Wetterexperte: Minden-Lübbecke erlebte ein Wetterjahr voller Extreme

Kreis Minden-Lübbecke. Dem Lübbecker Diplom-Meteorologe Friedrich Föst zufolge ist mit dem Jahr 2023 auch ein Wetterjahr voller Extreme zu Ende gegangen: &bdquo;Es war nicht nur das wärmste, sondern auch das nasseste Jahr im Mühlenkreis seit Aufzeichnungsbeginn. Doch es gab noch mehr Rekorde.“ 2023 begann laut Föst nicht nur pyrotechnisch mit einem Feuerwerk, sondern auch mit einem meteorologischen Paukenschlag: &bdquo;Das Thermometer zeigte in den frühen Morgenstunden des 1. Januar an der Wetterstation in Rahden satte 17,0 Grad Celsius an – eine laue Sommernacht mitten im Winter und gleichzeitig auch ein neuer Temperaturrekord für Januar.“ Außergewöhnlich warm fielen demnach auch die Monate Juni und September aus. Beide Monate landeten auf Rang drei in der Rubrik Wärme an der Wetterstation in Rahden, an der seit 1951 Wetter aufgezeichnet wird. In Bezug auf das noch international gültige Klimamittel 1961 bis 1990 fielen alle Monate des Jahres 2023 zu warm aus. Enormer Wärmeüberschuss Vergleiche man die Monatsmitteltemperaturen mit den Durchschnittswerten der letzten 30 Jahre (Klimamittel 1991 bis 2020) seien immerhin vier Monate – April, Mai, Juli und August – leicht zu kalt ausgefallen. Allerdings hätten diese Monate selbst nach der neuen Klimaperiode 1991 bis 2020 den &bdquo;enormen Wärmeüberschuss“ der anderen Monate nicht annähernd ausgleichen können. So weise das Jahr 2023 mit einer Durchschnittstemperatur von 11,3 Grad Celsius selbst in Bezug auf die neue Referenzperiode eine positive Abweichung von 1,2 Grad Celsius auf. Nach der noch gültigen, alten Referenzperiode fiel das Jahr 2023 sogar um 2,5 Grad Celsius zu warm aus. &bdquo;Somit erlebte der Mühlenkreis das wärmste Jahr seit mehr als 130 Jahren“, fasst Föst seine Erkenntnisse zusammen. Überdurchschnittlich hoch sei auch die Anzahl an Sommertagen – Tage mit einer Temperatur von 25,0 Grad Celsius und mehr – ausgefallen: 54 Sommertage wurden an der Wetterstation in Rahden registriert, das sind laut Fösts Berechnungen zwölf Tage mehr als im Schnitt der letzten 30 Jahren und 28 mehr als nach der alten Referenzperiode. Verschobene Sommertage Die meisten Sommertage fielen Fösts weiteren Angaben zufolge nicht auf den Hochsommer im Juli und August, sondern auf den Frühsommermonat Juni und den Herbstmonat September. Letzterer habe fünf heiße Tage mit einer Temperatur von 30,0 Grad Celsius und mehr aufgewiesen, was ebenfalls einen neuen Rekord für einen September-Monat bedeute. Insgesamt seien neun heiße Tage 2023 registriert worden: ein Plus von vier Tagen gegenüber dem Klimamittel 1961 bis 1990, aber ein leichtes Minus von einem Tag gegenüber dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Die Anzahl der Frost- und Eistage (Höchsttemperatur von unter 0 Grad Celsius) fiel nach beiden Referenzperioden hingegen deutlich unterdurchschnittlich aus. Föst: &bdquo;So ist es nach einem milden Winter nicht weiter verwunderlich, dass die höchste Schneedecke am 11. März mit rund zehn Zentimetern bereits im meteorologischen Frühling gemessen wurde.“ Im überdurchschnittlich warmen Jahr 2023 herrschte jedoch keine große Trockenheit, wie in den vergangenen Jahren. Im Gegenteil: &bdquo;Das Jahr war mit Abstand das nasseste seit mehr als 130 Jahren“, betont Föst. Allein die Monate Oktober bis Dezember hätten so viel Niederschlag gebracht wie im gesamten trockenen Jahr 2018. Monatsmenge Regen an einem Tag In vielen Kommunen im Mühlenkreis sind Föst zufolge mehr als 1.000 Liter pro Quadratmeter Niederschlag gefallen, im Raum Porta Westfalica und Bad Oeynhausen örtlich sogar mehr als 1.150 Liter. Knapp unter 1.000 Litern sei nur die Region von Rahden über Hille bis nach Stemmer geblieben. Die Monate März, August, Oktober, November und Dezember landeten an der Wetterstation in Rahden in den Top acht seit Aufzeichnungsbeginn 1951. Erwähnenswert findet der Lübbecker Meteorologe auch den Starkregen vom 6. August rund um Pr. Oldendorf, bei dem eine ganze durchschnittliche August-Regenmenge innerhalb kurzer Zeit vom Himmel geprasselt sei. Ebenfalls kurios: Der Herbst sei nicht nur der zweitwärmste seit Aufzeichnungsbeginn gewesen, sondern gleichzeitig der zweitnasseste. Die Gemengelage im vergangenen Jahr führte laut Föst zu einem historischen Hochwasser an den hiesigen Flüssen. Die Weser erreichte am 27. Dezember den höchsten Wasserstand seit mehr als 76 Jahren. Zugleich hätten sich die Grundwasserstände nach einer mehr als fünf Jahre andauernden &bdquo;Durststrecke“ nachhaltig erholt. Nicht endender Tiefdruckeinfluss Die Sonne schaffte mit etwas über 1.600 Stunden bzw. rund 110 Prozent ein leichtes Plus. Gerade die letzten drei Monate seien sehr sonnenscheinarm gewesen. Der Dezember komme gerade auf zehn Stunden. In den letzten drei Monaten kamen insgesamt nur etwas mehr als 100 Stunden Sonnenschein zusammen. Zum Vergleich nennt Friedrich Föst den September. Der allein habe rund 230 Stunden Sonne geschafft, was rund 155 Prozent entspreche. Föst abschließend: &bdquo;Bis Ende September sah es lange nach einer deutlich überdurchschnittlichen Sonnenscheindauer aus, da die Sonne schon fast ihr Soll erfüllt hatte. Doch dann setzte der nicht enden wollende Tiefdruckeinfluss ein.“

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