Lübbecker Expertin berichtet: Diese Todesfallen lauern in Gärten auf den Igel

Lübbecker Land. Der Igel wurde gerade zum Tier des Jahres 2024 gekürt. Doch diese Auszeichnung wird das Stacheltier verschlafen, denn bis zu fünf Monate kann der Igel die nahrungsarme und kalte Jahreszeit im Winterschlaf verbringen. Doch längst nicht alle Igel liegen als Stachelkugel eingerollt in einem molligen Nest in der Natur. Immer wieder werden im Spätherbst und frühen Winter Igel aufgefunden, die es ohne Hilfe nicht schaffen. Im November erst wurden drei Igelkinder ins Lübbecker Tierheim gebracht, die in einem Kellerschacht gefunden wurden. Karen Küpper, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Einrichtung am Heuweg, schätzt, dass die Igelbabys etwa drei Wochen alt waren. Die Igelmutter, die ebenfalls in dem Schacht lag, sei bereits tot gewesen. Vermutlich sei die Igelfamilie bei der Nahrungssuche in den Schacht gefallen. &bdquo;Ohne ihre Mutter können Igelkinder ihre Körpertemperatur nicht mehr aufrechterhalten“, sagt Karen Küpper. Die Jungtiere waren nicht nur unterernährt, sondern auch unterkühlt, als sie im Tierheim abgegeben wurden. &bdquo;Viel wichtiger als Nahrung ist dann erst einmal Wärme“, sagt Küpper. Ein Jungtier verstarb auf der Fahrt Als Erste-Hilfe-Maßnahme eigne sich eine nicht zu heiße, in ein Handtuch eingewickelte Wärmflasche. Erst wenn Igelbabys ihre normale Körpertemperatur von etwa 35 Grad erreicht haben, nehmen sie auch Nahrung auf. Igel sind reine Fleischfresser und ernähren sich in der Natur von Insekten. Wer Igel aufpäppeln möchte, greift daher am besten zu Katzenfutter ohne Gelee oder Sauce. Alternativ können auch Mehlwürmer angeboten werden. Auch aufgestocktes Ei mögen Igel gerne. Von Trockenfutter aus Zoohandlungen wird hingegen eher abgeraten. Milch verträgt das Stacheltier nicht. Weil das Tierheim nicht die Kapazitäten hat, um Wildtiere längerfristig aufzunehmen, wurden die Igelkinder zunächst von einer Ehrenamtlichen versorgt. Eines der Jungtiere sei allerdings so geschwächt gewesen, dass es noch auf dem Transport verstarb. Wenn hilfsbedürftige Igel im Tierheim abgegeben werden, gibt die Einrichtung die Findlinge an Pflegestellen weiter. Die Experten dort kennen sich mit der Igel-Pflege aus, denn häufig sind die Tiere auch noch zusätzlich durch Parasiten geschwächt. Dann ist es wichtig, das richtige Mittel zu verabreichen, denn den Igel einfach mit Flohspray einzunebeln, könnte seinen Tod bedeuten. Karen Küpper rät auch dazu, genau hinzuschauen, ob ein Igel wirklich menschliche Hilfe braucht. So ist es nicht ungewöhnlich, dass Igel auch in den Wintermonaten bei milderen Temperaturen kurzfristig aus dem Winterschlaf erwachen. Wer im Internet das Stichwort &bdquo;Hungerknick“ eingibt, stößt sofort auf Informationen, die helfen einen &bdquo;Igel-Notfall“ zu erkennen. Dazu zählt eine sichtbare Einkerbung zwischen Kopf und Rücken ebenso wie Tag-Aktivität, denn ein gesunder, vitaler Igel ist in aller Regel ausschließlich in der Nacht unterwegs. Aber auch ein massiver Befall mit Fliegeneiern, ein torkelnder Gang sowie struppiges Aussehen und Verletzungen sind ein Indiz dafür, dass es dem Igel schlecht geht. Gärten mit Monokultur verknappen Nahrung Igelkinder sollten etwa Mitte November, bevor es in den Winterschlaf geht, ein Gewicht von mindestens 500 Gramm, besser noch 600 Gramm erreicht haben. Ist das Wetter noch offen, reicht es manchmal auch aus, einfach im Garten zuzufüttern. &bdquo;Wer unsicher ist, kann sich Beratung suchen“, sagt Karen Küpper. Im Internet finden sich zahlreiche &bdquo;Igelhilfen“ und auch das Tierheim kann eine Einschätzung geben. Igel stehen zwar nicht unter Naturschutz, sie gehören aber zu den besonders geschützten Tieren. &bdquo;Und sie haben es nicht leicht“, sagt Karen Küpper. Neben dem Autoverkehr lauern auch andere tödliche Gefahren auf den sympathischen Gesellen mit den Knopfaugen. Dazu gehören Kellerschächte, die kontrolliert oder abgedeckt werden sollten, ebenso wie der Mähroboter. Insbesondere für Igel, die bei Gefahr nicht flüchten, sondern sich im Vertrauen auf ihre Stacheln zusammenrollen, geht eine Begegnung oftmals tödlich aus. Deshalb sollten Mähroboter nicht nachts zum Einsatz kommen, wenn der Igel unterwegs ist, warnt der Naturschutzbund (NABU). Gartenteiche sollten mit einer Ausstiegshilfe für Wildtiere versehen werden. Auch der natürliche Lebensraum des Igels hat sich sehr verändert. Schuld sind die Gärten mit grünen Monokulturen, die das Nahrungsangebot des Insektenfressers verknappen. Auch fehlt es in den vielfach &bdquo;klinisch reinen“ Gärten an dichten Hecken, Laubhaufen und Totholz in denen sich das Wildtier für den Winter sein molliges Nest bauen kann. Wer dem Stacheltier etwas Gutes tun möchte, der legt im Garten eine Igelecke an, in der es etwas unordentlicher zugehen darf: mit Reisig, Holz und Herbstlaub. Wer für den Gast im Garten ein Häuschen bauen möchte, findet dazu zahlreiche Anleitungen im Internet. Das Häuschen sollte aber mindestens eine Länge von 40 Zentimetern, eine Breite von 30 Zentimetern und eine Höhe von 25 Zentimetern haben, rät der NABU. Lübbeckerin bietet Tipps zur Igelhilfe Es gibt zahlreiche Menschen, die sich dem Igelschutz verschrieben haben. Dazu zählt auch Edith Haselau. Mehr als 20 Jahre führte die 70-Jährige in Lübbecke ein &bdquo;Igelhotel“. In manchen Jahren &bdquo;checkten“ im Hotel mit Vollpension bis zu 60 hilfsbedürftige Stacheltiere ein. Darunter waren auch viele verwaiste Igelbabys, die von Hand aufgezogen werden mussten. 2014 musste Edith Haselau das Hotel aus gesundheitlichen Gründen schließen und der zugehörige Verein wurde aufgelöst. Doch die Lübbeckerin ist nach wie vor in der Igelhilfe aktiv. Unter &bdquo;Igelhilfe, Beratung, Vermittlung und Netzwerk Haselau LK“ pflegt die 70-Jährige eine Facebookseite, die Igelfindern- und -finderinnen nützliche Tipps gibt und auch bei der Suche nach einer Igel-Station vor Ort hilft. Die Gruppe, der jeder beitreten kann, hat bereits mehr als 4.000 Mitglieder. Zudem hat Edith Haselau gemeinsam mit anderen Igelfreunden eine Google-Karte &bdquo;Igelpflegestellen“ erstellt, auf der sich über die Postleitzahl Pflegestellen finden lassen. Mehr als 1,4 Millionen Mal wurde die Karte bereits aufgerufen, erzählt Edith Haselau. Eine weitere Hilfe für Igelfinder ist die Facebookgruppe &bdquo;Igelstellen PLZ Wildtierpflegestellen PLZ“ in der Edith Haselau ebenfalls aktiv ist. Auch telefonisch hilft die Lübbeckerin gerne bei allen Fragen rund um den Igel und zwar unter 05741 4629 sowie mobil unter 01771843112. Und weil es sich bei Igelfindlingen nicht selten um &bdquo;Notfälle“ handelt, passt es nur zu gut, dass ihre Handynummer auf 112 endet. &bdquo;Wie die Feuerwehr“, sagt Edith Haselau.

Meistgelesen