Igel in Gefahr: Kommt in Bielefeld jetzt das Nachtfahrverbot für Mähroboter?

Bielefeld. In der Autoentwicklung sind sie schon lange nicht wegzudenken: Die lebensgroßen Crashtest-Dummies, die seit den 1950er-Jahren bei simulierten Unfällen zum Einsatz kommen und die helfen, Fahrzeuge sicherer zu machen. Seit kurzer Zeit gibt es auch erste tierische Dummies, die dazu beitragen sollen, das Wildtier des Jahres 2024 künftig vor Kollisionen zu schützen. Ganz konkret geht es darum, Igel vor der Zerfleischung durch Mähroboter zu bewahren. In Bielefeld könnten die kleinen Säugetiere bereits schneller geschützt werden. In einem Bürgerantrag wird konkret ein Nachtfahrverbot für Mähroboter gefordert. Schon lange wollen Naturschützer ein solches Verbot, weil die nachtaktiven Tiere in den Abend- und in den frühen Morgenstunden sowie in der Nacht durch die automatischen Rasenpfleger gefährdet werden. Jetzt muss sich am Dienstag, 4. Februar, zunächst der Bielefelder Anregungs- und Beschwerdeausschuss mit dem Thema befassen. In Köln gibt es seit dem 1. Oktober 2024 ein nächtliches Nachtfahrverbot von Rasenmähern. Auch zwei Gemeinden im Kreis Potsdam-Mittelmark haben beschlossen, dass die Geräte zwischen 20 Uhr abends und 7 Uhr morgens nicht mehr betrieben werden dürfen. In Düsseldorf und Mönchengladbach gibt es ebenfalls Bestrebungen, die Igel, die mittlerweile auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten stehen, vor den rotierenden Messern zu schützen. In Bielefeld gibt es erste Ansätze zum Schutz der Stacheltiere. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Umweltamt sieht nicht zu unterschätzende Gefahr So hat der Ausschuss für Klima- und Umweltschutz Mitte November beschlossen, dass die Verwaltung eine Kampagne &bdquo;Bielefeld für den Igel“ erarbeiten soll. Auf der städtischen Homepage gibt es eine Anleitung für den Naturburgenbau für Igel. Die negativen Auswirkungen von Mährobotern auf Igel und andere Arten sollten nicht unterschätzt werden, schreibt das Umweltamt in seinem Fachbeitrag zur aktuellen Bürgeranregung. Es sei wichtig, die Bürgerinnen und Bürger für dieses Thema zu sensibilisieren. Der Paragraf 44, Absatz 1, des Bundesnaturschutzgesetzes besagt: &bdquo;Es ist verboten,wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Der bei uns verbreitete Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) ist geschützt und wurde 2024 durch die Deutsche Wildtierstiftung zum Tier des Jahres gewählt (wie schon 2006). Weil sein eigentlicher Lebensraum – strukturreiche Offenlandschaften mit Hecken, Büschen und Grasflächen – schwindet, besiedelt der Igel zunehmend urbane Gebiete, wie Gärten und Parkanlagen. Und dort machen ihnen zunehmend die Mähroboter das Leben schwer. Wird ein Vorderbein abgefahren, sterben Igel Zum Thema: Igelsterben in Bielefeld – schockierende Fotos von kranken und verletzten Tieren Iris Brünger würde ein Nachtfahrverbot &bdquo;von ganzem Herzen befürworten“. Sie gehört zum Vorstand des kleinen gemeinnützigen Vereins Wildtiere OWL, der sich auch um Not leidende Igel kümmert. Sie kann keine genauen Zahlen nennen, aber in der gut vernetzten Igelhilfe werde regelmäßig von durch Mäher verletzten Stacheltieren berichtet. Mit abgefahrenen oder durch Trimmer abgeschlagenen Schnauzen oder Vorderbeinen könnten Igel nicht überleben. Mit einem amputierten Hinterbein könne ein Igel indes klarkommen. Aber besser sei es natürlich, die Tiere erst gar nicht zu verletzen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Wildtiere OWL e.V. (@wildtiere_owl.e.v) Die Krux sei, sagt Iris Brünger, dass viele meinten, ein zum Ball zusammengerollter Igel werde von den Mähmaschinen als Hindernis erkannt oder sei als Stachelkugel geschützt. &bdquo;Igel legen sich bei Wärme aber auch gerne lang gestreckt ins Gras, in Mulden oder unter Büsche, um ihren Bauch zu kühlen.“ Weil die leisen, langsamen Mäher nicht unbedingt als Gefahr wahrgenommen würden, die Tiere teils auch neugierig sind, sei schnell ein Bein abgefahren. Lesen Sie auch: Kinder spielen vor Bielefelder Schule mit Igel Fußball Daher sei das geforderte Verbot für private und öffentliche Flächen (30 Minuten vor und nach der Dämmerung sowie in der Nacht) &bdquo;höchste Eisenbahn“. &bdquo;Wenn Köln es hinbringt, sollte das auch in Bielefeld zu schaffen sein.“ Im Hinblick auf die Versuche mit Igel-Dummies ist Brünger skeptisch. &bdquo;Hoffentlich gehen die bei ihren Versuchen nicht nur von zusammengerollten Igeln aus.“ Lesen Sie auch: Bielefelder Igeln geht es sehr schlecht – Verein kämpft um jedes Leben Berliner Leibniz-Institut dokumentiert Igel-Sterben Am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)in Berlin waren deutschlandweit in der Zeit von Juni 2022 bis September 2023 insgesamt 370 Fälle von Schnittverletzungen an Igeln wissenschaftlich dokumentiert worden, die von elektrischen Gartenpflegegeräten verursacht wurden. Knapp die Hälfte der Tiere überlebte. Zudem ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da sich verletzte Tiere zurückziehen. Auch leichtere Verletzungen können in der Folge zu schweren Entzündungen, Eiablage in den Wunden und zum Tod führen. Die Forschenden vom Leibniz-IZW um Anne Berger kommen angesichts der Vielzahl zu dem Ergebnis: &bdquo;Technische Lösungen für Mähroboter, die Kleintiere wie Igel zuverlässig erkennen, sind noch nicht marktreif.“ Bei den Versuchen, bei denen Igel-Kadaver und auch Igel-Dummies (Biofidel-Igel der Firma Crashtest-Service CTS) zum Einsatz kamen, mussten die meisten Maschinen die Tiere erst &bdquo;berühren“, um sie zu entdecken. Dies hatte zuvor auch eine Untersuchung von Sophie Lund Rasmussen der WildCRU an der Universität von Oxford ergeben. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler aus Deutschland, England und Dänemark, sollen nun in ein Konzept für einen standardisierten Igel-Sicherheitstest für Mähroboter einfließen, wie das Leibniz-IZW jetzt nach einer zweitägigen Tagung für Igel- und Wildtierstationen in Berlin in einer Pressemitteilung bekanntgab. Es wird dafür plädiert, ein verpflichtendes Testprotokoll für Hersteller auf europäischer Ebene einzuführen (CE-Norm). Zusätzlich plädiert auch das Leibniz-Institut für ein Nachtfahrverbot für Mähroboter und mehr Aufklärungsarbeit.

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