Lübbecker Haushalt: Stadt rechnet auf Jahre mit mehr Ausgaben als Einnahmen

Lübbecke. Die meisten Punkte auf der Tagesordnung des Stadtrates am Donnerstagabend waren reine Formsache und wurden ohne Aussprache in kürzester Zeit einstimmig beschlossen. Doch dann ging es um den eingebrachten städtischen Haushalt 2024, der am 25. Januar verabschiedet werden soll, und um die Steuersätze für die Grundsteuern. Daran entzündete sich eine Debatte, die sich hinzog. Einnahmen von 69,5 Millionen und Ausgaben von 81,7 Millionen Euro stehen sich im Entwurf des eineinhalb Stunden vor Sitzungsbeginn an die Ratsmitglieder verschickten Haushaltsplans für 2024 gegenüber. Um den Haushalt auszugleichen, müssten demnach 12,2 Millionen Euro aus den Ausgleichsrücklagen entnommen werden. &bdquo;Schnellstens gegensteuern“ &bdquo;Die Entwicklung unseres städtischen Haushaltsplans ist so dramatisch negativ, dass wir innerhalb von fünf Jahren, unsere Ausgleichsrücklage über zuletzt rund 57 Millionen Euro aufgebraucht haben werden. Das habe ich noch vor zwei Jahren nicht ernsthaft für möglich gehalten“, sagte Finanzdezernent Dirk Raddy. Da sei es auch kein Trost, dass es den meisten Kommunen im Kreis und in NRW genauso ergehe. Raddy: &bdquo;Hier muss der Rat schnellstens gegensteuern und die Anpassung der Hebesätze beschließen. Nicht nur auf den fiktiven Hebesatz, sondern darüber hinaus.“ Fiktive Hebesätze werden vom Land NRW festgelegt, die tatsächlichen Hebesätze bestimmt jede Kommune selbst. &bdquo;Langsames Erdrosseln der Kommunen“ &bdquo;Die Chance zur rückwirkenden Erhöhung der Grundsteuer B in 2023 haben Sie leider verstreichen lassen“, merkte der Finanzdezernent an. Jetzt schlage die Verwaltung eine Erhöhung vor, die sich mit rund 1,3 Millionen Euro jährlich ab 2024 positiv im Haushalt niederschlagen würde. Ein Teil dieser Erhöhung sei der anteiligen Übernahme der Verluste der Mühlenkreiskliniken (MKK) geschuldet. &bdquo;Und das ist noch nicht einmal der Teil der Last, den die Lübbecker zu zahlen haben, wenn das Krankenhauskonzept baulich umgesetzt wird“, führte Raddy weiter aus. Dieser Teil werde die kommunalen Haushalte mittelfristig zusätzlich belasten. Was der Kämmerer dann in Richtung Minden äußerte ließ an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig: &bdquo;Der Kreis ist gefordert, diese zusätzliche Last für die kommunalen Haushalte so gering wie möglich zu halten und damit das langsame Erdrosseln der kreisangehörigen Kommunen einzustellen und Vorsorge dafür zu treffen, dass die zukünftigen Risiken der Verlustübernahme der MKK entfallen oder zumindest deutlich reduziert werden.“ Unter Berücksichtigung der angepassten Hebesätze erwirtschaften die Stadt Lübbecke in fünf Haushaltsjahren kumuliert einen Fehlbetrag in Höhe von 67,7 Millionen Euro. Die Folge beschrieb Raddy so: &bdquo;Entscheidet sich die Politik hier nicht mutig für diese Erhöhung, führt uns das gewiss aktiv in die Haushaltssicherung.“ Da auch von Land und Bund außer &bdquo;Taschenspieler-Tricks“ nichts zu erwarten sei, müsse man sich die Frage stellen: &bdquo;Was können wir uns noch leisten?“ &bdquo;Handlungsfähigkeit erhalten“ Auf Raddy Frage antwortete Bürgermeister Frank Haberbosch, es sollte nicht bei den Sportvereinen oder der Kultur gespart werden. Alternativ schlug er vor, sich &bdquo;die großen Dinge anzugucken“. Er verstehe zwar Politiker, die den Bürgern nicht in die Tasche greifen wollten: &bdquo;Aber man muss sich auch einmal der Verantwortung stellen.“ Unterstützung für die Haltung der Verwaltung kam aus der SPD-Fraktion. Andreas Schröder sagte, die Grundsteuer B sei seit 2016 nicht verändert worden. Jetzt gehe es darum, &bdquo;unsere Handlungsfähigkeit zu erhalten“. Die Erhöhung der Grundsteuern müsse jetzt sein, &bdquo;sonst gehen wir sehendes Auges in die Fremdbestimmung“. Torsten Stank (SPD) bezweifelte sogar, dass die anderen Fraktionen sich ihrer Verantwortung ausreichend bewusst seien. &bdquo;Vorauseilender Gehorsam“ Denn diese zeigten keine Bereitschaft, die aktuellen Hebesätze zum 1. Januar 2024 von 217 auf 291 v. H. für land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) und von 429 auf 556 v. H. für Privatgrundstücke/-Immobilien (Grundsteuer B) zu erhöhen. Selbst für die Anhebung bis zu den fiktiven Hebesätzen von 259 bzw. 501 v. H. gab es keine Mehrheit, denn nur die SPD-Fraktion und Bernd-Sasse-Westermann (LK) stimmten dafür. Die Begründungen aus den anderen Fraktionen waren sehr unterschiedlich. Henrich Oevermann (CDU, Fraktionsgemeinschaft mit der FDP), monierte: &bdquo;Wir nehmen Bürgern mehr Geld ab, das in Bereiche fließt, die wir nicht steuern können.“ Martin Klee (WL) sprach von einem &bdquo;Problem in Minden“ und von &bdquo;vorauseilendem Gehorsam“. Klaus-Jürgen Bernotat (CDU) bewertete die Ausführungen der Verwaltung als pessimistisch: &bdquo;Niemand weiß, wie die Gewerbesteuern sich entwickeln.“ Susanne Kresken schlug &bdquo;Ausgabendisziplin“ vor, worauf Andreas Schröder erwiderte, der Rat habe nur Einfluss auf 16 Prozent des Haushaltes. Dieter Wiegmann (WL) fragte: &bdquo;Sparen wir hier nur, damit der Kreis das Geld bekommt?“ Heinrich Stenau (parteilos) kritisierte: &bdquo;Wir haben noch keinen Haushalt, reden aber schon über Einnahmeerhöhungen.“ Christiane Brune-Wiemer (Grüne) argumentierte mit der demografischen Entwicklung und dem zu erwartenden Besitzerwechsel in den kommenden Jahren: &bdquo;Ein Beschluss zur Steuererhöhung wäre ein Rückschritt für die Stadtentwicklung.“

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