterntaxi“ wurde in Lübbecke vor rund zwei Jahren geführt. &bdquo;Als Verwaltung haben wir das damals zum Anlass genommen, sämtliche Schulstandorte mit Blick darauf zu analysieren.“ Im Ergebnis habe man eine offensive Informationskampagne geführt, sämtliche Eltern angeschrieben und ihnen genau den sichersten Schulweg für ihre Kinder aufgezeigt. &bdquo;Die Stadt Lübbecke hat ganz grundsätzlich wenig Vertrauen in neue Verbote als Allheilmittel“, teilt Püfke mit. Und weiter: &bdquo;Sie allein lösen das Problem selten, und ohne entsprechende Kontrollen sind sie ohnehin zahnlose Tiger.“ Als Beispiel nennt er die Situation, dass Halten auf und unmittelbar vor Fußgängerüberwegen, wie es sie vor fast jeder Schule gibt, und was allein schon die Straßenverkehrsordnung verbietet. &bdquo;Und jeder, der einen Führerschein hat, sollte das wissen“, ergänzt er. &bdquo;Trotzdem kommt es immer wieder mal vor, dass Eltern ihre Kinder mitten auf dem Zebrastreifen aussteigen lassen oder einsammeln.“ Und er fährt fort: &bdquo;Deswegen bleiben wir auch im ständigen Austausch mit der Polizei, die regelmäßig Präsenz an unseren Schulstandorten zeigt und gegebenenfalls freundlich, aber bestimmt auf Verstöße aufmerksam macht und die richtigen Alternativen aufzeigt.“ Mithilfe von niederschwelligen Maßnahmen wie Aufklärung, Information und Prävention hoffe die Stadt Lübbecke auf die Instrumentarien der Verbotspolitik (vorerst) weiterhin verzichten zu können, so der Pressesprecher. Was in Hüllhorst unternommen wurde Hüllhorsts Bürgermeister Michael Kasche teilte mit, durch die dauerhafte Umwandlung der zwei Zufahrten zum Parkplatz neben dem Bushaltestellenplatz am Schulverbund &bdquo;Im Mühlengrund“, Standort Tengern, in eine Einbahnstraße mithilfe von Schildern, sei das &bdquo;unwahrscheinlich erhöhte Aufkommen an Verkehrschaos“ reduziert worden. Schulleiterin Gudrun Upheber bestätigt: &bdquo;Die Situation hat sich etwas verbessert, aber es besteht weiterhin Verbesserungsbedarf.“ Nachdem der Standort der Grundschule Büttendorf zum Ende des letzten Schuljahres geschlossen worden sei, hatte sich das Verkehrsaufkommen nach den Sommerferien durch 75 neue Schüler (50 Schüler aus Büttendorf und 25 neue Erstklässler) nochmals deutlich erhöht. Der Bushaltestellenplatz war von Elterntaxis so stark frequentiert, dass es dem Schulbus zeitweise nicht mehr möglich gewesen sei, den Platz zu befahren. Teilweise sei es durch die beiden Zufahrten zu &bdquo;gefährlichen Situationen“ gekommen, in denen sich &bdquo;Kinder ohne Warnweste zwischen fahrenden, parkenden und zurücksetzenden Autos ihren Weg bis zum Schulgebäude bahnen mussten“, so die Schulleitung. Die Umwandlungsmaßnahme solle noch durch zusätzliche Bodenmarkierungen, welche die Busflächen, Parkbuchten, Park- und Halteverbotszonen kennzeichnen sollen – ergänzt werden. &bdquo;Der Parkplatz war zeitweise ein rechtsfreier Raum“, meint Gudrun Upheber rückblickend. Die Umwandlung sei deshalb &bdquo;notwendig gewesen“. Michael Kasche berichtet außerdem, es hätte in der Vergangenheit auch Überlegungen dahingehend gegeben, die Maßnahme in Tengern als Vorbild zur Verbesserung der Verkehrssituation am Platz des Busbahnhofs der Gesamtschule Hüllhorst zu nehmen. Tipps und Maßnahmen von der Kreisverwaltung Tipps und Maßnahmen für sichere Schulwege teilt auch die Pressesprecherin des Kreises Minden-Lübbecke, Sabine Ohnesorge, mit: &bdquo;Elterntaxis sind ein weit verbreitetes Phänomen mit unterschiedlichen Motiven (teils auch bedingt durch Schulschließungen und -zusammenlegungen, Aufhebung der Schulbezirke ohne direkte Busverbindung.“ Auch zu lange, umständliche, zu teure Busfahrten, zu weit entfernte Haltestellen, Sorge vor Belästigungen oder Bedrohungen seien für Eltern oftmals Anlass, ihre Kinder bis vor das vermeintlich sichere Schultor zu fahren. Weitere Gründe sind auch der Umstand, dass die Schule auf dem Weg zur Arbeit liegt, dass Kind länger schlafen kann und als Schutz vor Verkehrsunfällen. &bdquo;Grundsätzlich halten die Experten es für sinnvoll, wenn die Kinder zumindest einen Teil des Schulweges selbstständig zurücklegen“, so die Pressesprecherin. Durch zahlreiche Studien sei mittlerweile nachgewiesen, dass die tägliche Bewältigung des Schulweges zu Fuß eine Reihe von positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung habe. Dazu zählten neben einer höheren Konzentrationsfähigkeit im Unterricht eine gesteigerte körperliche Fitness sowie auch der Abbau von Übergewicht. Modelle für sichere Schulwege Bei der gemeinsamen Bewältigung des Schulweges mit anderen Kindern gebe es auch eine Verbesserung des Sozialverhaltens. Auch die frühzeitige Entwicklung eines Bewusstseins für Gefahrensituationen, die Stärkung des Selbstwertgefühls, das Entwerfen eines räumlichen Bildes der eigenen Stadt und des eigenen Schulweges in Form &bdquo;einer geistigen Landkarte“ gehörten zu den positiven Effekten. &bdquo;Kinder brauchen den Freiraum zwischen Schule und Elternhaus, sie erobern sich damit ihre Umgebung und entwickeln ein Identitätsgefühl, ein Heimatgefühl“, so Sabine Ohnesorge. Ferner gelten die Einrichtung von Elternhaltestellen im Umkreis der Schule, das Projekt &bdquo;Walking Bus“ und das Verkehrssicherheitsprojekt &bdquo;Schulwegzähmer“ als geeignete Maßnahmen für sichere Schulwege. Durch die Teilnahme an Letzterem werden die Kinder mit Zaubersternen belohnt, die sie zum Beispiel gegen einen hausaufgabenfreien Nachmittag oder einen Ausflug zum Spielplatz einsetzen können.

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