Sperrungen nahe der B329 im Lübbecker Land: Schädigen sie die Geschäfte?

Lübbecker Land. Sanierungen an Straßen bringen eine Verbesserung der Infrastruktur. Doch für Autofahrer bedeuten sie oft eine große Herausforderung, muss doch wegen der Umleitungen mehr Zeit für den Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen eingeplant werden. Anlieger wiederum werden durch Lärm geplagt. Eine Herausforderung sind geänderte Verkehrsführungen auch für Geschäftsleute, deren Geschäft an einer Straße liegt, die über Wochen oder gar Monate saniert wird. Davon kann auch Helga Kottmeier ein Lied singen, die einen kleinen Einkaufsladen in Oberbauerschaft betreibt. Für den Bau einer neuen Trinkwasserleitung ist die Ortsdurchfahrt von Oberbauerschaft voll gesperrt und es dauert, bis die Straße wieder frei gegeben wird, weil sich ein notwendiges Hygienegutachten hinzieht. Bereits im Kreuzungsbereich Niedringhauser Straße (B239) mit der Oberbauerschafter Straße wird auf die Vollsperrung hingewiesen. Eine Weiterfahrt insbesondere für Anlieger ist hier aber noch möglich. Sowohl der Hof Oevermann wie auch das Lebensmittelgeschäft Kottmeier sind zu erreichen. Helga Kottmeier hat schon Sorge, dass es über den 3. November hinaus noch länger mit den von der Gemeinde beauftragten Bauarbeiten dauern könnte. Sie schätzt, dass sie durch die Vollsperrung nicht einmal mehr ein Drittel ihres bisherigen Umsatzes hat. Insbesondere die Berufspendler aus dem Dünner Raum würden als Kunden fehlen. Was hilfreich gewesen wäre &bdquo;Es ist schlimm“, sagt die 77-Jährige. Sie wünscht sich, dass bei derartigen Bauprojekten einmal mit den betroffenen Geschäftsleuten gesprochen würde, &bdquo;anstatt uns vor vollendete Tatsachen zu stellen“. Das findet auch Aileen Oevermann vom Hof Oevermann an der Oberbauerschafter Straße 53 eine gute Idee. &bdquo;Wegen der irritierenden Beschilderung hatten wir gerade am Anfang viele Anrufe von Kunden, die wissen wollten, ob sie uns noch mit dem Auto erreichen können.“ Die Geschäftsfrau handelte schnell. Ein ungenutztes Schild vom Hof Oevermann laminierte sie mit dem Hinweis, dass bis zum Hof Oevermann freie Fahrt sei, und brachte es direkt an der ersten Sperrbake an. Nun wissen die Kunden Bescheid. Private Schilder sind nach Auskunft des Landesbetriebes Straßen NRW auch erlaubt, sofern keine offiziellen Hinweise überdeckt werden. &bdquo;Solche und ähnliche Informationen wären im Vorfeld der Maßnahme durchaus hilfreich gewesen“, meint Aileen Oevermann. Auch Helga Kottmeier hat ein eigenes Hinweisschild angebracht. Das sei aber nach wenigen Tagen wieder abgerissen worden. Die 77-Jährige fragt sich zu Recht, ob es eigentlich auch öffentliche Hilfen für Betriebe gibt, die durch Baustellen belastet sind. Seit dem 16. Oktober ist nun auch noch die etwas weiter nordöstlich gelegene Ahlsener Straße für etwa fünf Wochen voll gesperrt, an der sich auch ein Hotel-Restaurant befindet. Tankstelle und Backstube machten für drei Wochen zu In Lübbecke blieb etwa die Tankstelle Jet an der Bundesstraße 239 im Zuge einer wochenlangen Großbaustelle im Sommer 2023 für drei Wochen gleich ganz geschlossen, weil es wegen der Vollsperrung keine Zufahrtsmöglichkeit über die Berliner Straße mehr gab. Aus demselben Grund drehte auch Karlchens Backstube im Juli 2023 für drei Wochen den Schlüssel um. Noch schlimmer traf es beispielsweise Michael Spitz: Er schloss im Sommer seine Tankstelle und seine Autowerkstatt in Fiestel für knapp zwei Monate. Ärgerlich für ihn, denn in dieser Jahreszeit sei der Umsatz seiner Tankstelle um einiges höher als in den Wintermonaten. Der Grund für die Schließung war eine Vollsperrung der Ortsdurchfahrt Fiestel an der Gestringer Straße. &bdquo;Es waren vier Wochen angesetzt, irgendwann passierte auf der Baustelle auf einmal nichts“, resümiert der Geschäftsführer im Gespräch mit der NW. &bdquo;Man kann aber von Glück im Unglück sprechen, dass es nur acht Wochen waren. Ich hörte aus anderen Orten, dass Geschäfte aufgrund von Baumaßnahmen dichtgemacht haben, weil sie an ein- oder zweijährigen Baustellen angesiedelt waren.“ Er sei zudem froh, dass er keine Pacht bezahlen müsse, was es andernfalls noch härter gemacht hätte. &bdquo;Ich möchte mich nicht beschweren, andere trifft es stärker“, betont Spitz. Denn staatliche Gelder oder andere Hilfen habe er nicht erhalten. Öffentliche Hilfen fehlen &bdquo;Das einzige uns bekannte staatliche Hilfsprogramm im Zusammenhang mit Baumaßnahmen und Vollsperrungen ist auf Südwestfalen begrenzt und wurde wegen der Sperrung der A45 aufgelegt“, sagt Jörg Deibert, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) auf Anfrage der NW. Spezielle öffentliche Hilfen zum Ausgleich von Umsatzeinbußen durch Baumaßnahmen - vergleichbar mit den Corona-Hilfsprogrammen in Form von Zuschüssen - gebe es nicht. Somit blieben Unternehmen und Einzelhändler unter bestimmten Voraussetzungen nur die allgemeinen Förderprogramme der NRW-Bank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Betriebsmitteldarlehen zur Sicherung der Liquidität, die über die Hausbanken beantragt werden könnten. Umsatzeinbußen sind spürbar Fleißig gebaut und saniert wird derzeit auch im Espelkamper Zentrum. Wegen Straßen- und Geh-/Radweg-Arbeiten ist die General-Bishop-Straße zwischen Gabelhorst und Isenstedter Straße mit Einbahnstraßenregelungen seit Mitte September halbseitig gesperrt. An der Straße finden sich etwa zwei Tankstellen ebenso wie ein Baumarkt, eine Gaststätte und ein Einkaufsmarkt. Die gute Nachricht: Die Bauarbeiten liegen im Plan und der Verwaltung zufolge ist die Straße ab dem 6. November wieder frei. "Die Einbahnstraßenregelung haben die Verantwortlichen gut gelöst", lobt Heinfried Meier, Geschäftsführer des Hagebaumarkts in Espelkamp. Trotzdem spüre er derzeit Umsatzeinbußen zwischen 15 und 20 Prozent. "Das hat aber nicht nur mit der Baustelle zu tun, sondern auch mit der Inflation. Die Kunden sparen eben, geprägt durch die finanzielle Unsicherheit, wie es weitergeht", schränkt er ein. In Espelkamp wurden die betroffenen Grundstückseigentümer an der General-Bishop Straße im Vorfeld der Bauarbeiten zu zwei Anliegerversammlungen eingeladen und auch kurz vor Baustart wurde noch einmal informiert, sagt Stefan Rogalske, Sachgebietsleiter für den Bereich Straßenbau und Grünflächen in der Verwaltung."Wir sind zudem auch jederzeit für die Anlieger erreichbar, wenn es um die Suche nach individuellen Lösungen insbesondere bei den Zufahrten geht." Dass Baustellen nicht nur geschäftsschädigend sind, belegt das Beispiel von Meyer's Landhandel in Fiestel. Denn dort hatte sich die Baustelle in der Ortsdurchfahrt (L766) hingegen gar nicht negativ ausgewirkt: "Davon merkten wir wenig. Wir haben dadurch sogar neue Kunden gewonnen", berichtet Inhaberin Bärbel Sens. Nur für ihre Lieferanten habe es sich schwierig gestaltet, zu ihr zu gelangen.

Meistgelesen